Archiv der Kategorie: Kommunikation

Kommunikation besteht aus Wahrnehmung, Denkmodellen und Kommunikationsverhalten.

Falsche Konfiguration

In den Vierzigerjahren sagte Thomas J. Watson voraus, dass die Welt nicht mehr als fünf Computer benötigte. In den USA gab es 1969 über 69.000 Großrechner. In Deutschland waren es 1971 über 8.000.  Vor über vierzig Jahren ersetzten Personal Computer die grünen Host-Bildschirme. Heutzutage laufen Anwendungen in der Cloud. Wir gehen davon aus, dass das Netz stabil läuft und alle Anwendungen jederzeit erreichbar sind. Dann fiel am 4.10.2021, 18:00 MESZ, Facebook, Instagram und WhatsApp für sechs Stunden aus. Nach Stunden erfuhr die Welt, dass eine falsche Konfiguration der Grund für den Ausfall war.

Ohne Zweifel lag es an irgendwelchen falschen Einstellungen. Über die Hintergründe erfahren wir jedoch nichts. Entscheidend ist das Übernehmen von Verantwortung. Allerdings bleibt stets Raum für Auslegungen – wenn nicht sogar für Verschwörungstheorien. Falsche Einstellwerte haben viele mögliche Ursachen.

  • Bedienfehler
    Es gibt keine menschgemachten Dinge, die fehlerfrei sind. Eventuell liegt es am Programmcode oder den Einstellungen eines Servers oder den Anpassungen für das Internet. Sichtbar wird häufig nicht der ursprüngliche Fehler, sondern erst Folgen, die untersucht werden müssen. Währenddessen verbreiten sich die Auswirkungen. Dies führt in kürzester Zeit zu vielen Ausfällen, die am Ende zurückgerollt werden müssen. In jedem Fall waren es falsche Einstellungen.
  • Sabotage
    Ein Bedienfehler passiert ohne Absicht. Wenn jemand mutwillig eine Störung herbeiführt, fühlt sich der Störfall erstmal an wie ein Bedienfehler. Die schlechten Absichten führen jedoch dazu, dass die Sabotierenden ihre Taten von langer Hand vorbereiten und entsprechend verschleiern. Es kann etwas dauern, bis die Agierenden enttarnt sind. Inwieweit die wirklichen Gründe je bekannt werden, ist offen. In jedem Fall waren es falsche Einstellungen.
  • Fehlfunktionen
    Störungen führen schnell zu Vorfällen, die Ausfälle bewirken, die Ausfälle bewirken und so weiter. Da sich die Fehler mit Lichtgeschwindigkeit verbreiten, muss nicht nur der ursprüngliche Defekt behoben werden, sondern auch alle nachfolgenden. Sobald die Server nicht mehr erkannt werden, dauert es Stunden, um die ursprünglichen Zustände herzustellen. In jedem Fall waren es falsche Einstellungen.
  • Gescheiterte Integration
    Wenn komplexe IT-Systeme zusammenwachsen, kommt es schnell zu unvorhersehbaren Schwierigkeiten. Um diese zu beseitigen, werden die Parameter nachgeregelt. Dies kann dann zu weiteren Fehlern führen, die sich aufschaukeln. Wenn IT-Systeme ausfallen, dauert es, bis das Setting angepasst und die Systeme wieder hochgefahren sind. In jedem Fall waren es falsche Einstellungen.
  • Sicherheitslecks
    Falsche Einstellungen führen zu offenen Hintertüren, die von Hackern genutzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob sie private, kommerzielle oder politische Absichten verfolgen. Jedes Programm hat eine Sicherheitslücke, die mit dem passenden Code ausgenutzt werden kann. Dass die Hintertüren offen stehen, bemerken die Betreiber erst, nachdem sich ein Vorfall ereignet hat. Für uns Anwender ist es jedoch wichtig zu wissen, ob unsere Daten sicher sind. In jedem Fall waren es falsche Einstellungen.

