Archiv der Kategorie: Bedeutungsgestaltung

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Der Gesamtkontext bestimmt das Verständnis

Die Sprache bietet keine hinreichende Grundlage, um einen Satz zu interpretieren. Reißen wir einen der Weltliteratur aus seinem Kontext – „Der Mann frug, ob sie ihm gestatte, zu rauchen, offenbar nicht, dass er rauchen konnte, sondern um mit ihr eine Unterhaltung anzuspinnen”. Man kann sich besser vorstellen, was gerade passiert, wenn man weiß, dass der Satz aus Anna Karenina von Leo Tolstoj stammt. Sofort passen sich die inneren Bilder an. Macht man sich noch bewusst, dass man sich in einem Zugabteil befindet, kommt man der Sachlage noch näher. Die folgende Abbildung schafft links einen Bezugsrahmen und bietet rechts Genussmittel für Raucher. Welches passt am besten? Das hängt davon ab, welcher Sinnzusammenhang in Ihrem Kopf besteht, denn der Gesamtkontext bestimmt das Verständnis.

contextsmoking

Wenn man einen Vortrag vorbereitet, muss man sich um die Begleitumstände kümmern. Es sind drei Aspekte, die diesen Gesamtkontext beeinflussen.

  • Die Präsentation
    Da man nur die Dinge versteht, die man in Worte und Bilder ausdrücken kann, ist die Gestaltung der Präsentation eine Voraussetzung für die Übertragung von Bedeutung. Die meiste Zeit beschränken sich manche auf die Ermittlung von Fakten, die es wert sind, mitgeteilt zu werden. Leider endet damit für viele die Vorbereitung. Dabei sollten die Informationen stets aufmerksam in die entsprechenden Worte, Metaphern und Visualisierungen übersetzt werden, die die Zielgruppe verstehen. Die Vermittlung der eigenen Ideen ist der eigentliche Zweck. Am Ende muss der Wurm dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
  • Die Veranstaltung
    Der Deutungsrahmen, der durch die Veranstaltung aufgebaut wird, bestimmt die Auslegung der Botschaften. Der Titel der Veranstaltung, die verschiedenen Themenbereiche und die teilnehmenden Referenten mit ihren Programmpunkten lenken die Aufmerksamkeit des Publikums in eine bestimmte Richtung. Mitteilungen, die nicht in den Rahmen passen, werden sich schwertun, ausreichend Beachtung zu erhalten. Aus diesem Grund sollte man sich stets überlegen, wie man die eigenen Beiträge auf den Rahmen der Veranstaltung zuschneidet. Zumindest sollten Titel, Beispiele und Präsentationsstil sich in das Programm einfügen. Schließlich brauchen die Botschaften den gelockerten Boden im Bewusstsein des Publikums, damit sie Wurzeln schlagen können.
  • Die Zielgruppe
    Der Gesamtkontext wird bestimmt durch die Herkunft und das Fachgebiet der Zuhörer. Der kulturelle Hintergrund lässt sich aus dem Ort der Veranstaltung ableiten. Kommen die Adressaten aus der westlichen Hemisphäre, sind sie beispielsweise durch Werte geprägt, wie Gut und Böse, Richtig und Falsch. Die fernöstliche Herkunft baut auf der Ausgewogenheit von Yin und Yang auf. Entsprechend ist der Wunsch nach Anerkennung im Westen mehr und im Osten weniger ausgeprägt. Die Eigenschaften der zu erwartenden Teilnehmer lassen sich auch aus der Veranstaltung ableiten. Dabei geht es vor allem um die Unterscheidung, ob es sich um technik-, verkaufs- oder führungsorientierte Zuhörer handelt. In jedem Fall sollte die Präsentation an den jeweiligen Anlass angepasst werden. Schließlich gibt es keinen allgemeinen Ablauf des Vortrags, der für alle erdenklichen Gelegenheiten passt.

Jeder Zuschauer und alle Vortragenden bringen ihren Gesamtkontext ein. Die Wirkung des Austauschs von Informationen ergibt sich aus dem Grad der Überlappung, den man für die Gesamtkontexte zustande bringt. Inwieweit man dies schafft, erkennt man an der Reaktion des Publikums.

Fazit: Der Gesamtkontext bestimmt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Botschaft die Zielgruppen erreicht. Dabei spielen weniger die eigenen Vorlieben eine Rolle, sondern vor allem die angepasste Präsentation, der allgemeine Veranstaltungsrahmen und die jeweilige Zielgruppe. Da sich der Kontext von einer zur anderen Veranstaltung stets ändert, sollten die entsprechenden Vorstellungen immer an den jeweiligen Fall angepasst werden, denn der Gesamtkontext bestimmt das Verständnis.

Meme-it – Ideen haftbar machen

In den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts hatten wir die Zeit für den nächsten Level der Zettelwirtschaft erreicht. Aus dem praktischen Bedürfnis heraus die Lesezeichen seines Gesangbuches nicht immer zu verlieren hatte Art Fry Papierstreifen mit einem Klebstoff versehen, der sich wieder ablösen lies. Dies war die Geburtsstunde von einem allgegenwärtigen Werkzeug der Informationsgesellschaft, dem Post-it. Wäre es nicht toll, wenn es ähnliche Mechanismen gäbe, um Ideen besser im Bewusstsein von Zielgruppen zu verankern – ein Meme-it, dass Ideen haftbar macht.

