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Der Blick in die Zukunft

Unsere Äußerungen sind von Natur aus auf das beschränkt, was wir mit Worten, Bildern und anderen Hilfsmitteln ausdrücken können. Die anfallenden Zeichen erschließen sich jedem unterschiedlich. Und obwohl wir wissen, dass es Menschen gibt, denen einzelne Sinneskanäle fehlen, wenn sie beispielsweise blind oder taub sind, können wir uns nur schwer vorstellen, dass uns weitere Kanäle fehlen. So spricht Rudolf Steiner von der Fähigkeit in der geistigen Welt wahrnehmen zu können – was nicht allen vergönnt ist, wir es uns nicht erlauben oder weil wir es einfach nicht bemerken. So wie es eine spirituelle Blindheit gibt, fehlt manchen die Fähigkeit in die Zukunft blicken zu können. Und wenn jemand über diese Gabe verfügt, dann wird ihm empfohlen: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Dabei ist der Blick in die Zukunft eine elementare Voraussetzung, um die Gegenwart zu gestalten, sodass man in der angestrebten Zukunft ankommt.

Für alle, denen die Übung fehlt, die Zukunft zu antizipieren, betrachten wir mal unterschiedliche Formen der Vorausschau.

  • Vision
    Die Vision ist der visualisierte Eindruck eines Zukunftsbildes. Es bietet einen Schnappschuss der vorgestellten künftigen Gegebenheiten – im nächsten Jahr, in zehn Jahren oder noch weiterer Ferne. Vermittelt werden Zustände, die jemand erwartet oder befürchtet, die da sind Utopien oder Dystopien. Die Menschen sollen dadurch begeistert oder verängstigt werden. Die fehlenden Beschreibungen dieser emotionalen Zukünfte werden von der Zielgruppe mit eigenen Details vervollständigt. Dadurch entsteht bei ihnen eine tief gehende Wirkung, die sie am Ende gefühlsmäßig mitreißt – nach unten in einem ablehnenden Teufelskreis oder sich selbst verstärkend in einer zustimmenden Aufwärtsspirale.
    Damit diese Wirkung entsteht, braucht es einen bedeutungsvollen Satz, der die Betroffenen benennt, was zu tun ist, für wen und wann.
  • Szenario
    Die verschiedenen Entwürfe sind erarbeitete Visionen mit mehr Inhalten. Dazu werden die politischen, ökonomischen, sozialen, technologischen, ökologischen oder rechtlichen Einflüsse ermittelt und mit unterschiedlichen Ausprägungen zu verschiedenen Entwürfen zusammengefasst. Als Ergebnis sollen sich deutlich unterscheidbare Extreme ergeben – bestmögliche und schlechtestmögliche. Für die einzelnen Entwürfe werden in der Folge entsprechende Förder- bzw. Gegenmaßnahmen erarbeitet.
    Wirkungsvolle Szenarien kennen keine Beschränkungen, wie stark sich die einzelnen Variablen der Einflüsse entwickeln können.
  • Strategie
    Die Ausarbeitung für die Zukunft wird unter Berücksichtigung einer bevorzugten Zukunftsvorstellung entwickelt. Hier finden sich weitere Einzelheiten der Vision, Mission, des gemeinsamen Grundverständnisses, der strategischen Ausrichtung, Ziele sowie Kerns. Sie verbindet mithilfe einer Roadmap die Gegenwart mit der vorgestellten Zukunft. Die laufenden Aktivitäten werden auf Kurs gehalten, indem sich die jährlichen Planungen daran orientieren.
    Die Güte der Marschroute ins Übermorgen zeigt sich an ihrem Fortschritt, d.h. der kontinuierlichen Annäherung an den angestrebten Wunschzustand.
  • Story
    Das Storytelling ist so beliebt, weil es ein zielgruppenorientiertes Narrativ liefert. In der Geschichte mischen sich die Gefühle der Vision mit dem detaillierten Bild der Szenarien und der Zeitleiste der Strategie. Ziel ist es, das Publikum zu begeistern und zur Beteiligung anzuregen.
    Die Story zieht ihre Kraft aus dem roten Faden, der nachhaltig im Gedächtnis bleibt und durch Mund-zu-Mund-Propaganda, ohne zusätzliche Marketingmaßnahmen, von Einem zum Anderen getragen wird. Bei dieser Weitergabe bleibt die ursprüngliche Botschaft erhalten, auch wenn sie sich durch immer neue Feinheiten weiterentwickelt. Gleichzeitig lässt sie sich einfach mit der eigenen Wirklichkeit verknüpfen, wodurch sie häufiger wiederverwendet wird.

