Schlagwort-Archive: Geschäftsmodell

Agiler mit Plattformen

Es reicht nicht, eine aussichtsreiche Geschäftsidee zu haben. Es sind viele Hürden zu bewältigen, bevor die eigentliche Arbeit beginnt. Zu Zeiten von Henry Ford hat das funktioniert, sobald man die komplette Wertkette beherrschte. Mittlerweile ist das Pendel dabei in die entgegengesetzte Richtung auszuschlagen. Die hundertprozentige wird heute von einer geringen Fertigungstiefe abgelöst – im SMART-Werk, im französischen Hambach, beträgt sie zehn Prozent. Die Digitalisierung wird zu noch flacheren Fertigungstiefen führen. Diese werden möglich, wenn sich die vielen Aufgaben auf vielen Schultern verteilen. Plattformen bieten solche Schultern.

Dabei ist es unerheblich, ob wir von verschiedenen Plattformen sprechen oder von einer, die alle erforderlichen Funktionen enthält. Mit den folgenden Angeboten können sich die Unternehmer von morgen auf ihr eigentliches Geschäftsmodell konzentrieren.

  • Technologie
    Die vierte industrielle Revolution, die Industrie 4.0, wird angetrieben von den Möglichkeiten der netzbasierten IuK-Technologien – Cyber-Physical-Systeme, Big Data, Cloud-Services, 3D-Fertigungsverfahren, Embedded Technologies, usw. Um den Einsatz dieser Angebote kommt man nicht herum. Allerdings muss man sich nicht mehr um alle Aspekte kümmern. Diese Aufgaben haben Plattformen übernommen, die diese Services anwendergerecht bereitstellen.
  • Betriebssystem
    Der Begriff stammt aus der IT. Das Betriebssystem verbindet unterschiedliche Komponenten zu einem reibungslosen Ganzen. Unter dem Schlagwort XaaS (Everything as a Service) bekommt man heute Plattformen anwendungsgerecht bereitgestellt – von einer Infrastruktur, über Produktionsanlagen, bis hin zu speziellen Anwendungen, die bei Bedarf genutzt und nur dann bezahlt werden.
  • Fachgebiet
    In 10 Berufshauptgruppen finden sich die verschiedenen Berufe, die jeweils für bestimmte Fachgebiete zuständig sind. Die Spezialisierung der einzelnen Bereiche liefert heute eine Unmenge an praktischen Erfahrungen, die nutzbar sind, ohne dass man sich in das jeweilige Gebiet einarbeiten muss. Die vierte Revolution wird dazu führen, dass immer mehr Experten ihre Leistungen auf entsprechenden Plattformen als Service anbieten.
  • Netzwerk
    Die aktuellen Netzwerke sind Internetseiten, auf denen sich Produzenten und Konsumenten auf einer Plattform treffen, die ein Broker bereitstellt, um einen bestimmten Service zu vermitteln – UBER, AIRBnB, Paypal, Ebay etc. In Zukunft werden sich exklusive Biztope herausbilden, auf denen ausgewählte Teilnehmer sich gegenseitig bei ihrem Geschäft unterstützen. Der Henry Ford von heute teilt sich seine Produktionsmittel auf einer Plattform mit seinen Wettbewerbern und sticht durch Schnelligkeit, gute Ideen und Wandlungsfähigkeit hervor.
  • Markt
    Der Platz, an dem gehandelt wird, wurde schon immer bestimmt durch die Waren und Dienstleistungen, die ausgetauscht wurden, sowie durch geografische Besonderheiten. Eine Überlappung von Märkten fand nur selten statt. Der heutige Markt ist von jedem Nutzer nur einen Klick entfernt. Damit ist man einerseits schnell am Ort des Geschehens, aber andererseits ist man auch allen Angeboten ausgesetzt. Die Vorteile des klassischen Marktplatzes, mit seinen Orientierungspunkten und Regelungen, werden bereits von Plattformen genutzt, in denen sich Verkäufer und Käufer zu Auktionen treffen -z.B. Covisint, SupplyOn.
  • Nische
    Die kleine Schwester eines Marktes ist die Nische, die sich in den Ecken bildet, in der sich große Märkte nicht viel Umsatz versprechen. Durch das Internet ist diese Nische genauso erreichbar, wie der große Markt. Abhängig von dem Erfolg der Nische, kann sich aus ihr schnell ein Markt entwickeln, deren Plattform immer mehr Bereiche abdeckt.
  • Geschäftsmodell
    In einer podularen Welt nutzt das eigentliche Geschäftsmodell Pods (i.e. kleine, selbstständige Einheiten, die Mehrwert erzeugen), die sich bedarfsorientiert bilden und schließlich auflösen, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben. Die erforderlichen Ressourcen ziehen sie aufwandsbezogen (Pay-per-Use) aus den unterschiedlichsten Plattformen (s.o.). Die Aufwände entstehen bei der Verknüpfung der Technologie, des Betriebssystems, des Fachgebiets, des Netzwerks, des Marktes und der eigenen Nische. Stimmen die Ergebnisse, dann werden die Nutzer mit der Zeit das Zusammenspiel mit den Plattformen optimieren.