Meme

Im letzten Jahrhundert haben sich Menschen Gedanken gemacht, wie man die Verbreitung von Ideen fördern könnte. In den zwanziger Jahren haben Wissenschaftler wie Harold D. Lasswell sich damit beschäftigt, wie man das menschliche Handeln durch die Manipulation von gesprochener oder geschriebener Sprache, Bildern und Musik beeinflussen kann. Nachdem die Möglichkeiten von PR und Marketing von verschiedenen Branchen ausgeschöpft werden sowie neue Kanäle zur Verbreitung von Inhalten sich durch die globale Vernetzung etabliert haben, verspricht das virale Marketing, manchmal auch Guerilla-Marketing genannt, einen neuen, kostengünstigen Ansatz zur Verbreitung von Ideen und Konzepten. Das Objekt, das dabei quasi-automatisch im World-Wide-Web und den Bewusstseins der Menschen grassiert, heißt Meme oder neuerdings Memome. Meme sind Inhalte, die Menschen ursächlich schaffen und denken – oder wie es M. Csikszentmihalyi ausdrückt „jedes feste Muster von Materie oder Information, das durch den Akt menschlicher Intentionalität erschaffen wird“. Um Ideen im Bewusstsein vieler Menschen zu verankern, ist es hilfreich sich bewusst zu machen, wie diese Meme zusammengesetzt sind.

Stellen wir uns Meme wie einen Virus vor, der sich in einer Wirtszelle einnistet, sich kontinuierlich vermehrt und an andere Wirte weitergegeben wird. Die Ansteckung wird durch die Zusammensetzung der Meme gefördert.

Meme bestehen aus drei Schichten, die jeweils eine bestimmte Funktion haben – der Inhalt, die eigentliche Idee im Kern, die Aura, die den Inhalt in die Gedankenwelt eines jeden Einzelnen einbindet und die Sphäre, die den Kontakt mit der Umwelt herstellt.

  • Inhalt
    Der Meme-Inhalt ist die eigentliche Bedeutung, die auf das Minimum reduziert ist. Hier wird die eigentliche Aussage, d.h. eine Idee, ein Thema, ein Konzept, ein Plan oder eine eingeführte Praxis kompakt dargestellt. Beschreiben wir ein Messer im Kern, so handelt es sich um ein Werkzeug zum Schneiden, einem scharfen Gegenstand, der alle möglichen Gewebe oder Stoffe zerteilen kann.
  • Aura
    Die Meme-Aura erweitert den Inhalt, um damit verknüpfte Vorstellungen, wie z.B. Bezüge zum Inhalt, unwiderstehliche Anziehungskräfte und andere Gemeinsamkeiten, leichter an mentale Modelle anzudocken. So bietet der medizinische Rahmen einen assoziativen, emotionalen und positiven Rahmen für die Betrachtung eines Messers, oder in diesem Kontext, dem Skalpell. Damit wird die Unique Selling Proposition (USP), die besondere Schärfe und die Funktion, Leben zu retten, für viele interessant.
  • Sphäre
    Die Meme-Sphäre ist der Bedeutungskontext, indem die Meme wirkt und Kontakt mit der Umwelt aufnimmt. Die Verbreitung wird durch diese Schale gefördert, da sich hier die Schnittstellen zur Umwelt und zu anderen Ideen finden. Die meisten kennen ein Skalpell durch eigene Erfahrung oder mittelbar durch Hörensagen. Die Angst vor Krankheit und die Hoffnung durch eine Operation geheilt zu werden schaffen Aufmerksamkeit. Das Beispiel des Skalpells lässt sich bis hin zu den alten Kulturen in die Vergangenheit verfolgen, die bereits mit einem scharfen Artefakt operierten.

Entsprechend dem Beispiel eines Messers stecken in allen Informationen, die wir heute verbreiten möchten, ein Inhalt sowie die Ebenen der Aura und der Sphäre. Die bewusste Ausgestaltung dieser Schichten erschafft Botschaften, die sich von alleine ihren Weg suchen, da sie bei einer erfolgreichen Ansteckung von den Memewirten durch Mundpropaganda, Veröffentlichungen und der wiederholten Umsetzung sich verbreiten.

Fazit: Durch Meme-it werden Ideen, Themen, Konzepte, Pläne und Praktiken auf einfache Weise virulent ausgestaltet. Damit werden die eigenen Botschaften mit einem „Klebstoff“ versehen, der sich einerseits in den Köpfen der Zielgruppen festsetzt und andererseits von diesen weitergegeben wird. Der vertriebliche Aufwand, um die Meme über den Tipppingpoint hinauszubringen, ist wesentlich geringer, als die klassische Marketingaktion. In diesem Sinne machen Sie Ihre Ideen haftbar! Meme it!

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