Schlagwort-Archive: Best-practice

Unternehmertum im Gleichschritt

Sind es die Regeln der Zertifizierungen oder ist es die künstlich geschaffene Compliance, die das unternehmerische Handeln heute zunehmend belasten? Oder sind es vielleicht die Mitarbeiter auf allen Ebenen, die Geduld beweisen, nicht anecken und langsam das Peters Prinzip ausleben? Impulse für neue Ansätze sollten die Wissenschaft, die Berater und die Best-Practice liefern. Sie führen aber bei allen immer wieder das Gleiche ein. State-of-the-Art Software erstellen bei Autoherstellern immer ähnlichere Autos. Immer gleiche Zielgruppen werden von wenigen, spezialisierten Agenturen erstellt. ERP-Systeme von der Stange führen zu immer ähnlicheren Abläufen. Trotz der gleichbleibenden Ergebnisse werden immer noch zertifizierte Projektmanager bevorzugt, anstelle von fähigen Führungspersönlichkeiten. Unternehmer wiederverwenden die Geschäftsmodelle, die bereits am Markt etabliert sind, um ja nichts falsch zu machen. Die Outsourcing-Karawane folgt dem Schwarm – erst China, dann Indien, jetzt Afrika. Ist das nicht Unternehmertum im Gleichschritt?

gleichschritt

Heute hätte es ein Henry Ford schwer, seine Ideen umzusetzen – zu viel staatliche Reglementierungen, überbordende Bürokratie, aktiv behindernde Interessensgruppen. Der Ford Modell T, den es in allen Farben gab, solange es schwarz war, würde heute keine Straßenzulassung erhalten. Kartellbehörden würden jegliche Bündelung von Unternehmen im Keim ersticken. Innovative Ideen müssen im Interesse des Schutzes der Shareholder frühzeitig publiziert werden. Die Führungskräfte von heute sind nicht in der Lage unternehmerisch zu agieren, selbst wenn sie wollten. Nach Jahren der Normierung wissen die Verantwortlichen, hinter welchen Argumenten sie sich verstecken können.

