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Die adäquate Menge – das Phantom der Planung

Stellen wir uns jemand vor, der eine Reise von Hannover nach Madrid plant und vorausschauend versucht seinen VW-Golf mit 100 Litern zu betanken. Ohne Ersatzkanister würden dabei mehr als 50 Liter sofort auf den Boden der Tankstelle laufen, da der Tank diese Menge nicht aufnehmen kann. Auch wenn das unwirklich klingt, so findet dieser Wahnsinn ganz alltäglich in allen Unternehmen statt. Die Verantwortlichen fordern von den Mitarbeitern Ergebnisse, die weit über realistische Erwartungen hinausgehen. Es wird externe Unterstützung beschafft, obwohl keine ausreichenden, internen Kapazitäten zur Beteiligung an den Maßnahmen zur Verfügung stehen. Ziele werden einfach nicht an die vorhandenen Möglichkeiten angepasst. In Ermangelung von sinnvollen Kenngrößen, praktischen Erfahrungen und realistischen Rahmenbedingungen geistert die adäquate Menge wie ein Phantom durch die gesamte Planung.

Dieses Phantom bewirkt mindestens drei der folgenden Effekte.

  • Wenn mehr nicht mehr bringt
    Der gute Wille genügt nicht, wenn man die Grenzen der Belastbarkeit erreicht. Die Ausstattung mit den benötigten Mitteln führt zu keinerlei Vorteilen, wenn die Arbeitsbelastung von der bestehenden Belegschaft nicht mehr gestemmt werden kann. Plant man externe Unterstützung in Bereichen, in denen Zusammenarbeit mit Internen erforderlich ist, die jedoch dafür keine Zeit haben, dann ist das so, als wenn der Tank voll ist und trotzdem weiter Sprit eingefüllt wird. Fehlender Überblick der Auslastung, falsche Schätzungen der erforderlichen Personentage und das Ausblenden der Rahmenbedingungen einer Initiative führen zur Verschwendung des sowieso knappen Budgets. Mehr bringt in diesem Fall nicht mehr.
  • Wenn zu wenig gar nichts bringt
    Der geschicktere Ansatz scheint zu sein, von vorneherein weniger einzusetzen als erforderlich ist. Dies ergibt sich, wenn ausreichend Kapazitäten intern zur Verfügung stehen, aber bei der Beschaffung der unterstützenden Externen gespart wird. Mit dem vorhandenen Know-how lässt sich die Aufgabe nicht stemmen. Und trotzdem wird zu wenig Unterstützung beschafft – vielleicht in der Hoffnung, dass man mehr bekommt, als man bezahlt. Das ist so, als wolle man weit fahren, allerdings den Tank nicht so füllt, dass man mit sparsamer Fahrweise wenigstens eine Chance hat anzukommen. Ohne eine Ahnung für die erforderliche Menge zu haben, mit der Hoffnung, dass sich die Ergebnisse von alleine ergeben, und mit Misstrauen gegenüber den Dienstleistern verhindern die angestrebten Resultate. Zu wenig bringt in diesem Fall nicht nur entsprechend weniger, sondern führt zu einem totalen Scheitern der Aufgabe.
  • Wenn die richtige Menge die Grenzen zieht
    Der angemessene Ansatz basiert auf klaren Zielen, antizipierbaren Aufwänden und der Übertragung der Schätzungen auf die vorhandenen Ressourcen. Dabei werden nicht nur die verfügbaren Zeiten der einzelnen Mitarbeiter berücksichtigt, sondern auch ihr persönlicher Kenntnisstand und ihre Erfahrungen sowie eine Einschätzung der Rüstzeiten. Zusätzlich müssen die Aufwände der Externen eingeschätzt und den einzelnen Aufgaben zugeordnet werden. In Summe kommt man so zu einer Schätzung, die gnadenlos in den vorgesehenen Zeitrahmen eingearbeitet werden muss. Verharmlosung, Kleinreden oder Verschleierung, um die Planung zu beschönigen, mag den Anschein erwecken, dass die Planung gut ist. Praktisch ist es nur eine Frage der Zeit, bis die versteckten Schwierigkeiten auftauchen und die Initiative scheitern lassen. Zwei Drittel der Projekte scheitern unter anderem durch schlechte Planung. Ambitionierte Ziele, Kostendruck und fehlende Mitarbeiter setzen die Planer unter Druck. Mit aller Anstrengung bleibt einem jedoch nichts übrig, als sich in die Gegebenheiten einzufügen sowie die Ziele an die verfügbaren Kapazitäten und finanziellen Mittel anzupassen. Am Ende bestimmt die richtige Menge die Grenze des Erreichbaren.

Fazit: Für fast alle ist es nachvollziehbar, dass man weniger weit fahren kann, je weniger man tankt. Dies scheint jedoch nicht bei der Planung von Projekten zu gelten. Da werden einerseits Mittel verschwendet, da sie nicht zu den internen Umsetzungsmöglichkeiten passen. Andererseits wird mit Mitteln gegeizt, in der Hoffnung weit genug zu kommen – vielleicht scheitert die Initiative ja sowieso und man kann dieses Scheitern ja günstiger gestalten. Die richtige Menge kann nicht zaubern, aber gesetzte Ziele erreichbar machen. Solange ein entsprechendes Gespür für die adäquate Menge fehlt, müssen alle weiter nach dem Phantom der adäquaten Menge suchen.

