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Der kochende Frosch – die ideale Metapher für kleine Veränderungen

Alle freuen sich im Frühling, wenn die Sonne zu einem Spaziergang einlädt. Wohnt man in einer Klimazone, die bisher strenge Winter und einen späten Frühling hatte, dann empfindet man Klimawandel vielleicht als Verbesserung. Wenn man dabei übersieht, dass diese Klimaverschiebung nicht mehr endet, sondern sich auch noch über die Erwärmung freut, fällt man leicht in die Falle des kochenden Froschs – wenn kleine Änderungen langfristig zu dramatischen Umbrüchen führen.

Es sind nicht die großen Disruptionen, sondern die Menge von sich aufbauenden kleinen Abweichungen, die uns unbemerkt in eine ungewollte Position bringen. Damit man rechtzeitig gegensteuern kann, braucht es neben den eingeführten Kennzahlen ein Frühwarnsystem, das einen darüber hinaus auf kleine Verschiebungen aufmerksam macht. Die folgenden Punkte können dabei helfen.

  • Sei aufmerksam!
    Diese kleinen Modulationen, die sich nicht messen lassen, erreichen nur unser Unterbewusstsein. Aus diesem Grund müssen wir eine Feinfühligkeit entwickeln, die uns darauf aufmerksam macht. Der Frosch bemerkt die langsame Erhitzung erst, wenn es zu spät ist.
    Wir sollten auf unser Bauchgefühl hören, der sich bei wiederkehrenden kleinen Sticheleien in Sitzungen, seltener werdenden Gesprächen mit Stakeholdern oder unmerklich bei weniger werdenden Aufträgen meldet.
  • Setze Schwerpunkte!
    Apathisches Networking, damit man keine Signale verpasst, ist der falsche Umgang mit diesem schleichenden Wandel. Da die Schwellwerte in unserem Unterbewusstsein etabliert werden müssen, brauchen wir ein paar Bereiche, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten. Dem Frosch könnte eine sachliche Einschätzung der Wassertemperatur helfen.
    Mögliche Schwerpunkte sind die Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Partnern, der Führungsebene, den Kollegen, den Mitarbeitern und vor allem zur Familie und den Freunden, oder die Entwicklungen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie und Recht.
  • Hinterfrage die Ergebnisse
    in der Hauptsache gehen die kleinen Veränderungen im Hier und Jetzt unbemerkt in der Flut der sinnlichen Reize unter. Wir rechnen die vielen kleinen, wenn auch fortgesetzten, Steigerungen und Verringerungen nicht zusammen. Unsere Intuition erkennt nicht den anhäufenden Charakter von vielen kleinen Mutationen. Der Frosch lebt selbstzufrieden in seiner Gegenwart, die ihm keine Angst macht, solange sich die Temperatur nur mit 0.002°C pro Sekunde erhöht.
    Werden einem bestimmte Modifikationen bewusst und erkennt man ein Muster, sollte man sich überlegen, was es bedeutet – die kontinuierlichen Erhöhungen von Gebühren; langfristige kleine Steigerungen von Verbräuchen; langsam sinkende Besucherzahlen.
  • Erahne die weitere Entwicklung!
    Nachdem man die Summe der Erfahrungen aus der Vergangenheit errechnet hat, brauchen wir ein Gefühl für den weiteren Verlauf. Zu diesem Zweck müssen wir die Entwicklungen aus der Vergangenheit in die Zukunft fortschreiben. Da es sich um vorläufige Annahmen handelt, reicht es nicht aus, eine Zukunft zu entwickeln, sondern es sollten mehrere Zukunftsszenarien erarbeitet werden, die alternative Folgen aufzeigen. Trotz seines einfachen Umfeldes können wir eine solche abstrakte Vorschau von dem Frosch nicht erwarten.
    Der Club of Rome hat es 1972 mit den Grenzen des Wachstums vorgemacht, indem er die damaligen Messwerte in die Zukunft extrapoliert hat – auch wenn trotz mehr zwischenzeitlicher Nachweise, viele immer noch an der Klimaerwärmung zweifeln. Auch wir können mit einfachen Fragen in die Zukunft schauen: Was passiert, wenn die kleinen Sticheleien weitergehen, wenn der Kontakt zu den Stakeholdern verloren geht oder wenn der Vertriebsfunnel weiter schrumpft?
  • Initiiere Gegenmaßnahmen!
    Da es sich um schrittweise wachsende Herausforderungen handelt, sind in einem frühen Stadium nur kleine Gegenmaßnahmen vonnöten – allerdings unvermeidlich, wenn man sich nicht schicksalhaft der Entwicklung ergeben will. Sind die Veränderungen groß genug, dass der Frosch sie bemerkt, bringt er sich rechtzeitig in Sicherheit.
    Wir können unsere Beziehungen durch regelmäßigen Kontakt auffrischen oder auffällige interne und externe Entwicklungen untersuchen, bewerten und in Schach halten.

Fazit: Wenden wir uns von den auffälligen, großen Disruptionen ab, hin zu den unzähligen kleinen Veränderungen, die überall und zu jeder Zeit auf uns niederprasseln, dann wird uns schnell bewusst, dass nicht nur der Gewittersturm, sondern auch der lang anhaltende Nieselregen uns völlig durchnässt. Damit man die möglichen Folgen der kleinen Schwankungen besser einordnen kann, hilft es ein persönliches Frühwarnsystem zu entwickeln: Aufmerksam beobachten, Schwerpunkte verfolgen, Ergebnisse hinterfragen, die Zukunft vorhersehen, Gegenmaßnahmen aufsetzen. Die Metapher des kochenden Froschs vermittelt nachvollziehbar die langfristige Falle der kleinen Veränderungen, die kleine Änderungen zu erwachsenen Schwierigkeiten werden lässt.