Archiv der Kategorie: Governance

Governance deckt Regelungen und Steuerungsaspekte ab.

Geheime Verbrechen?

Dass Verbrechen geheim gehalten werden, ist Teil der Straftat. Es aufzudecken und zu bestrafen ist im Interesse der meisten – außer: den Tätern. Im Alltag sieht es jedoch anders aus. Das wird sichtbar an der Rechtslage, ob eine Straftat angezeigt werden muss oder nicht. Die Gesellschaft hat eigentlich ein Interesse Verbrechen zu verfolgen. Allerdings bräuchten die sogenannten Whistleblower eine klare Gesetzeslage. Zwar reden wir in Deutschland von der Anzeigepflicht, wonach sich Mitwisser strafbar machen. Gleichzeitig sind viele Mitarbeiter von Unternehmen und staatlichen Behörden zur Geheimhaltung vertraglich verpflichtet. Allerdings scheinen die bestehenden Gesetze nur im Vorhinein zu greifen (siehe Strafgesetzbuch (StGB) § 138 Nichtanzeige geplanter Straftaten, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) § 17 Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen). Wie soll man sich denn verhalten?

Da es sich um ein rechtliches Thema handelt, sollte der Gesetzgeber Klarheit schaffen, damit die Informanten, die derartige Vergehen aufdecken, nicht in dem Dilemma stecken bleiben, ein Verbrechen aufdecken zu sollen und sich gleichzeitig wegen Geheimnisverrats strafbar zu machen.

  • Verbrechen
    Gravierende Verstöße gegen die Rechtsordnung nennt man Verbrechen, die normalerweise unter Androhung von Strafen verboten sind – allerdings nur, wenn man erwischt wird.
  • Anzeigepflicht
    Eine Anzeigepflicht würde dann vorliegen, wenn jemand über einen kriminellen Sachverhalt Kenntnis hat. Jedoch scheint, wie bereits angedeutet, diese Anzeigepflicht in Deutschland nur vor der Tat geben (siehe Strafgesetzbuch (StGB) § 138 Nichtanzeige geplanter Straftaten). Damit soll verhindert werden, dass es gar nicht erst zum Verbrechen kommt. Was ist jedoch, wenn die Tat bereits begangen ist? Bedeutet das, dass man Straftaten in Nachhinein nicht melden muss? Das wäre für die Whistleblower eine schlechte Nachricht, da sie gewöhnlich im Nachhinein aktiv werden.
  • Geheimnis
    Ein Geheimnis ist ein Sachverhalt, der der Öffentlichkeit verborgen bleibt. Je größer der Mitwisserkreis, desto schwieriger wird es zu verhindern, das diesbezügliche Informationen durchsickern. Deshalb sichern sich Unternehmen und staatliche Institutionen durch entsprechende Geheimnisvereinbarungen (siehe auch Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) § 17 Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen). Am Ende machen sich Mitarbeiter strafbar, wenn sie interne Informationen weitergeben, egal ob es sich um legale oder illegale Aspekte handelt – denken wir an die Dieselaffäre, Steuer-CDs oder Korruption.
  • Whistleblower
    Aus Sicht der Öffentlichkeit sind diese Enthüller von geheimen Informationen ethische Vorbilder, die sich für das Wohl der Allgemeinheit einsetzen, wenn sie kriminelle Machenschaften aufdecken. Sie agieren ohne Netz auf eigenes Risiko.

Inwieweit illegale Geheimnisse einen Anspruch auf Schutz haben, liegt im Auge des Betrachters. Die Steuerbehörde, die dadurch Nachzahlungen erhält, wird die Hinweise begrüßen. Der Völkergemeinschaft, die einem Staat nachweisen kann, dass er gegen die Menschenrechte verstoßen hat, kommen interne Informationen gelegen. Der Enttarnte sieht das ganz anders und wird alles tun, die Enthüller zu bestrafen. Die damit einhergehende Doppelmoral wird sichtbar, wenn nur Kriegsverbrecher aus schwachen Staaten zur Rechenschaft gezogen werden – Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen. Nutzt mir eine Information, dann ist der Hinweisgeber willkommen. Entlarvt mich ein Datenleck, wohl nicht. Für das allgemeine Rechtsempfinden ist das ein unhaltbarer Zustand.

Fazit: Whistleblower bewegen sich auf dünnem Eis. Auch wenn die Gesellschaft proklamiert, dass es eine moralische Pflicht gibt, Fehlverhalten aufzudecken, schützten die Gesetze die Enthüller nicht. Es gibt weder eine Anzeigepflicht, noch ist man vor einer Anklage des Geheimnisverrats geschützt. Für eine Informationsgesellschaft ist es fragwürdig, wenn die Geheimhaltung illegaler Betätigung durch fehlende Gesetze gefördert und geschützt wird.

P.S.: Keine guten Aussichten für Julian Assange, der uns einen Blick hinter die Fassade der Täter ermöglicht hat.

Raus aus dem Dilemma

Es ist ein schwieriger Drahtseilakt aus zwei unangenehmen Lösungen eine herauszufiltern. Die Wahl zwischen Pest und Cholera lässt nur hoffen, dass nicht beides eintritt – obwohl das Schicksal eigentlich auch noch an einem vorübergehen könnte. Und dann haben viele aufgrund der unterschiedlichen Auslegungen auch noch die Öffentlichkeit im Rücken. Für die günstige Darstellung der eigenen Absichten scheint es keinen richtigen Ausweg mehr zu geben. Egal, welche Lösung man wählt – es wird einem immer vor Augen geführt, dass es die Falsche ist. Ein gutes Beispiel bieten die aktuellen Diskussionen bezüglich dem Sponsoring von Veranstaltungen politischer Organisationen, wie der EU. Darf ein Limonadenhersteller finanziell eine Veranstaltung unterstützen, ohne unter Generalverdacht zu geraten, Einfluss nehmen zu wollen?