Der Berg – die ideale Metapher für ein Ziel

Vermeidet man die abstrakten Ziele, wie z.B. die bessere Qualität, die gestiegene Produktivität und die Beschleunigung von Abläufen, steigt die Wahrscheinlichkeit von greifbaren Zielen. Das wirksame Ziel lebt von der SMARTen Umschreibung sowie von den Vorstellungen, die die Zielgruppe daraus ableitet:

  • Fehlerquote bei mechanischen Teilen von zehn pro Tausend auf drei pro Tausend senken;
  • 5%ige Reduzierung der Kosten pro 1000 € Umsatz;
  • Rückmeldung nach Kundenkontakt in weniger als 24 Stunden.

Zusätzlich hilft das gemeinsame Verständnis eines Ziels bei der Zielverfolgung. Der Berg ist hierbei die ideale Metapher für das Ziel.

Berg

Denken wir an einen hohen Berg, so können wir Eigenschaften und Merkmale, die wir dort finden, auf Ziele übertragen.

  • Zwischenziele
    Je höher der Berg, desto mehr Zwischenziele, d.h. Meilensteine, sind erforderlich, um das eigentliche Ziel zu erreichen. Edmund Hillary startete 1953 im Basislager, nutzte acht Lager auf dem Weg zum Gipfel auf 8848 m Höhe. Auch bei Großprojekten sind die Meilensteine wichtige Zwischenschritte auf dem Weg zum eigentlichen Ziel.
  • Etappen
    Bei Hillary variierten die Etappen entsprechend dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad. Die einzelnen Abschnitte sollten so geplant werden, dass sie mit normalen Kräften erreicht werden können. Zu große Etappen verschleißen die Beteiligten und gefährden das Ergebnis. Aktivitäten, die mehr als ein Jahr dauern, sind besonders herausfordernd, da sich zwischenzeitlich die Rahmenbedingungen meistens verändern.
  • Anstrengung
    Hillary überwand in sechs Wochen 3.500 Höhenmeter. Mit zunehmender Höhe kamen weitere Schwierigkeiten, wie immer weniger Sauerstoff, hinzu. Die erforderlichen Anstrengungen gingen über die normalen Reserven hinaus. Geduld und Ausdauer sind entsprechend auch bei geschäftlichen Zielen sicherzustellen. Weitreichende Ziele, die zu großen Veränderungen führen, brauchen besondere Kompetenzen, um den Anforderungen eines Megaprojekts gerecht zu werden.
  • Risiko
    Am Mount Everest begibt man sich in lebensfeindliche Gefilde. Aus diesem Grund bereiten sich die Bergsteiger darauf vor. Bei hehren Zielen, die große Auswirkungen auf viele Menschen haben, fehlt häufig dieses Bewusstsein der Gefahr. Derartige Projekte werden ähnlich blauäugig angegangen wie der Spaziergang durch deutsche Mittelgebirge. Die Projektverantwortlichen sollten deshalb stets besonderes Augenmerk auf die Risiken haben, die bei der Umsetzung von besonders langen Projekten auftreten können.
  • Gigantische Aussicht
    Es gibt keinen besseren Rundblick als vom höchsten Berg der Erde. Trotz des gefährlichen Umfelds sollte man sich die Zeit nehmen, den Ausblick zu genießen bzw. zu zelebrieren. Auch das Gelingen einer Aktivität sollte entsprechend genutzt werden. Sobald die Projektziele erreicht sind, braucht es entsprechende Feiern und Veröffentlichungen, die das Resultat festlich begehen und die Beteiligten mit Stolz auf das Erreichte erfüllen.
  • Konkreter Endpunkt
    Der Gipfel des Mt. Everest ist der höchste Punkt auf dem Berg. Sobald man diesen überschreitet, geht es wieder bergab. Interessanterweise wissen die Beteiligten eines Projekts selten, wann dieser Punkt erreicht bzw. überschritten ist. In der Folge tun sich Projekte schwer, ein Ende zu finden. Die möglichst genaue Smartifizierung ist die einzige Chance, das Ziel zu bemerken. Der geordnete Abschluss ist dabei genauso wichtig wie der Abstieg von einem Berg.
  • Nach der Gipfelerstürmung der nächste Berg
    Auch wenn Edmund Hillary den höchsten Berg bezwungen hatte, fand er weitere Ziele im Himalaja aber auch am Südpol, wo er als erst Dritter, nach Amundsen und Scott, ankam. Nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Sobald ein Projekt abgeschlossen ist, egal wie groß oder klein es war, stellt sich unmittelbar die Frage nach der nächsten Herausforderung. Die Routine von vielen Projekten macht einen Projektleiter besser.

Fazit: Der Berg als Metapher bietet den Projektmitgliedern eine Fülle von Analogien, die bei der Bewältigung der Hindernisse helfen. Sicher fallen Ihnen noch viele weitere Beispiele ein. Und immer gilt: der höchste Berg ist auch nur ein Berg.