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Die neue Öffentlichkeit

Der Weg in die Öffentlichkeit beginnt schon immer bei den Autoren. Sie entwickeln Ideen und nehmen sich die Zeit, einen Artikel zu erstellen. Die Umsetzung erfolgte früher sehr arbeitsteilig. Autoren schrieben Texte. Illustratoren entwarfen die Bilder. Layouter bestimmten den Aufbau der Seiten. Lektoren korrigierten die Texte. Zensoren sicherten die Compliance. Die Drucker setzten die Seiten – oder weigerten sich, wenn der Inhalt ihnen nicht passte. Die Maschinisten erzeugten die Auflagen. Auf verschiedenen Vertriebswegen landeten schließlich die Artikel in einem Buch, einer Zeitung oder auf einem Poster bei den Lesern. Verlage brachten das Ganze heraus. Mit der neuen Öffentlichkeit haben alle, die Zugang zum Internet haben, die Möglichkeit ihre Ideen zu verbreiten.

Auf dem Weg in die Öffentlichkeit kümmert sich jeder selbst um alle genannten Aspekte – die Erstellung, Korrektur, Zensur und Auslieferung. Die vierte Gewalt gerät dadurch ins Wanken. Ist das bereits das Ende? Die etablierten Medien stehen vor einer der größten Disruptionen seit der Erfindung des Buchdrucks. Die heutigen Autoren können alle bekannten Medien eigenverantwortlich meistern.

  • Internetdomäne
    Nachdem es nicht mehr erforderlich ist eine Internetseite zu programmieren, weil Generatoren aller Art multimediale Inhalte kostengünstig ins Netz bringen, kann sich jeder seine eigene Domäne leisten – wie z.B. http://memecon.de. Was ist eigentlich der Vorläufer einer Internet-Domäne?
  • Soziale Netzwerke
    Für diejenigen, denen eine eigene Webseite zu viel Aufwand ist, bieten Facebook, Linkedin, Xing und die vielen anderen Sozialen Netzwerke die Möglichkeit, eigene Seiten zu erstellen und damit multimedial erreichbar zu sein. Die Vorläufer der sozialen Netze waren die Vereine, Klubs und sonstige Gemeinschaften, die bei Weitem nicht die Reichweite der heutigen Plattformen haben.
  • Videoplattformen
    Das bewegte Bild wurde früher von TV-Stationen verbreitet. Heute können alle einen eigenen Kanal eröffnen und Videos senden. Die Angebote, die via Youtube und vimeo, Dailymotion oder alugha auf Sendung gehen, liefern immer bessere Inhalte. Deren Vorläufer, die Fernsehstationen, sind gerade mal 100 Jahre alt.
  • Podcastkanäle
    Als Nachfolger des Radios entwickeln sich Podcasts, die über Sender wie iTunes, Stitcher, acast oder andere senden. Die themenorientierten „Sendungen“ führen zu einem neuen Hörverhalten. Und das, nachdem die Vorläufer, die Radiostationen, nur 100 Jahre alt sind.
  • Print on demand
    Und selbst die klassische Publikation auf Papier kann heute jeder selbst machen – mit einer ISBN-Nummer ist man in den einschlägigen Vertriebsschienen vertreten, z.B. Amazon, Buchhandel.de oder VLB. Damit steht ein etabliertes Medium, das es seit fast 600 Jahren gibt, jedermann zur Verfügung.

Die Auswirkungen auf die etablierten Kanäle sind noch nicht absehbar. Allerdings beginnen die Medien bereits darüber nachzudenken, wie sie ihr Geschäftsmodell anpassen müssen. Die ersten Kontroversen gab es bereits zwischen den existierenden Medien. Denke man nur an die Tageszeitungen, die die Tagesschau-App verklagen. Oder der Streit mit den Suchmaschinen, die Auszüge der Inhalte anzeigen, wodurch die heutige Geschwindigkeit der Nutzung dazu führt, dass die ehemaligen Abonnenten sich das Geld sparen, weil ihnen die Kurzfassungen ausreichen. Betroffen sind auch alle Partner der etablierten Medien, d.h. die Werbeindustrie, der Handel oder Fußballvereine. Der Zugang zu ihrer Kundschaft verlagert sich. Und die alten Messpunkte für die Werbung gehen verloren. Sobald die Aufmerksamkeit der Konsumenten sich von der vierten Gewalt gelöst hat, wird es schwer werden, sie zurückzugewinnen.

Darüber hinaus scheinen sich die etablierten Medien als systemrelevant zu betrachten, indem sie auf ihre Parteilosigkeit, ihren Sachverstand und öffentlichen Auftrag hinweisen. Allerdings muss man sich fragen, ob ein Medium je diesem Anspruch gerecht werden kann – beispielsweise mit einer Berichterstattung zu einem Geschehen in Syrien vom Balkon eines Hotels in Kairo, Ägypten. Am Ende ist jede Form von Berichterstattung ein Filter – unabhängig davon, ob etwas gewollt oder ungewollt unterschlagen wird. Schwierig wird es zusätzlich, wenn die klassischen Beziehungen infrage gestellt sind – wenn beispielsweise ein Zuschauer einen spannenden Podcast zu einem Bundesligaspiel macht; oder ein Reisender aus einer unerreichbaren Krisenregion berichtet; oder die Werbeindustrie sich auf die Influencer stürzt und damit neue Regeln im Marketing schafft.