Fazit: Facebook hat mit seiner Übernahme der Verantwortung professionell reagiert. Allerdings bleibt offen, was hinter der falschen Konfiguration steckt. Mit einfachen Bedienfehlern muss man leben, da sie menschlich sind – wenn auch die Anzahl durch gutes Training reduziert wird. Sabotierende sind bereits schwer zu finden – trotz der vielen Log-Dateien. Fehlfunktionen sind Schicksal, da sie sich aus der komplexen Interaktion von IT-Systemen und -Modulen ergeben und niemand sie vorhersehen kann. Werden die IT-Systeme auf eine neue Version umgestellt oder harmonisiert werden, dann entstehen unvorhersehbare Fehler. Besonders unangenehm sind Sicherheitsschwächen, wenn personenbezogene Daten gespeichert sind. Die tatsächlichen Gründe verstehen nur Experten und bleiben im Dunkeln, um eigene Schwächen zu verschleiern. Die schnelle Bekanntgabe, dass es sich um eine falsche Konfiguration des Anbieters handelte, ist der einzige Weg verantwortlich zu reagieren – auch wenn wir nicht wirklich wissen, was es war.

Die wirksamen ersten acht Sekunden

Alle Präsentierenden müssen die gleiche Hürde überwinden. Die ersten acht Sekunden sind der Schlüssel zu weiterer Aufmerksamkeit. Zumindest merken sich die Zuhörer vor allem die Botschaften, die in diesem Zeitraum untergebracht werden. Deshalb bemühen sich Politikende in Wahlzeiten um wirkungsvolle Auftritte in der Öffentlichkeit. Diese Werbeveranstaltungen dienen dazu, die unsicheren und unentschlossenen Wähler von sich zu überzeugen. Ein ungeschickter Eindruck kostet Stimmen. Dazu formulieren sie ihre Inhalte in einer Form, die den gewünschten Effekt erzeugt.

In TV-Shows lassen sich die Taktiken leicht beobachten.