  • Schuster, bleib bei deinen Leisten
    Ein offensichtlich pragmatischer Ansatz ist der Fokus auf das Kerngeschäft. Die eigentlichen Aufgaben, die am meisten zum Erfolg eines Unternehmens beitragen oder die der Kunde vor allem mit dem Unternehmen verbindet, machen das maßgebliche Geschäft aus. Erkennbar wird dies an der Fertigungstiefe. Während Ford zu Beginn fast 100% Wertschöpfung erreichte, ist die Fertigungstiefe bis heute im Automobilbereich auf durchschnittlich 20% gesunken. Damit werden die Autos eigentlich von den Zulieferern entwickelt und hergestellt. Mit dieser Arbeitsteilung haben die Unternehmen ihr ursprünglich ganzheitliches Vermögen aufgegeben. Am Ende beeinflusst dies sogar die Innovationsfähigkeit, die den Zulieferern übergeben wird. Damit degeneriert der Schuster zu einem 20-prozentigen Fachidioten, der den Schuh nur noch vernäht, in die Schachtel packt und ihn vermarktet. Langfristig können das andere Fachleute sogar besser. Mit den letzten 20% löst sich dann auch das Unternehmen auf.
  • Wer macht, was alle machen, bleibt Alle
    Die neuen Schwarmansätze suggerieren, dass man ohne Aufwand das Wissen von Anderen nutzen kann. Da viele Unternehmen bereits ihr Tafelsilber im Interesse des Shareholder-Values verscherbelt, mithilfe von Outsourcing viele Arbeitsplätze ins Ausland verlagert und über Jahre ihr Personal abgebaut haben, ist das Wissen der verbleibenden Mitarbeiter das letzte Guthaben, das sich ausbeuten lässt. Durch die Strategie der Schwarmintelligenz ist der Eine oder Andere auf die Idee gekommen, diese kostengünstige Ressource zu erschließen. Kunden und Mitarbeiter werden eingeladen, ihre Ideen zu äußern. Dabei geht es jedoch nicht um Wissensaufbau, sondern um das Abschöpfen der bestehenden Ideen. Was dabei übersehen wird, ist die Tatsache, dass die Schwarmintelligenz hochgradig redundantes Wissen schafft. Es muss immer noch das Sinnvolle vom Rauschen unternehmerisch separiert werden. Schon Goethe hatte geschrieben: „Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor.“ Zusätzlich bietet diese Wissensquelle auch den Anderen ähnliche Einsichten. Man ist damit nicht mehr vor der Meute, sondern landet im gleichen schwarzen Loch der Nachteile. Und was vor allem schwierig ist: Die Wettbewerber bleiben auf gleicher Höhe, da sie sich gegenseitig fördern.
  • Wer immer nur in die Fußstapfen anderer tritt, hinterlässt keine eigenen Spuren
    Die Verfechter von Standardlösungen erhoffen sich Einsparungen durch die Verteilung der Kosten auf die Schultern von vielen Nutzern. Ende des letzten Jahrtausends baute sich der Tsunami der heutigen Standardsoftware auf. In den Unternehmen hatte sich über lange Zeit ein Knäuel an Eigenentwicklungen gebildet, das mit eigenen Mitteln nur noch schwer am Leben gehalten werden konnte. Mittlerweile ist das Knäuel wieder da, nur dass es jetzt von den Anbietern der Software geknüpft wurde. Und wieder verhindern die gleichmacherischen Ansätze den Vorsprung, den man durch eigenes Engagement erzielen könnte. Betrachtet man einfache Anwendungen, wie HR-Systeme, dann unterscheiden sich die Lösungen nur noch an dem Logo. Nachdem der anfängliche Vorteil des ERP-Systems bereits Vergangenheit ist, merken mittlerweile immer mehr, in welchem teuren Loch sie gelandet sind. Der Softwareanbieter bestimmt jetzt, wann, welches Release eingesetzt werden muss – mit allen Konsequenzen für die internen Schnittstellen. Der gordische Knoten wird immer enger. Wer kann sich noch leisten, eine andere Lösung zu entwickeln oder einzuführen? Und was besonders schädlich ist – keiner ist mehr bereit für unternehmerische Improvisationen. Die Führungskräfte sind auf der sicheren Seite, da die Standardlösung stets die richtige Entscheidung ist, weil sie ja jeder nutzt.

Das Ganze erinnert an das unternehmerische Denken der sozialistischen Länder – immer das Gleiche, kein Risiko, nicht auffallen, nicht der Gemeinschaft schaden, sich an die Regeln halten usw. Sichtbar wird das an der heute gültigen Compliance. Zwar musste man sich immer schon an die Gesetze halten, aber heute praktizieren viele den vorauseilenden Gehorsam. Schließlich sind die Folgen eines mutigen Handelns nicht mehr überschaubar. Ganz wie die in den Neunzigern publizierte Bonsai-Methode – jedes aufkeimende Engagement im Keim beschneiden.

Fazit: Die Unternehmer von heute gleichen einer Kompanie von Soldaten, die im Hof exerzieren. Keiner verlässt den allgemein akzeptierten Weg und gibt etwas Neuem eine Chance. Sie vergessen dabei, dass dieses angepasste Verhalten nicht möglich wäre, ohne die Innovationsfreude der früheren Unternehmensgründer und Vordenker, die die jetzigen Unternehmen groß gemacht haben. In den etablierten Unternehmen haben Querdenker, die in der Lage wären etwas Neues zu schaffen, nur noch wenig Freiraum um zur Wirkung zu kommen. Damit dies keiner merkt, versteckt sich die Leitung hinter dem Kerngeschäft, dem Einsatz von Schwarmansätzen und allgemein anerkannten Lösungen. Das ist Unternehmertum im Gleichschritt.