Für die Veranstalter ist das ein Dilemma. Findet Sponsoring statt, wird unterstellt, dass die Unternehmen sich günstige Entscheidungen bei den Politikern erkaufen. Verzichten die Veranstalter auf die Fördergelder der Wirtschaft, könnte es dazu führen, dass einem vorgeworfen wird, öffentliche Gelder zu verschwenden. Wo findet sich der Ausweg aus diesem Dilemma? Die folgenden Schritte helfen, aus dieser Ausweglosigkeit herauszufinden.

  • Verstehen
    Heutzutage sind Nachrichten fast zeitgleich in den Medien. Die unmittelbaren Konsequenzen werden oft erst im Anschluss klar. Der versierte Reporter hat einen geschärften Blick für interessante Stoffe. Wenn dann das Logo eines Limonadenherstellers auf dem Veranstaltungsschild einer politischen Vereinigung prangt, wohlgemerkt mit dem Hinweis „sponsored by“, dann beginnen die Spekulationen. Es ist wichtig, die Situation zu verstehen. Sponsern oder nicht? Beeinflusst werden oder nicht?
    Das tatsächliche Dilemma sollte klar sein, da man ansonsten die falschen Schlüsse zieht.
  • Einschätzen
    Nachdem man das Dilemma erkannt hat, sollte man das Für und Wider herausarbeiten. Was spricht für die eine Sicht und was für die andere? Was spricht jeweils dagegen? Mit dieser ProCon-Liste kann man die verschiedenen Wahlmöglichkeiten einstufen – übrigens auch die Möglichkeit keine der Alternativen zu wählen. In der Folge entscheidet man sich für das geringere Übel.
    Das tatsächliche Dilemma löst sich auf, da eine begründete Entscheidung vorbereitet ist.
  • Trennen
    Die Folgen, die sich aus der Demontage der Zwickmühle ergeben, bleiben leider immer noch fatal. Aus diesem Grund trennt man die Risiken in sachliche Folgen und in unerwünschte Eindrücke. Sachliche Folgen sind physische oder menschliche Schäden. Mit einer vorbeugenden Begrenzung der Gefahren oder einem kurzfristigen Krisenmanagement können die Schäden minimiert werden. Öffentliche Bewertungen sind Meinungen, die dem eigenen Ruf schaden. Durch eine stimmige Begründung und umfassende Veröffentlichungen kann man dem Publikum den eigenen Standpunkt verständlicher vermitteln. Allerdings bewertet die Öffentlichkeit am Ende auf Basis der vermittelten „Wirklichkeit“ immer noch nach eigenem Gutdünken.
    Handelt es sich bei dem Dilemma nicht um praktische Notlagen, wie Naturkatastrophen, wirtschaftliche Bedrohungen oder Krieg, dann sind es häufig politische Beweggründe, denen politisch mit klärenden Aussagen zu begegnen ist.
  • Akzeptieren
    Das Entscheidende eines Dilemmas ist die Tatsache, dass man die Zwangslage nicht in der Gewalt hat, sondern sich für eine von mehreren unerwünschten Alternativen entscheiden muss. Durch Schockstarre nichts zu tun, ist dabei nur die letzte Option. Durch die obigen Schritte versteht man besser, welche Möglichkeiten einem mit welchen Konsequenzen offenstehen. Da man sich nicht heil aus dieser Klemme befreien kann, ist es wichtig, die Unlösbarkeit hinzunehmen und sich für eine der Alternativen zu entscheiden. Die Folgen sind einem bewusst und man leitet entsprechende Gegenmaßnahmen ein.
    Das Dilemma verschwindet, wenn man sich die gewählte Lösung zu eigen macht – und vor allem davon überzeugt ist, das Richtige zu tun.
  • Erklären
    Der wichtigste Bestandteil der Lösung ist die Begründung. Da alle immer Opfer eines eingeschränkten Gesichtsfelds sind, sollten wir unsere Lösungen stets so erklären, dass Andere sich eine eigene Meinung auf Basis der vorliegenden Argumenten bilden können. Eine schlechte Aufbereitung wirft jedoch Öl ins Feuer. Aus diesem Grund ist die durchdachte Öffentlichkeitsarbeit unverzichtbar.
    Das Dilemma wird gemildert durch pro-aktive Medienarbeit.

Fazit: Mit der Reizüberflutung in den Medien wird Aufmerksamkeit zu einem immer knapperen Gut, um das sich alle reißen – mit dem Ziel Produkte, Dienstleistungen oder sich selbst zu verkaufen. In diesem Zusammenhang sind geschickte Aussagen über unterschiedlich bewertbare Entscheidungen ein gutes Mittel, um sich seinen Teil der Aufmerksamkeit zu erkämpfen. Dies führt dazu, dass alle Arten von Entscheidungen immer auf die Goldwaage gelegt werden. Aufhänger sind meistens dilemmatische Situationen, wie das Sponsoring von politischen Veranstaltungen. Lässt man sich sponsern, gerät man in den Verdacht beeinflussbar zu sein. Zahlt man selber, verschwendet man Steuergelder. Diese Ausweglosigkeiten lösen sich, indem man sich für eine Alternative, zumeist die mit dem geringsten Schaden, entscheidet. Hierfür sollte man das Dilemma verstehen und einschätzen, welche Vor- und Nachteile es gibt. Sobald man die Folgen trennen kann, entscheidet man sich für eine Lösung und erklärt sie der Öffentlichkeit. Tue das am wenigsten Schlechte und rede darüber. So kommt man raus aus dem Dilemma.