Fazit: Der Start in ein neues Geschäftsmodell benötigt heute nicht mehr die immense Vorbereitung durch den Aufbau der erforderlichen Technologie, eines stimmigen Betriebssystems, den gemachten Erfahrungen eines Fachgebiets, der langatmigen Entwicklung eines Netzwerks, der Erschließung eines Marktes oder der eigenen Nische. Plattformen erlauben es, dass sich Start-ups oder neue Unternehmensfelder auf die Ausgestaltung ihrer Kernkompetenz konzentrieren. Plattformen machen Unternehmen agiler.

Mensch – Maschine – Geschäftsmodell

Die Hauptaufgabe der Strategie, des Plans oder des eigenen Vorhabens, ist es alle Aspekte zueinander in Einklang zu halten. Es geht um die greifbaren Produkte, Anlagen, Läger, Transportmittel, Material sowie auch um die immateriellen, gedanklichen Faktoren, wie Überzeugungen und Kulturen. Diese mentalen Aspekte sind sehr stabil und auf längerfristige Nutzung ausgelegt. Sie wandeln sich fast unmerklich in einzelnen Bereichen, sodass meistens ausreichend Zeit besteht, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Lebenszyklen der physischen Aspekte haben sich allerdings derartig verkürzt, dass die Entwicklung eines Plans heute ein komplexes Unterfangen ist. Was bedeutet das für Mensch, Maschine und Geschäftsmodell?

komplexitaet

Wir haben gelernt, dass alles Lebenszyklen folgt – angefangen bei den Kondratjew-Zyklen, die die letzten zweihundert Jahre in Wellen aufteilen. Die Gartner Group hat schließlich den Hype-Cycle für IT-Lösungen eingeführt. Damit haben wir schon lange ein Werkzeug, das die Elemente des Geschäfts einordnet. Der Zweck solcher Kurven ist es, die Komplexität des Geschäfts handhabbar zu machen, um Entscheidungen besser zu begründen. Da heute alle Aspekte sich so beschreiben lassen, stehen wir jedoch wieder vor einer schwer überschaubaren Komplexität von Lebenszyklen. Sie wirken gleichzeitig und beeinflussen die Entscheidungen. Gary Hamel hat bereits im Jahre 2000 vorhergesagt, dass die führenden Unternehmen der Zukunft sich durch die schnelle Entwicklung und Ablösung von Geschäftsmodellen auszeichnen. Es muss jedoch zusätzlich das Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Geschäftsmodell berücksichtigt werden.