Fazit: Die Zukunft zu kennen ist unmöglich, da die kommenden Einflussfaktoren im Vorhinein unbekannt sind. Ein gutes Beispiel ist das Internet, dass eine solch überraschende Verschiebung der Wirklichkeit für die gesamte Menschheit gebracht hat. Was wir jedoch beherrschen, ist es die Zukunft zu erahnen und im Anschluss mit Maßnahmen aktiv anzustreben. Die meisten Dinge entstehen im Verborgenen, wie man an Ludwig Kapeller sehen kann, der bereits 1926 den Begriff der Immersion beschrieben hat, just in dem Moment, als die ersten elektronischen Massenmedien aufkamen. Keine hundert Jahre später tauchen viele regelmäßig in der virtuellen Realität ihres Computers ab.
Es bleibt jedem selbst überlassen, ob und wie sie nach vorne schauen: mit einer Vision, mit Szenarios, der definierten Strategie oder einer gut erzählten Story. Entscheidend ist es, sich diesen Blick in die Zukunft zu erlauben. Nur so hat man die Möglichkeit, sie zur Wirklichkeit zu MACHEN.

Systemrelevante Abhängigkeiten von heute

Kurz nach dem Börsencrash in New York (1929) hat Bertolt Brecht in der Dreigroschenoper die richtigen Worte gefunden: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Damit hat er visionären Spürsinn bewiesen. Aufgrund der Staatsverschuldung haben alle Deutschen rechnerisch Schulden beim Finanzsystem von über 29.000 €, jeder US-Amerikaner sogar über 57.000 $ – inklusive aller Babys und Rentner. Gleichzeitig bezeichnen manche die Geldinstitute als systemrelevant und stützen sie deshalb. In der Folge werden fortwährend deren Verluste privatisiert und Profite privatisiert. Damit ist der Moment erreicht, einen Blick auf diese gewachsenen, systemrelevanten Abhängigkeiten von heute zu werfen.

So wie ein Drogenhändler den Junkie langsam an die Droge gewöhnt, haben die Banken über die Jahre das folgende System aufgebaut. Das Ergebnis ist das Gleiche, wie bei einer Spielbank – die Bank gewinnt immer.

