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Die Flamme – die ideale Metapher für Begeisterung

Begeisterung ist der Brennstoff, der die Wirtschaft voranbringt. Das Meinungsforschungsinstitut Gallup ermittelt bedauerlicherweise seit 2001 in seinem Engagement Index, dass gut zwei Drittel der Mitarbeiter eine geringe emotionale Bindung an ihr Unternehmen haben. Um die 15 % haben überhaupt keine. Nur 15% haben eine hohe emotionale Bindung an ihr Unternehmen. Die Vorgesetzten haben darauf einen großen Einfluss. Gallup schätzt, dass schlechte Chefs jährlich für volkswirtschaftliche Kosten zwischen 80 und 100 Milliarden Euro verantwortlich sind aufgrund von innerer Kündigung der Mitarbeiter. Offensichtlich schaffen sie es nicht, die Begeisterung der Mitarbeiter zu entfachen. Dabei bräuchte es nicht mehr als ein entsprechendes Zündholz. Die raue Fläche des Alltags ist ja bereits da. Die entzündliche Übertragung von Feuer macht die Flamme zur idealen Metapher für Begeisterung.

Eigentlich ist es klar, was zu tun ist.

  • Entfachen
    Bevor Menschen sich begeistern können, muss man ihre Aufmerksamkeit wecken. Ungewohnte und überraschende Zusammenhänge holen sie aus der alltäglichen Lethargie. Jetzt brauchen sie noch einen persönlichen Vorteil und die Möglichkeit sich zu beteiligen. Das Feuer entsteht, wenn die Mitarbeiter Teil der Planung, Entwicklung und Entscheidung sind. Reiben sich dann die leicht entzündlichen Komponenten, das Bedürfnis der Mitarbeiter nach Wertschätzung und die dazugehörige Aufmerksamkeit der Chefs aneinander, dann entsteht ein Funke, der von Einem zum Anderen springt.
  • Aufflammen
    Die Kraft der Begeisterung ist der Zunder, der zu einem sich selbst-verstärkenden Kreislauf führt – Mitarbeiter begeistern Mitarbeiter, die die Kunden erfreuen, die das Geschäft anregen, das die Mitarbeiter begeistert, usw. Um von diesen selbstverstärkenden Mechanismen Gebrauch machen zu können, brauchen die Mitarbeiter ausreichend Spielraum, in dem sie sich frei von Vorgaben treffen, gegenseitig unterstützen und entscheiden können. Alles beginnt mit einer kleinen Flamme, die durch leicht Brennbares gefüttert wird, um sich zu einem großen Feuer zu entwickeln, bis schließlich dicke Holzscheite die angestrebte Energie freisetzen.
  • Erwärmen
    Damit der Arbeitsalltag für die Mitarbeiter angenehm ist, brauchen sie eine sinnvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit, Entscheidungsspielräume, ein angenehmes Betriebsklima, ein angemessenes Honorar und Geborgenheit. Neben den einfachen Bausteinen der Vergütung spielt das Verhalten der Führungskräfte eine große Rolle – Aufmerksamkeit, respektvoller Umgang und Wertschätzung der Mitarbeiter. Diese Aspekte haben eine ähnlich wärmende Wirkung, wie die bildliche Feuerstelle, um die sich seit Urzeiten die Menschen sammeln.
  • Erleuchten
    Immerhin sind ca. 15% der Mitarbeiter voll committet. Dies dürfte der Grund dafür sein, dass trotz einer angespannten Stimmungslage immer noch Ergebnisse erzeugt werden, für die die Kunden bereit sind zu bezahlen. Diese Triumphe bewirken, dass weitere Mitarbeiter mitgerissen werden. Dafür braucht es die entsprechenden Vorbilder, die sich aus dem respektvollen Umgang und der Wertschätzung der Führungskräfte ergeben. Um mit dem Feuer den Raum zu erhellen, sollte man den Mitarbeitern eine Bühne bieten, auf der sie leuchten können.
  • Verbrennen
    Es wäre naiv zu vergessen, dass Begeisterung peu á peu die Ressourcen der Mitarbeiter verbraucht. Fehlt ihnen die Zeit zur Erholung, d.h. Brennbares wird nicht nachgelegt, werden sie am Ende des Tages zu einem Haufen Asche, in dem nichts Brennbares bleibt. Dies führt zu Depersonalisierung (Gleichgültigkeit, Zynismus und Distanz), emotionaler Erschöpfung (Reizbarkeit und Antriebsschwäche) und erlittenen Misserfolgen (Sinnentleerung und gefühlter Unwirksamkeit) oder kurz von Burn-out. Auch die Mitarbeiter, die lichterloh brennen, laufen Gefahr, dass sie ohne neuen Brennstoff ausbrennen. Das ist der Preis des Feuers. Es hört nicht auf zu fressen.
  • Verlöschen
    Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass immerhin ca. 15% der Mitarbeiter eine hohe emotionale Bindung an ihr Unternehmen haben. Solange das Feuer brennt, sollte die vorhandene Energie genutzt werden, um die Begeisterung im Unternehmen zu verbreiten. Den wichtigsten Hebel besitzt die Führungsebene. Der respektvolle Umgang mit den Mitarbeitern hat einen wesentlichen Einfluss auf deren Wohlbefinden. Sobald das Feuer völlig verschwunden ist, bleibt nur noch die Frage, ob das Unternehmen ausreichend Zeit hat, um wieder ganz vorne anzufangen – oder einfach verschwindet.