  • Mensch
    Trotz aller technologischen Entwicklungen wird der Mensch immer wichtiger für die Abstimmung und Steuerung von Geschäftsabläufen. Sobald es aufgrund von unscharfen Aufgaben notwendig wird außerhalb der Routine Entscheidungen zu treffen, erfordert dies Menschen mit ihren Überzeugungen, kreativen Fähigkeiten und ihrem Pflichtbewusstsein. Die Förderung dieser Einstellungen ist eine wesentliche Aufgabe aller. Für den geschickten Einsatz ist es wichtig, die Denkweisen der Mitarbeiter und deren Anlagen zu kennen. Skillprofile und das Verständnis der Befindlichkeiten sind die Grundlage, um die passenden Mitarbeiter den Aufgaben zuordnen zu können.
  • Maschine
    Die Maschine umfasst heute nicht nur die physischen Rädchen, die die Produktion in Bewegung halten, sondern auch digitale Aspekte, die im virtuellen Raum die physischen und inhaltlichen Teile repräsentieren. Dies umfasst alle Apparaturen, inkl. den Computern mit ihren IT-Programmen, Datenbanken und Netzwerken sowie alle damit vernetzten Sender-Empfänger-Systeme. Zusammen ergeben sie die Maschinen, die heute das Geschäft am Laufen halten. Jede einzelne Komponente hat dabei einen eigenen Lebenszyklus, der sich nicht nur aus der technischen Weiterentwicklung ergibt, sondern auch aus den wirtschaftlichen Interessen der Hersteller. Unglücklicherweise befinden sich dadurch alle Bausteine im Lebenszyklus an einer anderen Stelle. Sobald grundsätzliche Technologien einen neuen Zyklus beginnen, reißen sie abhängige Komponenten mit, die wiederum andere mitreißen und so weiter. Das einfachste Beispiel ist das Betriebssystem des Computers. Eine neue Version von Windows macht neue Druckertreiber erforderlich, macht neue Drucker erforderlich, macht neue Tintenpatronen erforderlich … Aus diesem Grund ist heute eine wichtige Aufgabe der IT das Enterprise-Architecture-Management (EAM), dass die aktuelle und die zukünftige IT-Landschaft in einem Modell abbildet und mit einer Roadmap den Rahmen für Entscheidungen schafft.
  • Geschäftsmodell
    Das Geschäftsmodell bündelt die geschäftlichen Bausteine. Dazu gehören die folgenden Elemente. Das Leistungskonzept beinhaltet die erweiterte Geschäftsidee. Das Ertragsmodell beschreibt die vorbereiteten Einnahmequellen. Die Wertschöpfung bestimmt den Ablauf der Erbringung der Leistungen. Die Organisation ist das interne Netzwerk. Die Partner erweitern das interne Netzwerk nach außen. Die Kunden sind die Zielgruppen, die dem Unternehmen den Cashflow bringen, um zu agieren. Die Ressourcen sind die Mittel, die die Mitarbeiter für die Erbringung der Leistung brauchen. Die Kommunikation umfasst die Kanäle zu allen Beteiligten. Die Koordination legt die Mechanismen der Steuerung fest.
    Aus den unterschiedlichen Lebenszyklen der Bestandteile des Geschäftsmodells und der wechselseitigen Abhängigkeit ergibt sich seine Komplexität. Gleichzeitig wird die Umsetzbarkeit von den Menschen und den Maschinen bestimmt. Der Wettbewerb findet auf der Ebene des Geschäftsmodells statt. Kunden kaufen die Leistungen, die ihre Bedürfnisse am besten abdecken. Aus diesem Grund ist es eine wichtige Aufgabe der Führung ein möglichst lebens- und wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln, das nicht nur für die Kunden attraktiv ist, sondern auch für die Mitarbeiter und Partner.

Die Kunst des Strategierens stimmen die asynchronen Lebenszyklen von Mensch, Maschine und Geschäftsmodell aufeinander ab. Das gemeinsame Vorhaben gelingt nur, wenn die Planung ganzheitlich durchgeführt wird und die Bausteine handhabbar sind. Es reicht nicht Visionen für die Maschinen zu entwickeln, oder soziale, oder wirtschaftliche. Die viable Vorstellung der Zukunft entsteht, wenn alle Bereiche in ihrem Zusammenspiel betrachtet werden. Das erfordert gleichzeitig die Entwicklung der einzelnen Bestandteile im Rahmen des übergreifenden Ausbaus des Unternehmens. Führend sollte dabei der Zweck des Unternehmens sein und nicht allgemeine, technische Entwicklungen.

Fazit: Das Geschäft liefert die gewünschten Ergebnisse, wenn es auf einem ganzheitlichen Plan aufsetzt, der die Menschen, die Maschinen und das Geschäftsmodell berücksichtigt. Der Mensch ist dabei die bewegliche, gestalterische Variable, die die Maschine und das Geschäftsmodell Wirklichkeit werden lässt. Dafür muss man nur die entsprechenden Voraussetzungen schaffen – fähige Menschen, wirksame Funktionen der Maschinen und ein viables Geschäftsmodell.