Die inhärente Unschärfe jeder Botschaft

Mit Wingdings Alt-C 120 schafft man es mit einem Tastendruck acht Dreiecke zu erzeugen, die bedeuten, dass in bestimmten Kulturen etwas ausgewählt und in anderen etwas abgewählt wird. Zum x-ten Mal erkennt man die zehn der Lateiner oder das Symbol der Forschungsabteilung von Alphabet Inc. Der Blick von oben auf die Pyramide zeigt gleichzeitig das Kennzeichen der bulgarischen Luftwaffe und ist auch noch das genealogische Symbol für unehelich. Alles klar? Meistens nicht. Jede Botschaft ist aus Prinzip unscharf, da für die Auslegung der ungenannte Kontext der Beteiligten entscheidend ist.

Idealerweise haben wir drei Perspektiven: den Sender, den Empfänger und die unbeteiligten Beobachter einer Botschaft. Jeder für sich hat seinen Standpunkt bzgl. einer Botschaft: Ablehnung, Neutralität oder Zustimmung.

  • Sender
    Die Sender entwickeln Gedanken und verbreiten mehr oder weniger und manchmal gar nicht durchdachte Botschaften. Inwieweit die Sender damit eine Absicht verfolgen, wissen sie selbst – wenn überhaupt. Manche erzeugen Aussagen, die stimmig zu ihren Absichten passen. Andere formulieren Mitteilungen, die ihren sonstigen Meinungen zuwiderlaufen. Es kann sogar sein, dass die Ausführungen überhaupt nichts bedeuten. Nur die Sender wissen, was sie eigentlich meinen. Von außen können wir nur auf Basis der weiteren Aussagen spekulieren.
  • Empfänger
    Für die Empfänger besteht die Botschaft nicht nur aus dem Gesagten oder Gezeigten, sondern auch aus den begleitenden Signalen. Sie nehmen die Botschaften über ihre Sinne wahr, z.B. visuell, auditiv, oder kinästhetisch – sie sehen, was gemeint ist, es klingt gut und fühlt sich stimmig an. Am Ende bestimmen sie den Inhalt der Botschaft. Sie verknüpfen die Inhalte mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen. Für manche bestätigen die Inhalte ihr Weltbild. Andere können nicht anders, als der Aussage zu widersprechen. Und einige interessiert das Ganze nicht. Nur die Empfänger wissen, was in ihnen vorgeht. Von außen nehmen wir anhand der Reaktionen wahr, wie die Botschaft wirkt.
  • Beobachter
    Die Beobachter sind nicht die Zielgruppe der Botschaft. Sie können unbeteiligt verfolgen, was beim Sender und Empfänger passiert. Auch wenn sie meinen neutral zu sein, verarbeiten sie in Ihren Beobachtungen ihre mentalen Modelle. Manche ziehen wohlwollende Schlüsse und bauen sie in ihre bestätigende Sicht ein. Andere machen unbewusst das Gegenteil und liefern mit ihrer ablehnenden Sicht eine kritische Aufbereitung des Ganzen. Selbst der neutrale Beobachter verfälscht, da sein Desinteresse sich entsprechend in seiner Beschreibung der Situation niederschlägt. Was in ihren Köpfen passiert, wissen nur sie. Von außen ist es uns unmöglich zu bewerten, was tatsächlich passiert ist.

So betrachtet müssen wir uns darauf einstellen, dass wir es in den meisten Fällen mit alternativen Fakten zu tun haben – so ungerne professionelle Faktenmacher das hören. Was erwarten wir von einer Botschaft, die der Sender nicht so gemeint hat, die der Empfänger in den falschen Hals bekommt und die der Beobachter ablehnend berichtet. Die Botschaft erzeugt in diesem Fall nichts als Rauschen in dem Strom der bedeutsamen Informationen. Am Ende zählen die Taten.

Fazit: Das Einzige, was gilt, ist die wesenhafte Unschärfe von Botschaften. Es gibt keine objektiv greifbare Wahrheit, sondern stets nur persönliche Auslegungen. Sender, Empfänger und Beobachter können nicht aus ihrer Haut und verfälschen damit gewollt oder ungewollt die Fakten. Der Schrei nach objektiven Fakten ist damit nichts weiter als der hilflose Wunsch nach Wahrheit.