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Spielregeln – die ideale Metapher für die Bestandteile der Governance

Allen Mannschaftssportarten sind die Spielfläche, die Spielertypen und die Spielregeln gemeinsam. Aus den Anfängen des Fußballs in China, vor 4000 Jahren, sind die Regeln nicht überliefert. Man geht jedoch davon aus, dass es sich zu Beginn um ein Ausbildungsprogramm für Soldaten gehandelt hat. Von vor weniger als 1800 Jahren sind Regeln bekannt, die die physischen Kräfte der Spieler unter Kontrolle bringen sollten. Für über tausend Jahre geriet dann das Spiel in Europa in Vergessenheit. Der Neustart 1848 begann sofort mit dem Aufstellen von Fußballregeln, die bis heute verfeinert werden. Sie beinhalten eine bestimmte Kultur, die Aufteilung des Spielfeldes, allgemeingültige Kenngrößen und Möglichkeiten zur Sanktionierung sowie klare Rollen. Das eigentliche Spiel entwickelt sich innerhalb dieses Rahmens in spannenden Varianten – genau wie das Geschehen im Unternehmen im Rahmen der Governance. Dieser Text erweitert auch den  Zweck der Governance!

Die Governance bietet folgende Bestandteile: die Prinzipien, die Unternehmensabstimmung, verschiedene Festlegungen und vor allem definierte Rollen.

  • Prinzipien
    Im Fußball sind die allgemeinen Prinzipien das Fair Play, das Einhalten der Regeln sowie die offensiven und defensiven Strategien. Im Geschäftsleben definieren sie die Kultur und das Selbstverständnis einer Firma. Sie sollten Antworten auf die folgenden Fragen liefern: Wo sind wir in 10 Jahren? Was sind unsere Eigenschaften? Woher kommen wir? Was ist unsere Geschichte? Warum gibt es uns? Was ist unser Zweck? Was macht uns erfolgreich? Was ist unser USP? Wie sehen wir uns? Was sind unsere Werte und Glaubenssätze? Was sind Eigenschaften unserer Produkte? Die Prinzipien verhalten sich wie der Zement, der den Mörtel so stabilisiert, dass er zusammenhält.
  • Unternehmensabstimmung
    Die Mannschaften stimmen sich ab, welche Hälfte des Spielfelds welchem Team zugeordnet wird. Das Ziel ist es, beim Gegner ein Tor zu schießen. Auch im Business stimmen sich die Bereiche des Unternehmens ab – gefördert durch die Leitung. Die folgenden Aspekte sind wichtig: Was ist der Zweck der Einheit? Wie erfolgt die Verständigung? Wie arbeitet man zusammen? Welche Rollen (AKV) gibt es? Wie wird das Einverständnis eingeholt? Die Abstimmung ist wie das Mischungsverhältnis von Sand, Kalk und Wasser, das von dem jeweiligen Einsatz abhängt.
  • Glossar
    Die verschiedenen Sportarten verfügen über umfassende, spezielle Jargons, den man lernen muss. Auch das Geschäft nutzt einen besonderen Wortschatz. Der Glossar bestimmt diese Terminologie der Firma. Hierfür sind die folgenden Fragen wichtig: Welche Begriffe sind entscheidend für das Zusammenwirken? Wie erhält man klare Formulierungen? Wie stellt man die Vollständigkeit sicher? Wann ist der Begriff korrekt beschrieben? Auch der Mörtel besteht aus einem Satz von Fachbegriffen, die die Varianten (z.B. Mauer- oder Putzmörtel) sowie die Bestandteile (z.B. Sand, Kalkhydrat) beschreiben.
  • Kritische Erfolgsfaktoren (KEF)
    Das Spiel wird von Faktoren bestimmt, die der Trainer durch intensive Vorbereitung verbessern will, z.B. Pässe, Torabschluss und andere Standardsituationen. Im Geschäft beschreiben die KEFs die Kennzahlen des Erfolgs, die für das Überleben wichtig sind und die eigene Position verbessern. In den folgenden Bereichen können bedrohliche Aspekte gefunden werden: bei den Abläufen, im Markt, bei den Kunden, bei den eingesetzten Technologien, in der Information, in der Führung usw. Selbst bei Mörtel ist es wichtig auf bestimmte KEFs zu achten, wie z.B. die Außentemperatur oder das Verhältnis der Mischung.
  • Metrik
    In Mannschaftsspielen sind die erzielten Punkte, z.B. durch Tore oder Körbe, die entscheidende Messgröße. Die umfassenderen Metriken im Geschäft stellen dafür generische Messgrößen zur Verfügung. Mithilfe einer Balanced Scorecard werden die Wachstums-, Kunden- und Finanzperspektiven sowie die interne Perspektiven mit dem Status des Lebenszyklus, den Abläufen, der Qualität und der Governance beschrieben. Die wesentlichen Metriken des Mörtels sind beispielsweise die einzelnen Mischungen des Mörtels.
  • Richtlinien
    Die Spielregeln im Fußball gelten weltweit und entwickeln sich weiter, wie man am Videoschiedsrichter sehen kann. Die Richtlinien im Unternehmen sind umfangreicher, umfassen alle grundlegenden Regelungen und sind allen Mitgliedern der Einheit erreichbar. Desto älter ein Unternehmen, desto mehr Regularien haben sich angesammelt bzgl. Organisation, Personal, Berichtswesen, Gesetze, Werte und der Steuerung von IT, Risiken und Änderungen. Genauso bestimmen unterschiedliche Anwendungsfälle die Zusammensetzung des Mörtels.
  • Rollen
    Stürmer, Torwart, Schiedsrichter und Linienrichter sind ein Auszug der Rollen im Fußball. Im Geschäftsleben stellen die Rollen einen generischen Ansatz für individuelle Arbeitsbeschreibungen zur Verfügung. Sie bestehen aus Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung. Aufgaben sind gut beschrieben, wenn die Funktionen, Ziele, Prozesse und verfügbaren Ressourcen klar sind. Die Kompetenz regelt die Befugnisse bzgl. Entscheidung, Kontrolle, Information usw. Die Verantwortung beschreibt die zu erfüllenden Qualitäten, wie z.B. Vollständigkeit, Korrektheit oder Termintreue. Bei der Nutzung von Mörtel kommen ebenfalls unterschiedliche Rollen zum Einsatz: Maurer, Betonmeister, Poliere usw.