Natürlich entbehren die Inhalte der neuen Öffentlichkeit in diesem frühen Stadium eingeführten Instanzen, die die Güte der Beiträge sicherstellen. Auf diese Weise können Meinungen zu Fakten und Fakten zu Fake News werden. Durch die Geschwindigkeit, mit der sich der Internet-Tsunami ergießt, ist es etwas spät, die erforderlichen Fähigkeiten zu vermitteln – aber lieber spät, als gar nicht. Es wäre jedoch falsch, diese Entwicklungen zu verunglimpfen oder sogar zu verhindern. Die Gesellschaft muss sich darum kümmern, die entsprechende Medienkompetenz in die Schulpläne einzubauen – was leider von manchen Hirnforschern hintertrieben wird, in dem sie die Neuen Medien verdammen.

Fazit: Zu einem gewissen Grad hat sich die Medienlandschaft demokratisiert. Alle können sich beteiligen und ihre Inhalte in die Welt senden. Das dadurch entstehende Rauschen fragmentiert die Gesellschaft. Die klassischen Straßenfeger werden verschwinden. Der soziale Charakter des gemeinsamen Informationsempfangs verschwindet. Jeder Konsument bekommt genau das, was er will, was sich jedoch von seinem Nachbarn dramatisch unterscheiden kann. Solange wir nicht eine entsprechende Ethik der Nachricht, Information oder Veröffentlichung gelernt haben, werden wir mit denen leben müssen, die die neue Freiheit ausnutzen und die Welt gezielt mit Falschmeldungen bombardieren. Die neue Öffentlichkeit bleibt vorerst eine unbewältigte Herausforderung.

The new public

The path to the public has always begun with the authors. They develop ideas and take the time to create an article. In the past, implementation was very much a division of labor. Authors wrote texts. Illustrators designed the pictures. Layout designers determined the page structure. Proofreaders corrected the texts. Censors ensured compliance. The printers sat the pages – or refused, if they did not like the content. The machine operators produced the print runs. At the end, the articles in a book, a newspaper or on a poster were distributed in various ways to the readers. Editors published the whole. With the new public, everyone, who has access to the Internet, has the opportunity to spread its ideas.

On the way to the public, everyone takes care by themselves of all the aspects mentioned – creation, correction, censorship and delivery. This, the fourth estate gets shaken. Is this already the end? The established media is facing one of the biggest disruptions since the invention of book printing. Today’s authors can master all known media on their own.

  • Internet domain
    Since it is no longer necessary to program an Internet site, because generators of all kinds bring multimedia content cost-effectively into the Internet, everybody can afford its own domain – such as http://memecon.com . Actually, what is the forerunner of an Internet domain?
  • Social networks
    Facebook, Linkedin, Xing and the many other social networks offer the possibility to create personalized pages and being that way accessible via multimedia. The forerunners of social networks were associations, clubs and other communities, do not have by far the reach of today’s platforms.
  • Video platforms
    The moving image used to be distributed by TV stations. Today, everyone can open a personal channel and broadcast videos. The offers, which go on air via YouTube and vimeo, Dailymotion or alugha, deliver ever better content. The forerunners, the television stations, are only just under 100 years old.
  • Podcast Channels
    Podcasts are evolving, which broadcast via stations such as iTunes, Stitcher, acast or others as successor of the radio. The topic-oriented “broadcasts” lead to a new listening behavior. And this, after the predecessors, the radio stations, are only around 100 years old.
  • Print on demand
    And even the classic publication on paper can be done today by anyone – with an ISBN number you are represented in the relevant sales channels, e.g. Amazon, https://isbnsearch.org/. This means that an established medium that has been around for almost 600 years is available to everyone.

The impacts on the established channels are not yet foreseeable. However, the media are already starting to think about how to adapt their business model. The first controversies already happened between the existing media. Just think of the daily papers that are suing the app providers of news channels in Germany. Or the dispute with the search engines that display excerpts of content, which, given the current speed of use, result in the fact that former subscribers save money because the abstracts already fit their needs. All partners of the established media, i.e. the advertising industry, the traders or football clubs, are also affected. The access to their customers is shifting. And the old indicators of publicity get lost. Once consumers’ attention has moved away from the fourth estate, it will be difficult to win them back.

Beyond that, the established media seems to regard themselves as systemically relevant, pointing out their independency, their expertise and public mandate. However, one must ask oneself whether a medium is able to live up to this claim – with coverage of an event in Syria that is done from the balcony of a hotel in Cairo, Egypt. In the end, every form of reporting is a filter – regardless of whether it withholds deliberately or unintentionally. It becomes even more difficult, if the classical relations are questioned – if for example a spectator makes an exciting Podcast of a football game; or a traveler reports from an unreachable crisis region; or the advertising industry throws itself on the influencers and creates thereby new rules in marketing.

Of course, the content of the new public lacks at this early stage established bodies that ensure the quality of the posts. That way, opinions can become facts and facts can become fake news. Due to the speed with which the Internet tsunami pours out, it is a little late to convey the necessary skills – but better late than never. However, it would be wrong to disparage or even prevent these developments. The society must take care to incorporate the appropriate media competence into school curricula – unfortunately this is being thwarted by some brain researchers, who condemn the new media.

Bottom line: To a certain extent, the media landscape has become more democratic. Everyone can participate and send their content into the world. The resulting noise fragments society. The classic block busters will disappear. The social character of jointly receiving information disappears. Every consumer gets exactly what he wants, what can differ dramatically from its neighbor. Until we have learned an appropriate ethics of news, information or publication, we will have to live with those who exploit the new freedom and bombard the world with false reports. The new public remains an unresolved challenge for the time being.