  • Wenig Zinsen zahlen und viele Zinsen nehmen
    Schon die leicht verständliche Idee, Zinsen für die Kreditvergabe zu berechnen, hat frühzeitig die Regelung von Geldgeschäften erfordert, um Wucher zu verhindern – manchmal besser, manchmal schlechter. Gleichzeitig übernahmen die Banken den Service das Geld, das man nicht benötigte sicher zu lagern, bezahlten dafür Zinsen und verliehen das Geld für einen höheren Zinssatz an Kreditnehmer, die Geld benötigten. Die Differenz erzeugte den Verdienst der Bank. Die Verwaltung dieses Austauschs ist systemrelevant – der neutrale Vermittler schafft mehr Gelegenheiten.
  • Konsum auf Pump fördern
    Kredite dienten zur Finanzierung von Königreichen, Staaten und schließlich von Geschäften. Mit dem Aufkommen der Konsumgesellschaften entdeckten sie die Konsumkredite: für den Hausbau, den Autokauf, die Urlaubsreise und mittlerweile für alle Konsumbereiche. Dadurch, dass die Banken derartige Kredite ermöglichten, förderten sie die Wirtschaft, die wiederum Arbeitsplätze schafften. Dieses Angebot von Konsumkrediten hat Systemrelevanz – zumindest in einer Konsumwelt.
  • Gebühren auf alles (Konto, Kreditkarten, Kontostand, Transaktionen)
    Neben den Zinsen entdeckten die Banken irgendwann den Ansatz, ihren Service bezahlen zu lassen. Eine Überseeüberweisung hat immer schon viel gekostet (zusätzlich zu den Tarifen für den Währungsumtausch). Mittlerweile haben die Banken alle Bereiche mit Gebühren versehen: für alle Arten von Geldkarten sowie Konto- und Transfergebühren, inklusive für persönliche Überweisungen an einem Bankschalter. Besonders geschickt ist die Idee, den Kunden eine Mitgliedskarte zu bieten, die einige der alten Services weiterhin kostenlos zur Verfügung stellt – natürlich mit einigen Voraussetzungen zum Vorteil der Bank. Da man regelmäßige Zahlungen (wie die Miete, die Telefonrechnung, Kredite) über das eigene Konto abwickelt, festigt die Bank als Mittelsmann ihre Systemrelevanz.
  • Bargeld verknappen und möglichst abschaffen
    Da die Banken immer weniger „physische“ Leistungen bieten, wird es für sie wichtig die Hintertür der Konten, zu schließen, das Bargeld. Hierfür soll es sukzessive abgeschafft werden. Ohne Bargeld existieren die Werte nur noch in den Datenspeichern der Banken. Damit erreicht die Virtualisierung der Geldwerte nach der Aufgabe des Goldstandards ihren Zenit. Unser Reichtum unterliegt nun schwankenden Kursen, die sich unentwegt ändern. Da das Bargeld selbst keinen Materialwert mehr hat, kann man ja auch darauf verzichten. Sobald nur noch die Datenspeicher der Banken unseren monetären Besitz repräsentieren, sollte dem Letzten klar sein, dass Banken systemrelevant sind.
  • Was kommt noch?
    In Zukunft werden ALLE Geldaktionen gebührenpflichtig. Die höchsten Gebühren werden Banken fordern, die sich nicht so schnell ändern können, wie ihre Mitbewerber. Das Internet ermöglicht gleichzeitig neue Geschäftsmodelle – von Linden Dollars, über Bitcoins, bis hin zu Mikrofinanzierung, Crowdfunding oder Privatkrediten. Diese Verschiebungen bedeuten das Ende für klassische Geldinstitute, die meinen sich durch überhöhte Gebühren finanzieren zu können und sich nicht an die neuen Gegebenheiten anpassen. Die letzten Zuckungen wird dem System einiges abverlangen. Für die Kunden bedeutet das, einen Ausweg zu finden aus der systembestimmten Abhängigkeit von den Banken – dem Konto, den Sparzinsen, den Daueraufträgen, den Überweisungen, den Geldanlagen usw. Das Festhalten an der scheinbaren Systemrelevanz wird das System verschieben – weg von den klassischen Geldhäusern.

Fazit: Über Jahrtausende hat die Wirtschaft ohne systemrelevante Banken funktioniert. Heute stehen die Banken in der Sackgasse. Die derzeitigen Anstrengungen neue Einnahmequellen zu finden, werden die zwischenzeitlich etablierten Abhängigkeiten soweit ausbeuten, bis die Kunden daran kaputtgehen. Das Kreditsystem, der Konsum, die Dienstleistungen, das Bargeld und damit all das, was als systemrelevant bezeichnet ist, wird durch neue Anbieter mit neuen Geschäftsmodellen, wie der Mikrofinanzierung, dem Crowdfunding oder Privatkrediten, ersetzt. Die Grundlage der Wirtschaft, das Geld, das nur noch auf Glauben beruht, wird durch neue Zahlungsmittel ersetzt – egal wie, Hauptsache ist raus aus den systemrelevanten Abhängigkeiten von heute.