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Mit der agilen Projektorganisation aus der ausgefahrenen Spur

Bei wiederholten Fahrten auf unbefestigten Wegen entwickelt sich mit der Zeit eine Spur, die sich immer tiefer in den Boden gräbt. Dies führt dazu, dass das Fahrzeug irgendwann aufsetzt und stecken bleibt. Dies lässt sich einerseits dadurch vermeiden, dass man nicht immer die gleiche Spur nutzt oder die eingefahrene Spur grundsätzlich meidet und sich immer auf neuem Gelände bewegt. Das Gleiche passiert, wenn man die Arbeit zu strikt standardisiert und das Ausbrechen aus den Vorgaben bestraft. Führungskräfte erhoffen sich jetzt unter der Flagge Agilität ein neues Vorgehen, das sich flexibel an Anforderungen anpasst, aktiv oder pro-aktiv Aufgaben löst und sich in die Gegebenheit so einfügt, dass die Ergebnisse schnell und zuverlässig erreicht werden. Man kommt mit der agilen Projektorganisation aus der ausgefahrenen Spur des überbürokratisierten Projektmanagements.

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Die Einführung dieser temporär dynamischen Arbeitsgruppen ist beschränkt auf wenige Rollen, die im Folgenden skizziert werden.

  • Agiler Gruppenleiter (Agile Team Leader)
    Egal, ob man sie Agile Team Leader, Agile Coach oder ScrumMaster nennt, sind die Agilen Gruppenleiter weder für das Projekt noch für dessen Ergebnisse rechenschaftspflichtig, sondern dafür, dass das Team durch die richtige Nutzung der agilen Methode bestmöglichst zusammenarbeitet. Zu diesem Zweck achtet er auf die Einhaltung von Zeitrahmen und Spielregeln, vermittelt zwischen Produkteigner und Arbeitsgruppe, stellt sicher, dass Störungen und Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, moderiert Sitzungen, und kümmert sich um die Ergebnisse. Je mehr Projekterfahrung, desto wirksamer ist der Agiler Gruppenleiter.
  • Produkteigner (Product Owner)
    Der Produkteigner ist der „Kunde“ und verantwortet die fachlichen Ergebnisse des Vorhabens. Er ist befugt die Mission weiterzuentwickeln, den zukünftigen Zustand zu beschreiben, den fachlichen Rahmen zu setzen, benötigte Fachleute anzufordern und sich jederzeit über den Fortgang zu informieren. Fachliche Entscheidungen, die fachliche Priorisierung der offenen Aufgaben im Backlog und ein schneller Return on Investment sind seine Mission. Dafür steht er der Arbeitsgruppe jederzeit für Fragen zur Verfügung und liefert fachlich verbindliche Antworten. Je stärker die Beziehung des Produkteigners mit dem Team ist, desto förderlicher ist er für den Fortschritt des Vorhabens.
  • Agile Arbeitsgruppe (Agile Team)
    Das Mitglieder des Teams sind die Akteure bei der Erzeugung der Ergebnisse. Das Team besteht aus 7plusminus2 Mitgliedern. Erfordert die Aufgabe mehr Mitarbeiter, so bilden sich entsprechend selbstständig mehr Teams, die untereinander die erforderlichen Informationen austauschen. Jeder Mitarbeiter arbeitet Vollzeit im Team und ist sein eigener Chef, der über die Abarbeitung der gewählten Aufgaben entscheidet und die Qualität der eigenen Ergebnisse verantwortet. Beim täglichen Ständerling stimmen die Mitarbeiter sich ab. Am Ende eines Arbeitszyklus (meistens Sprint genannt) liefern alle ihre Inkremente ab. Die Einzelnen wissen, was zu tun ist, da sie den Gesamtüberblick über des Projekts haben und sich bei Bedarf direkt beim Produkteigner weitere Informationen abholen. Der Treibstoff des Teams ist die intrinsische Motivation, die jeden Einzelnen selbst und die Mitarbeiter untereinander, anstachelt. Je unternehmerischer die einzelnen Mitglieder sind, desto mehr wird hervorgebracht.

Die Rollen werden durch die Annahme, dass die einzelnen Akteure stets gleich performen, zu einem unternehmerischen Vorbild. Man nähert sich diesem Archetyp nur, wenn man der Arbeitsgruppe die dazugehörige Offenheit bietet. Dafür müssen

  • der Agile Gruppenleiter alle methodischen Möglichkeiten ausschöpfen,
  • der Produkteigner ohne Verzögerung zur Verfügung steht und
  • die Agile Arbeitsgruppe sich aus interessierten, selbstständigen Freiwilligen zusammensetzt.

Solange Vorgesetzte parallel führend eingreifen, Mitarbeiter in Teams abordnen oder Einzelne mit mehreren Vorhaben zu einer Zeit überlastet werden, wird das agile Ideal in unerreichbarer Ferne bleiben.

Fazit: Die Agile Projektorganisation bricht mit allen Regeln der Führung und verlagert die Aufgaben auf wenige Rollen, die aus eigenen Interessen heraus agieren. Der agile Teamleiter ist dabei der Problemlöser, was die Vorgehensweise angeht. Der Produkteigner ist der ideale Kunde, der sofort seine verbindlichen Anforderungen artikuliert und die Inkrements abnimmt. Das Agile Team ist der selbstorganisierte Schwarm von unternehmerisch handelnden Einzelpersonen, die im Idealfall opportunistisch zusammenarbeiten und sich gegenseitig antreiben. Die agile Projektorganisation ist der aktuelle Weg aus der ausgefahrenen Spur, der sich jetzt noch beweisen muss.

P.S.: Die agilen Werkzeuge, wie z.B. das Scrum Board, die täglichen Ständerlings, die Verwaltung des Backlogs die agile Governance etc. komplettieren die gewünschte Agilität. Fortsetzung folgt.