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Fünf weitere Ohrenspitzer

Ohrenspitzer sind Floskeln, die Aufmerksamkeit erfordern. Botschaften bestehen aus Beschreibungen, die Sachverhalte vermitteln sollen. Sprecher senden dabei zusätzlich versteckte Botschaften über sich selbst. Der Schlüssel zu diesen Preisgaben steckt oft in den ersten Worten. Entschlüsseln lassen sich die Hintergründe durch entsprechende Rückfragen.

Schauen wir uns ein paar neue Ohrenspitzer an.

  • Ich würde …
    Die gute Nachricht, die mit diesem Anfang signalisiert wird, ist, dass sich jemand Gedanken macht, was zu tun ist. Startet der Satz darüber hinaus mit „Ich“ steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Person selbst um die Lösung bemüht. Wenn aber das Wort würde folgt, ist es unklar, ob diese Person wirklich bereit ist, sich persönlich einzubringen. Beispiel: Ich würde mal eine andere Lösung ausprobieren.
    Um den Sprecher aktiv zu halten, kann man sofort reagieren:
    Gute Idee! Mach mal!
  • Sachlich betrachtet …
    Aussagen lassen sich unterschiedlich auslegen. Um dem Inhalt mehr Gewicht zu geben, befreit man ihn von dem Dünkel der persönlichen Befangenheit, indem man die Sachlichkeit ausdrücklich hervorhebt. Dabei gibt es diese Neutralität nicht, da alle Behauptungen immer subjektiv eingefärbt sind. Aussagen hängen stets von dem Standort und den Erfahrungen des Beobachters ab. Das wird erkennbar, wenn mehrere Personen den gleichen Sachverhalt unterschiedlich beschreiben. Beispiel: Sachlich betrachtet bleiben nur diese Auswahlmöglichkeiten.
    Um sicherzustellen, dass man dem tatsächlichen Sachverhalt möglichst nahekommt, kann man weitere Belege erfragen:
    Gibt es weitere sachliche Beiträge?
  • Ich meine das wirklich ernst!
    Aussagen können Aktivitäten ankündigen sowie Meinungen und Gefühle vermitteln. Sie betreffen den Sprecher oder repräsentieren seine Einschätzungen. Die wirklichen Absichten, die eine Person hat, lassen sich an den genutzten Worten nicht erkennen. Aus diesem Grund unterstreichen die Sprecher deren Bedeutung, indem sie die Ernsthaftigkeit durch diesen Ohrenspitzer deutlich machen. Beispiel: Wir müssen uns mehr anstrengen, um unser Ziel zu erreichen, da wir ansonsten Probleme bekommen. Ich meine das wirklich ernst.
    Um das Momentum der Entschiedenheit des Sprechers zu nutzen, sollte man seine Ernsthaftigkeit herausfordern:
    Dann setzen wir uns doch sofort zusammen und legen die weiteren Schritte fest.
  • Das ist einfach so.
    Manche Gespräche enden mit der Aussage, dass es nichts mehr zu sagen gibt, da es einfach so ist. Diese klassische Killerphrase ist der Versuch jegliche Stellungnahmen und Widersprüche im Keim zu ersticken. Beispiel: Wir können das nicht. Das ist einfach so.
    In diesem Fall kann man dem Sprecher aus seinem Widerstand heraushelfen:
    Was bräuchten wir denn, damit es auch anders geht?
  • Aus meiner langjährigen Erfahrung …
    Eine besonders unbescheidene Aussage ist der Hinweis auf die eigenen Kompetenzen. Da ein Sprecher mit seinen Worten immer auch über sich spricht, sollte man seine Aufmerksamkeit auf mögliche Schwächen oder Bedenken der Person richten. Beispiel: Aus meiner langjährigen Erfahrung kenne ich diese Schwachstelle.
    Dies ist eine gute Gelegenheit den Erfahrungsschatz wiederzuverwenden, indem man die Aussage hinterfragt:
    Wie haben Sie das denn bisher gelöst?

Fazit: In Aussagen stecken oft zusätzliche Signale, die einem helfen, die Absichten des Sprechers besser zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Theoretiker, Realisten, Ernsthafte, Vereinfachende und Erfahrene liefern dabei zusätzlich zu den Inhalten Botschaften, die deren eigentliche Absichten anhand der genutzten Floskeln erkennbar machen. Es lohnt sich auf diese Ohrenspitzer zu achten und sie als Verstärker für sich zu nutzen.

Wie viel für die Leitung eines Projektes bleibt

Das Bild, das wir uns von Projektleitern machen, wird durch unsere Vorstellungen bestimmt. Ein Projekt ist dabei ein zeitlich begrenztes Vorhaben unterschiedlicher Größe mit einem klaren Start und Ende sowie mit den erforderlichen Ressourcen – Personal, Budget, Infrastruktur. Leiter sind Persönlichkeiten, deren Rolle die Steuerung der Maßnahmen mit weitrechenden Befugnissen und Verantwortung für die Ergebnisse umfasst. Am Ende ist ein Projektleiter eigentlich ein Macher, Gründer, Arbeitgeber, Unternehmer oder eine Führungskraft. Dass diese Aufgabe häufig auf die Rolle eines Kontoristen oder eines Koordinators ohne Befugnisse beschränkt wird, erklärt die Tatsache, dass Projekte ihre Ziele oft nicht erreichen.