  • Persönliches Sprechtempo
    Neben der Körperhaltung, der Mimik und den Gesten vermittelt der Sprechausdruck die Eigenschaften des Redners. Dynamische Lautstärke, Tonhöhe und Betonung liefern Hinweise auf die Vorstellung der Kandidierenden. Ein schnelles Sprechtempo, fehlende Unterbrechungen und Kurzatmigkeit suggerieren Unsicherheit und Unzuverlässigkeit. Langsam mit angemessenen Pausen zu sprechen, vermittelt Gelassenheit, Sicherheit und Führungsstärke. Da öffentliche Redezeiten begrenzt sind, verhindern gemächliche Antworten vor allem die Anzahl der zu liefernden Botschaften und damit das Risiko, etwas Ungeschicktes zu sagen.
  • Keine geschlossenen Antworten
    Um die Redezeit geschickt auszunutzen, wünschen sich Interviewer gern einfache Antworten mit Ja oder Nein. Dies würde jedoch bedeuten, dass Kandidierende sich zu einer Sache unmissverständlich äußern müssten – was den opportunistischen Gründen des Gewählt-Werden-Wollens zuwiderläuft. Anstelle einer klaren Antwort wird die Redezeit mit Standardfloskeln gefüllt: z.B. Unsere Wähler wünschen sich, in allen Regionen unseres Landes, dass wir, die Partei, die Parlamentarier, die Mitglieder in den Bundesländern und Wahlkreisen die Erwartungen erfüllen, wofür sie uns gewählt haben.
  • Schamlos fordern, was sie bisher nicht getan haben
    Solange eine Wahl das Bisherige verlängert, können die Wiederzuwählenden alle offenen Aufgaben auf die nächste Amtsperiode verschieben. Schwierig wird es, wenn große Veränderungen anstehen. Die Wettbewerbenden prangern fehlende Ergebnisse und Missstände an. In diesem Fall blasen sie in das gleiche Horn: z.B. Es muss endlich Schluss sein mit dieser Untätigkeit. Wir brauchen nicht noch mehr Regelungen. Wir müssen endlich mal etwas umsetzen.
  • Vorwürfe zurückspiegeln
    Manche Vorwürfe bezüglich der Versäumnisse der vergangenen Jahre sind leicht nachzuweisen. Erklärungen würden wie Entschuldigungen wirken. Aus diesem Grund ist Angriff die beste Verteidigung. Besonders dann, wenn die neuen Regelungen die eigene Klientel benachteiligen. Es wird einfach dem politischen Gegner entrüstet unterstellt, was man selbst über Jahre praktiziert hat: z.B. Wir müssen verhindern, dass der politische Gegner die Wähler mit neuen Gesetzen und Regelungen in ihrer Freiheit beschneidet.
  • Wollen allein bringt keine Veränderung
    Die Themen, die die Wähler besonders interessieren, werden erst in den letzten Phasen des Wahlkampfs sichtbar. Die Veröffentlichung des eigenen Wahlprogramms sollte deshalb so spät wie möglich erfolgen. Dadurch lassen sich die Reaktionen der Wähler auf konkurrierende Wahlprogramme nutzen, um das eigene anzupassen. Das Ganze verpackt man dann in Aussagen mit Wir wollen. Die Zuhörenden überhören aufgrund des erklärten Willens, die de facto Inaktivität: z.B. Wir sind einig, dass wir in den nächsten Tagen darüber nachdenken wollen, wie wir das Problem am besten eingrenzen, um danach mit allen zu besprechen, wie wir eine Lösung finden und finanzieren könnten.
  • Behaupten als ob
    Alternativ zum Wollen können die benötigten Schlüsselworte in die eigene Rede eingebaut werden. Gleichzeitig verschieben sie die Umsetzung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag: z.B. Die Klimawende ist für die Welt ein wichtiges Thema. Wir werden die Weichen so stellen, dass wir in 25 Jahren klimaneutral sind.
  • Einfach weiterreden
    Die Moderatoren bemühen sich, die überlangen, nichtssagenden Antworten zu umgehen, indem sie die Frage wiederholen und gegebenenfalls die Antwortenden unterbrechen, wenn sie in diese langen Monologe verfallen. Die erfahrenen Politikenden lassen sich dadurch nicht mehr aus dem Konzept bringen. Sie bauen eine verlängernde Floskel ein und spulen ihre vorbereiteten Botschaften einfach weiter ab: z.B. Lassen sie mich das noch sagen, denn das ist mir wirklich wichtig. …

Fazit: Werden die acht Sekunden Aufmerksamkeit geschickt gefüllt, dann erinnern wir Zuhörer die vorbereiteten Statements. Durch langsames Sprechen lässt sich die geringere Anzahl an Worten besser merken. Gleichzeitig wird weniger mitgeteilt. Vermeiden die Kandidierenden einfache Ja-Nein-Antworten und liefern anstelle „entschiedene“ Floskeln, merkt niemand, dass sie gar nicht geantwortet haben. Etwas zu fordern, was man bisher hätte erledigen können, zeigt mangelnden Respekt gegenüber den Wählern, die so für dumm verkauft werden. Beim genauen Hinhören bemerken wir die opportunistisch genutzten momentanen Schlagworte. Allerdings werden ungewollte Absichten verstärkt mit Wir wollen verpackt – wie ernsthaft sie dadurch bleiben, liegt im Ohr der Zuhörer. Erwarten die Wähler bestimmte Ergebnisse, dann werden sie versprochen – für Jahrzehnte nach der nächsten Legislaturperiode. Der Wahlkampf ist eine Blütezeit für Berater. Besonders Coaches bringen den KandidatInnen Körpersprache, Mimik, Gestik und Intonation bei. Für uns Wählenden ist es unerlässlich, die Aufmerksamkeit über die acht Sekunden hinaus aufrecht zu erhalten. Nur so erkennen wir die Kandidierenden.

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