Fazit: Die Flamme durchläuft die gleichen Schritte wie die Begeisterung der Mitarbeiter – beginnend beim Zünder, der das Feuer entfacht; dem Zunder, der leicht brennbar aufflammt; der Wärme, die einen in animierten Zustand hält; das Licht, das einem den Weg weist; dem Nachschub, der verhindert, dass alles verbrennt; bis zu der Gewissheit, dass am Ende ein Feuer erlischt, wenn man sich nicht darum kümmert. Diese Phasen und der ansteckende Charakter von Feuer machen die Flamme zur idealen Metapher von Begeisterung.

Die Agilität der Älteren

Denken wir an Agilität, dann denken wir im Alltag an Hundertjährige, die in guter Verfassung ihr Leben leben. Oder den Tai-Chi-Meister, der auch noch in fortgeschrittenem Alter seine Übungen macht. Oder der Unternehmer, der sein Unternehmen weit jenseits der Rentengrenze selbst führt. Oder der Concierge, der einem seit Jahrzehnten jeden Wunsch von den Lippen abliest und sich nicht zu schade ist, Besorgungen selbst vorzunehmen. Meistens werden die älteren Menschen als agil beschrieben, die sich eine gewisse Fitness erhalten haben. Auch Unternehmen wollen jetzt immer öfter agil werden. Können sie etwas von der Agilität der Älteren lernen?

Agilität im Geschäftsleben ist vor allem bestimmt durch das agile Manifest. Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass sich das Manifest auf die Entwicklung von Software bezieht. Außerhalb der IT-Abteilung gelten jedoch andere Bedingungen – weniger Entwicklung, mehr Routine, komplexere Zusammenhänge. Und trotzdem werden viele neue Ansätze mit dem neuen Adjektiv agil versehen – agiles Projektmanagement, agile Organisation, agile Produktentwicklung, agile Personalentwicklung.

Junge Start-ups sind von Natur aus dynamisch. Sie handeln ohne den Ballast der über die Zeit entwickelten Strukturen und Formalismen. Entscheidungen fallen, wo die Energie besteht und Tatsachen geschafft werden. Etablierte Organisationen wollen zurück in diese jungen Jahre, als sich alle unbürokratisch für das Ganze eingesetzt haben – natürlich mit  ihrer langjährigen Erfahrung. Was können diese Unternehmen von den agilen Alten lernen?

  • Die verbliebenen Fähigkeiten
    Das Geschick, um im aktuellen Kontext flink und findig auf die Herausforderungen zu reagieren, macht den Unterschied – Neues auszuprobieren, Bestehendes zu hinterfragen, aus sich heraus Energie zu entwickeln. Die arbeitsteilige Gliederung der Aufgaben erlaubt es nicht mehr, außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs aktiv zu werden. Unternehmen wollen den engagierten Unternehmer im Unternehmen und müssen dafür agil werden.
  • Die rüstige Konstitution
    Nachdem die dafür geschaffenen Bereiche ohne Unterlass neue Regeln, Formulare und Vorgehensweisen erzeugen, ohne je veraltete abzuschaffen, laufen die Unternehmen Gefahr senil zu werden. Die bestehenden Regelungen sind wie eine klobige Ritterrüstung, die keine Bewegungsfreiheit mehr bietet. Entbürokratisierung scheitert an der Bürokratie. Man kann ja auch nicht mit den Fröschen über die Austrocknung ihres Teichs verhandeln. Unternehmen behindern sich damit selbst. Es müssen offenere Formen der Regelungen gefunden werden, z.B. wertebasierte Governance.
  • Der robuste Aufbau
    Die Robustheit zeigt sich daran, wie widerstandsfähig und beständig die Beteiligten sind. Durchtrainiert und drahtig lassen sich die Schwierigkeiten der geschäftlichen Aufgaben sicherer bewältigen. Damit das Richtige richtig gemacht wird, müssen die Strukturen sich an den Ergebnissen und den Abnehmern orientieren – und immer wieder neu justieren.
  • Die grenzenlose Begeisterung
    Agile Teams sind euphorisch bei der Arbeit und stets Feuer und Flamme für ihr Thema. Leidenschaft ist der beste Treibstoff für den eigenen Ansporn. Grenzenlose Unternehmenslust reißt auch die mit, die gerade mal nicht so viel Schwung haben. Diese positive Energie lässt sich nicht verordnen. Dafür müssen passende Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Beteiligten Raum für Entscheidungen lassen – beispielsweise zeitliche Selbstbestimmung und inhaltliche Mitbestimmung.

Der Weg zur Agilität überwindet die Elemente, die einen normalerweise vergreisen lassen – rheumatoide Strukturen, sture Vorgehensweisen, eingeschränkte Wahrnehmung und verloren gegangene Mobilität. Störend wirken sich altersbezogene Unarten aus – fehlende Fehlertoleranz, erwarteter Vorrang von Älterem und stumpfe Regelbefolgung. Im Interesse der nachhaltigen Fitness des Unternehmens müssen die Entscheider die Verkalkungen in ihren Bereichen auflösen, da es ansonsten aufgrund von organisatorischen Thrombosen zu lebensgefährlichen Schlaganfällen kommen kann.

Fazit: Sobald ein gewisses Alter erreicht ist, müssen sich auch Unternehmen um ihre Fitness kümmern. Agilität schafft Möglichkeiten. Es ist wichtig, die überlebensnotwendigen Fähigkeiten zu erhalten oder sogar zu reaktivieren, nicht zeitgemäße Regelungen zu entschlacken, die Strukturen belastbar zu machen und eine positive Stimmung bei allen Beteiligten zu fördern. Dadurch wird Agilität zu einem Weg raus aus der organisatorischen Stagnation. Genau das können Unternehmen von der Agilität der Älteren lernen.