Die Zukunft liegt vor allen verborgen hinter dem Horizont. Wenn auch manche Strategierenden meinen, sie hätten einen ausreichenden Weitblick. Am Ende ist es ein Glücksspiel, ob die vermeintlichen Vorhersagen eintreten. Auch wenn der Radar die Sachlage erfasst, liefern sie einen Haufen von Daten, ohne die möglichen Aktivitäten klar abzugrenzen. Die Taktierenden sind gezwungen, ihren Horizont entscheidungsreif zu strukturieren. Das ungeschickte Aufteilen kann dazu führen, dass der gewählte Weg nicht wirkt. Die Operierenden haben akute Schwierigkeiten, die sie mit spontanen Maßnahmen kurzfristig beheben. Hierfür müssen sie schnell und entschieden sein. Zwar werden die lodernden Flammen gelöscht, aber nach dem Feuer ist vor dem Nächsten.
Betrachten wir näher die drei Sichten von Führenden.
- Weitblick – die strategische Vision
Es gibt keinen Blick hinter den Rand des Gesichtsfelds. Allerdings lässt sich der Pfad bis dahin so gestalten, dass ein anschlussfähiger Plan erstellt werden kann. Da der Horizont bei dem Annähern zurückweicht, lässt sich der Weg ausdehnen und an die erkennbaren Änderungen anpassen. Denken wir an Elon Musk, der seit zwanzig Jahren seinen Weg beharrlich ausbaut. Er arbeitet an Elektroautos mit Tesla, Personenverkehr auf Basis Hyperloop mit The Boring Company, Weltraumlogistik mit SpaceX, erneuerbare Energiegewinnung mit SolarCity.
Strategierende gehen langfristig (>5 Jahre) von möglichen, erahnbaren und manchmal absurden Umbrüchen aus. Sie lassen sich nicht von aktuellen Einflüssen, kurzfristigen Rückschlägen oder unsicheren Tatsachen von ihren Visionen abbringen. Der Blick geht ohne Altlasten nach vorne. Sie argumentieren auf der Grundlage der eigenen Prämissen. Auch wenn sie weitere Personen am Ausrichten der Maßnahmen beteiligen, sind die Gründenden und CEOs die alleinig Entscheidenden. - Überblick – die taktische Sicht
Die meisten Bausteine, die das morgige Geschäft ausmachen sind bereits vorhanden oder werden erforscht oder entwickelt. Das regelmäßige Beobachten der aktuellen Umgebung und ihrer Versprechen inklusive Chancen und Risiken ermöglicht das Anpassen der laufenden und das Aufsetzen von neuen Initiativen. Bill Gates ist ein Beispiel für diesen Typ. Sein loser, nicht anschlussfähiger Blick bis zum Horizont wird verdeutlicht an seinen langfristigen Prognosen in Bezug auf die benötigte Speichergröße von PCs oder seinen Erwartungen bezüglich des Internets. Sein Verhandlungsgeschick zeigt sich darin, dass er MS-DOS verkaufte, ohne es entwickelt zu haben und bevor er es tatsächlich besaß. Hieran zeigt sich sein taktisches Genie.
Taktierende denken über mittelfristige (2-5 Jahre) Maßnahmen zum Verwirklichen nach. Die aktuellen Einflüsse (politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich, rechtlich und ökologisch) lösen das jährliche Anpassen der Richtung aus und verrücken den Schwerpunkt. Dabei werden verzerrte Erkenntnisse und kommende Effekte übersehen. Sie führen in der Folge zum weiteren Nachjustieren. Abhängig von den Gegebenheiten werden immer neue Erklärungen geliefert. In der kurzlebigen VUKA-Welt fühlen sich diese an wie langfristige Maßnahmen. Beim Umsetzen ist die mittlere Führungsebene gefordert. Je nach dem Charakter entscheiden am Ende auch hier die Geschäftsführenden. - Durchblick – der operative Brennpunkt
In den tätigen Bereichen eines Unternehmens finden sich die meisten Akteure. Obwohl sie das Überleben sichern, werden wir auf die vielen Namenlosen nicht aufmerksam. Sie kommen morgens an ihren Arbeitsplatz und wissen nicht, was ansteht. In der Frühbesprechung werden die Fälle der vergangenen Stunden vorgestellt, priorisiert und gelöst. Wenn in diesem Zusammenhang längerfristige Maßnahmen aufgesetzt werden, dann vor allem, um das unmittelbare Tun zweckmäßiger zu machen.
Operierende denken im Rahmen der Vorgaben kurzfristig (maximal bezüglich des laufenden Jahres). Sie gehen auf aktuelle operative Veränderungen und Hürden ein. Beschlüsse werden auf der Grundlage früherer Erfahrungen, vorhandener Indikatoren und bewährter Verfahren getroffen. Die Aktivitäten liefern innerhalb von Stunden, Tagen, Wochen oder Monaten greifbare Ergebnisse. Zuständig sind die Team- und Projektleitenden. Sie entscheiden im Rahmen ihrer Stellenbeschreibung oder eines Auftrags.
Fazit: Die drei idealen Ausblicke, der Weitblick, der Überblick und der Durchblick bestehen gleichzeitig auf entsprechenden Ebenen. Druck wird erzeugt durch das Zusammenwirken dieser Sichten. Diese Spannungen entstehen, wenn eigenständige Strategierende ihre Absichten nicht entschieden umgesetzt sehen. Oder wenn die Taktierenden ihre Kompromisse nicht durchsetzen können. Oder die Operierenden sich von den übergeordneten Ebenen gegängelt fühlen. Je nach Blickwinkel beeinflussen persönliche Befindlichkeiten die gelebte Offenheit, früher gemachte Erfahrungen und angenommene Verläufe die Ergebnisse. Das viable Unternehmen schafft den Spagat zwischen diesen Sichten.