Fazit: Die Governance bietet mit den Prinzipien, der Unternehmensabstimmung, allgemeinen Festlegungen und den Rollen eine einfache Grundlage für das Zusammenwirken der verschiedenen Bereiche. Spielregeln, wie im Fußball, bieten ähnliche Festlegungen durch z.B. das abgesteckte Spielfeld und die Rollen der verschiedenen Beteiligten. Aus diesem Grund ist die Spielregel eine ideale Metapher für die Bestandteile der Governance.

Ohne Geld gibt es nichts zu teilen

Es ist eine interessante Vorstellung, dass der Computer uns die Tür zu einem neuen Wirtschaften aufstößt. Grenzkosten lösen sich auf, Ressourcen werden durch Teilen besser genutzt und eine bisher schwer erreichbare Reichweite wird möglich. Allerdings stellt sich die Frage, woher die Produkte und Services kommen, die ohne Auflagen und Kosten geteilt werden. Gibt es denn etwas zu teilen ohne Geld?

Gute Beispiele liefern die neuen Dienstleistungen im Internet, wie beispielsweise Airbnb, Ouishare, Uber. Hier werden auf der Grundlage einer Software, die via PC, Smartphones oder sonstigen Endgeräten, Kunden mit Anbietern zusammenbringen, Dienstleistungen von Dritten ermöglicht. Betrachten wir Uber. Was braucht dieses Geschäft?

