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Das Pendel – die ideale Metapher für Rahmenbedingungen

Ausschlaggebend für die Bewegung des Pendels ist die Zufuhr von Energie. Dies erfolgt direkt, indem das Senkblei einen Stoß erhält. Es kann auch der Faden bewegt werden, um das Lot in Schwingung zu versetzen. Löst man das Lot vom Faden, dann fällt es, wie der newtonsche Apfel auf den Boden und schwingt nicht mehr. Überträgt man die Eigenschaften eines Pendels auf andere Sachverhalte, erhält man ein intuitives Verständnis der Möglichkeiten, die wir im Alltag, in der Wirtschaft und als Gesellschaft haben.

pendel

Beschränken wir das Verhalten eines Pendels mal auf die folgenden drei Eigenschaften.

  • Motor
    Die Stärke der zugeführten Energie bestimmt, welche Bereiche vom Pendel erreicht werden können. Viel Schwung führt zu starken Ausschlägen und leichte Anstöße führen zu engen Kreisen. Wird stetig Energie hinzu geführt, dann bleibt das Ganze nie stehen.
  • Unvorhersagbarkeit
    Die eigentliche Schwingung des Pendels lässt sich nicht vorhersagen, da die Einflussfaktoren so klein sein können, dass sie nicht messbar oder gezielt steuerbar sind. Dies führt zu zufälligen Ergebnissen.
  • Grenzen
    Gleichzeitig ist der Bereich, in dem sich das Pendel bewegen kann, fest durch den Faden vorgegeben. Solange das Gewicht am Ende des Fadens baumelt und dieser wiederum an der gleichen Stelle aufgehängt bleibt, finden die Ausschläge und Bahnen in einer klar abgrenzbaren Fläche statt.

Die Möglichkeiten, die man persönlich hat, die unser Team hat, die wir als Firma haben, sind ebenfalls bestimmt durch Rahmenbedingungen, die denen eines Pendels ähneln.

Jeder kann aus seinem Leben das machen, was er will. Wie weit oder eng die Grenzen sind, bestimmt vor allem die Energie, die man aufwendet. Je mehr man sich anstrengt, desto größer sind die Effekte. Stellt man die Zufuhr von Energie ein, dann schränken sich die Möglichkeiten wieder ein. Den Anreiz dazu holt man sich am Besten bei sich selbst. Im Vorhinein ist es natürlich schwer zu sagen, was dabei herauskommt. Aber die Richtung kann man beeinflussen. Fühlt man sich beschränkt durch die aktuellen Optionen, dann muss man unter Umständen die eigenen Grenzen überwinden, in dem man seine Aufhängung ändert und seine Chancen woanders wahrnimmt. Der neue Schwingungsraum bietet zwar neue Aufsetzpunkte, ist jedoch auch wieder beschränkt durch neue Grenzen.

Eine Arbeitsgruppe besteht aus vielen Einzelpersonen, die ihre Möglichkeiten mitbringen. Je nach der Vielfalt der Charaktere und Fähigkeiten deckt das Team eine größere oder kleinere Fläche ab. Entgegen dem üblichen Ansatz gleichartige Menschen in ein Team zu stecken, ist es besser völlig verschiedene Menschen einzubinden, um den maximalen Ausschlag zu ermöglichen. Die Triebfedern der Gruppe sind die, die den anderen die Energie vermitteln, damit sie in Bewegung bleiben. Selbst mit der besten Planung lässt sich vorher nicht sagen, wie weit die Gruppe kommt. Mit den richtigen Vorgaben ist der Kurs wenigstens abgestimmt. Mit der entsprechenden Aufhängung stimmt der Rahmen der Möglichkeiten. Holt man sie aus der gewohnten Umgebung heraus, lösen sich die Grenzen solange auf, bis sie durch entsprechende Regeln neu festgelegt sind. Unter anderem darum sind agile Teams so wirkungsvoll.

Ein Unternehmen zieht Vorteile aus einer starken Energiequelle. Dies muss nicht der geniale Kopf á la Silicon Valley sein. Dies kann auch die entsprechende Kultur sein, die mit allen Mitteln jeden einzelnen Mitarbeiter, jedes Team und jede Abteilung mit Energie auflädt – die mitreißende Vision, die fesselnden Ziele für alle oder ein angenehmes Arbeitsklima. Auch hier gilt: je mehr Vielfalt man zulässt, desto größer sind die Möglichkeiten. Die Zukunft ist ungewiss, solange man sie nicht proaktiv gestaltet. Wer sich treiben lässt, fällt zurück – auch wenn das für manche die angestrebte Position ist. Die Grenze für ein Unternehmen ist die Welt. Mehr gibt es heute noch nicht.

Das Pendel schwingt unentwegt – von der Zentralisierung zur Dezentralisierung, von der Anarchie zur Diktatur, von Wachstum zu Stagnation, von festgelegt zu offen. Die Grenzen, in denen wir uns bewegen, ergeben sich nicht einfach, sondern sind das Resultat von den Möglichkeiten aller Beteiligten. Das Pendel schwingt immer wieder hin und her. Eigentlich sollten die Muster klar sein. Aber es schwingt nie in die vorherige Position zurück, sondern in eine leicht veränderte – aber trotz allem ähnliche.

Fazit: Anhand des Pendels lassen sich die Rahmenbedingungen verdeutlichen, mit denen wir uns tagtäglich auseinandersetzen müssen. Ohne kontinuierliche Zugabe von Energie bleibt alles stehen. Und was passieren wird, ist schwer vorhersagbar, obwohl es sich in bestimmten Grenzen bewegt. Vielleicht hilft uns das Pendel bei der Suche nach unseren Möglichkeiten, indem wir die benötigten Energiequellen finden, großzügiger vorausschauen und uns die Grenzen bewusst machen.