Der Unternehmensgründer startet normalerweise ein Geschäft zu einer Zeit. Die falschen Erwartungen an den Projektleiter führen zu fehlender Ermächtigung und zeigen sich an der Anzahl von gleichzeitigen Projekten, die geleitet werden sollen – ein einzelnes Projekt hat 100% Aufmerksamkeit (40 Stunden pro Woche); jedes von vier Projekten 25% (10 Stunden pro Woche); bei acht Projekten jeweils 13% (5 Stunden pro Woche). Je nach Modus Operandi (z. B. PMBoK, PRINCE, GPM oder sogar agile Ansätze) können sich die Aktivitäten unterscheiden. Allerdings muss in jedem Fall mit den Beteiligten gesprochen, das Team bei Bedarf geführt sowie tägliche und wöchentliche Berichte vorbereitet werden.

  • Erforderliche Kommunikation
    Hierzu zählen die Abarbeitung von Emails, Anrufen und Sitzungen. Im Schnitt müssen wir uns mit 21 bis 50 E-Mails pro Tag beschäftigen sowie 11 bis 50 Telefonate führen. Darüber hinaus sind Sitzungen mit den Projektteams, den Führungskräften und Externen nötig, die jeweils zwischen 15 bis 60 Minuten oder sogar mehr Zeit beanspruchen. Mit mehreren Vorhaben bleibt dem Projektleiter für den Austausch manchmal nur eine Stunde pro Woche.
  • Angemessene Führung
    Die Führung beinhaltet persönliche Abstimmungen mit Mitarbeitern und Managern (z. B. Feedback, Zielvereinbarung, Entwicklung), die Bewältigung von Streitigkeiten und Krisen sowie zur Motivation und Unterstützung. Auf das Jahr gesehen macht das schnell 20% der Arbeitszeit aus – d. h. über viele Vorhaben hinweg ein Tag pro Woche. Von diesen acht Stunden pro Woche bleibt manchmal nur eine Stunde für die Führung pro Initiative.
  • Vorgeschriebene Berichte
    Nachvollziehbarkeit ist der wesentliche Zweck der Berichte. Viele Adressaten gehen davon aus, dass Aktualität, Richtigkeit, Konsistenz und Aussagekraft von alleine auf Knopfdruck entstehen. Allerdings muss der Projektleiter durch Stichproben sicherstellen, dass die von den Mitarbeitern gelieferten Daten und Zahlen zeitnah und richtig verfügbar sind und zueinanderpassen. Das tägliche Controlling ist dabei die Voraussetzung für stets aktuelle Daten, die regelmäßig zu übergreifenden Berichten verdichtet werden.
  • Übergreifende Aufgaben
    Die Zusammenfassung der täglichen Daten zu den wöchentlichen, monatlichen und quartalsweisen Meilenstein- und Abschlussberichten bezüglich des Projektfortschritts, der eingesetzten Mitarbeiter, der finanziellen Verbräuche sowie Handlungs- und Entscheidungsbedarfen erzeugt für verschiedene Stakeholder einen aktuellen Überblick. Zusätzlich finden wöchentlich bestimmte Aufgaben statt, wie z. B. Wochenstart und -abschluss inklusive Lessons learned und Plananpassungen. Die Anzahl der Berichte kann sich von einem Vorhaben zum anderen unterscheiden. Mit mehreren Projekten bleibt dem Projektleiter vielleicht nur eine Stunde pro Woche für die Erstellung von schlüssigen Berichten im jeweiligen Vorhaben.
  • Verbleibende Zeit
    Der Rest steht für sonstige spontane Aufgaben zur Verfügung – inhaltliche, beziehungstechnische und persönliche Tätigkeiten. Mit mehreren Vorhaben bleibt dem Projektleiter vielleicht nur eine Stunde pro Woche für unerwartete Aufgaben.

Fazit: Dass diese Arbeitslast mit Überstunden nicht kompensiert werden kann, sollte klar sein. Projekte sind die Form für heutige Aufgaben. Nimmt man die Ziele ernst und möchte man die angestrebten Ergebnisse wirklich erreichen, dann sollten die Auftraggeber unter allen Umständen der Projektleitung die Chance bieten, sich einem Vorhaben zu widmen oder zu akzeptieren, dass das Projekt mit einer zwei Drittel Wahrscheinlichkeit scheitert. Ansonsten gilt: Projektleitern mit fünf parallelen Projekten bleiben acht Stunden pro Projekt und Woche.