  • Ein Medium
    Das A und O dieses Geschäftsmodells ist der Zugang zu der Webseite von Uber. Fast jeder verfügt heute über einen Zugang zum Internet, egal wo man sich befindet. Damit kann man sich von überall einloggen und ein Geschäft abschließen.
  • Betriebsmittel
    Das wichtigste Betriebsmittel ist das Fahrzeug, mit dem die Kunden befördert werden. Dieses Fahrzeug ist kein Betriebsmittel von Uber. Es gehört dem Fahrer, der auch alle Kosten trägt – Kauf, Service, Reifen, Versicherungen usw. Der Zustand des Fahrzeuges wird in diesem Fall nicht gewerblich geprüft, wie bei einem Taxiunternehmen. Die regulären TÜV-Prüfungen konzentrieren sich nur auf die grundsätzliche Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugs, nicht auf die gewerbliche Nutzung.
  • Personal
    Die Fahrer sind nicht bei Uber angestellt, sondern private Fahrer, die keinen Bestimmungen unterliegen. Arbeitszeit und Kenntnisse unterliegen nur allgemeinen Anforderungen. Sonstige Mitarbeiterleistungen, wie angestellte Mitarbeiter, erhalten sie nicht – z.B. Ferien, Altersvorsorge. Niemand prüft, inwieweit die Fahrer in der Lage sind, ihre Leistung zuverlässig zu erfüllen.
  • Richtlinien
    Da es sich um kein offizielles Taxiunternehmen handelt, entfallen Regeln, die traditionelle Taxibetriebe erfüllen müssen – Standardtaxameter oder vorgeschriebene Sicherheitsanlagen, wie z.B. eine Funkanlage oder ein Alarmsystem für den Fahrer.
  • Absicherungen
    Da die Fahrer eigentlich keine Dienstleistung erbringen, sondern Mitfahrgelegenheiten privat anbieten, werden die meisten ohne die entsprechenden gewerblichen Versicherungen unterwegs sein. Aufgrund der heutigen Tarife der Versicherungen kann es sogar sein, dass aus Kostengründen noch nicht einmal eine private Versicherung für die Mitfahrer besteht. Ganz zu schweigen von irgendwelchen Versicherungen für die (Mit-)Fahrer im Krankheits- oder Unfallfall.

Die Vorteile dieses Vorgehens für alle liegen auf der Hand.

  • Uber wird für den Vermittlungsservice über das Internet bezahlt. Damit sind das Geschäft und die Verantwortung von Uber beendet.
  • Der Fahrer profitiert von einem Geschäftsmodell, das er ohne die entsprechende Ausbildung und ohne den Zwang gewerblichen Regeln folgen zu müssen, betreiben kann.
  • Für die Fahrgäste ist es billiger und einfach nutzbar.

Soweit scheint das Ganze zu funktionieren.

Vergleicht man Kosten der gewerblichen Anbieter mit den Uber-Fahrern, fragt man sich, wo sich die Kosten bei dem neuen Geschäftsmodell verstecken.

Wo fallen die operativen Kosten an? Die Uber-Mitglieder tragen alle Kosten plus den Anteil der an Uber abgeführt werden muss. Die Kosten bei Uber beschränken sich auf den Betrieb der Webseite und das Marketing.

Wie wird die private Mitnahme eigentlich versteuert? Auch wenn nur kostendeckend gefahren wird, entsteht ein Geldfluss zwischen Kunde und Fahrer, der steuerpflichtig ist. Wie kann der Umsatz ohne Taxameter überhaupt nachgewiesen werden?

Wer bezahlt für die erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit eines „professionellen“ Uber-Fahrers? Am Ende trägt die Gemeinschaft der Versicherten die Schadenskosten, die durch die zusätzlichen Fahrleistungen entstehen.

Und wer bezahlt die Personalschäden, die im Rahmen einer Beförderung anfallen? Das beginnt bei Verletzungen, die durch schadhafte Fahrzeuge (z.B. scharfe Kanten) entstehen. Das endet nach einem Unfall, bei dem Fahrgäste schwer verletzt werden, bleibende Schäden davontragen oder, im Todesfall, eine zu versorgende Familie hinterlassen. Auch hier werden die Kosten auf die Schultern der Sozialgemeinschaft verteilt.

Am Ende ist der Fall von Uber ein gutes Beispiel dieser neuen Wirtschaft des Teilens, in der Geschäftsmodelle darauf abzielen, Gewinne zu privatisieren und Kosten zu sozialisieren.

Fazit: Mit dem Internet werden durch die Hintertür Geschäftsmodelle eingeführt, die vorbei an gültigen gewerblichen Regeln bis hin zu Gesetzen Dienstleistungen anbieten. Gleichzeitig nutzen sie die sozialen Systeme aus, indem sie ihre Beiträge nicht leisten – z.B. Versicherungen, Steuern, Mitarbeiterleistungen. Möglich werden diese Geschäfte durch eine entsprechende Sharing-Rhetorik, die den Tauschhandel der Vergangenheit monetarisiert – schließlich erhalten die Anbieter immer ihren Anteil in der entsprechenden Währung. Am Ende gibt es eben nichts zu teilen ohne Geld.