Entrepreneurship in lockstep

Are these the rules of the certifications or the artificially created Compliance, which increasingly burden entrepreneurial action nowadays? Or are these potentially the employees on all levels that prove patience, do not offend and realize slowly the Peter’s principle? Stimuli for new approaches should be delivered by science, consultants or best-practice. However, they introduce again and again the same for all. State-of-the-art software generates ever more similar cars for automakers. The same target groups are provided by a few, specialized agencies. Ready-made ERP systems lead to more and more similar procedures. Despite the continuous outcomes, certified project managers are still preferred instead of capable leader personalities. Entrepreneurs reuse the business models that are already established in the market, in order to make nothing wrong. The outsourcing caravan follows the swarm – first China, then India, now Africa. Is this not entrepreneurship in lockstep?

gleichschritt

Today, it would be difficult for Henry Ford to realize his ideas – too much national regimentation, exuberant bureaucracy, actively obstructing interest groups. The Ford Model T, that was available in any color, as long as it was black, would not receive MOT approval. Cartel authorities would nip any bundling of enterprises in the bud. Innovative ideas must be promptly published in the interest of the shareholder protection. Today’s managers are not able to act entrepreneurially, even if they wanted. After years of standardization, the responsible people know behind which arguments to hide.

  • Cobbler, stick to your trade
    An obviously pragmatic approach is the focus on the core business. The actual tasks that contribute at most to the corporate success or that the customers associate especially with the enterprise constitute the relevant business. This you can see at the production depth. While Ford reached in the beginning nearly 100% creation of value, the production depth in the automotive area sank until today on average to 20%. Thus, the cars are actually developed and manufactured by the suppliers. With this division of labor, the enterprises gave up their originally comprehensive power. Eventually this affects even the innovative ness that is handed over to the suppliers. That way the shoemaker degenerates to a 20-percent nerd, who only sews the shoes, pack them into a box and place them on the market. On a long-term basis other specialists can even do it better. With the last 20% then the enterprise will also dissolve.
  • Who does, what everybody is doing, remains everybody
    The new swarm approaches suggest that you can use the knowledge of others without expenditure. Since many enterprises have already sold their silver in the interest of the shareholder values, shifted jobs abroad by outsourcing and have reduced over the years personnel, the knowledge of the remaining employees is the last asset that can be exploited. With the strategy of swarm intelligence one or the other got the idea to open these economical resources. Customers and employees are invited to express their ideas. This is not about growing knowledge, but siphoning off the existing ideas. What is forgotten here is the fact that swarm intelligence creates highly redundant knowledge. It still must be separated entrepreneurially the useful from the noise. Goethe already wrote: “And here, poor fool, I stand once more, No wiser than I was before.” Additionally this this source of knowledge offers also the other companies similar insights. You will not be ahead of the pack, but you will fall in the same black hole of disadvantages. And what is above all difficult: The competitors remain abreast, since they foster each other.
  • He who follows in the footsteps of others, never leaves a footprint of his own
    The advocates of standard solutions expect savings by distributing the costs on multiple shoulders. At the end of the last millennium the tsunami of today’s standard software built up. In the companies a clew of self-developments had been formed over time that could be maintained only with difficulties by own means. In the meantime the clew is back again, only that it is now knotted by the software makers. And again egalitarian approaches prevent the advantage that you could obtain by your own engagement. If you look at simple applications, like HR-systems, the solutions only differ in the logo. After the initial upside of the ERP system is already past, we notice meanwhile more and more, in what expensive hole we landed. The software provider determines, when, which release to be used – with all consequences for the internal interfaces. The Gordian knot becomes even tighter. Who can now afford the development or introduction of another solution? And what is especially harmful – nobody is ready for entrepreneurial improvisations. The manager is safe, since the decision for the standard solution is the right decision, because everybody uses it.

The whole thing reminds of socialist countries with their business thinking – always the same, no risk, not being noticeable, not harming the community, sticking to the rules etc. You can see this in nowadays Compliance. You always had to adhere to the laws, but however now many practice anticipatory obedience. After all the consequences of courageous acting are no longer clear. It is the same as with the bonsai method that was published in the 90s – nip any sprouting engagement in the bud.

Bottom line: Today’s entrepreneurs resemble a company of soldiers, who drill in the yard. No one quits the generally accepted way and give something new a chance. They forget thereby that this adaptive behavior would not be possible without the spirit of innovation of the previous founding fathers and pioneers, who made the current enterprises. In the established enterprises wild ducks, who would be able to create something new, have only little elbow space in order to make an impact. For making sure that nobody recognizes it, the leaders hide behind the core business, the swarm approaches and generally accepted solutions. This is entrepreneurship in lockstep.