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Das A7L – die ideale Metapher für Grundbedürfnisse

Bisher befanden sich 27 Menschen 300.000 km entfernt – zwölf davon waren auf dem Mond zu Fuß und motorisiert unterwegs. Das Überleben sicherte die Mondlandefähre und der Raumanzug A7L (die siebte und feuerfeste Version des Pressure Suit Assembly (PSA) der Apollo-Missionen). In einer Umwelt, die Überleben ohne spezielle Ausrüstung unmöglich macht, müssen Menschen alles Lebensnotwendige bei sich tragen – die Luft zum Atmen, dem obligatorischen Druckausgleich, eine Klimaanlage für die benötigte Temperatur, Ver- und Entsorgungseinheiten sowie alle sonstigen erforderlichen Funktionen für die Zeit, in der sie den Anzug nicht verlassen können. Gleichzeitig sollten die Bewegungsfreiheit, die Rundumsicht und der Austausch von Daten erhalten bleiben. Auch wenn im Geschäftsleben die Umwelt nicht so lebensfeindlich scheint, sollten bestimmte Grundbedürfnisse gewährleistet sein.

Die Grundbedürfnisse der Belegschaft, inklusive der Führungskräfte und Geschäftspartner, beinhalten die vitalen Bausteine, um in der VUKA-Welt zu überleben.

  • Ressourcen
    Ausreichende Mittel, um arbeitsfähig zu bleiben, sind unverzichtbar. Dazu gehören alle Versorgungsgüter wie fähige und engagierte Mitarbeiter, das über die Zeit angehäufte Wissen, eine zeitgemäße und intakte Infrastruktur und ausreichende finanzielle Mittel. Wie beim A7L ist das Überleben ernsthaft gefährdet, wenn vitale Ressourcen fehlen.
  • Bewegungsfreiheit
    Auf dem Mond müssen ALLE wesentlichen Systeme getragen werden. Glücklicherweise wiegen sie nur ein Sechstel des auf der Erde gemessenen Gewichts. Gleichzeitig muss die Wendigkeit erhalten bleiben. So wie ein Raumanzug die Bewegungsfreiheit einschränkt, beschränkt im Business die Bürokratie. Heerscharen stellen die erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung. Fällt etwas aus, dann kümmern sich diese Mitarbeitenden um eine Zwischenlösung, bis alles wieder läuft. Die Bewegungsfreiheit wird eingeengt durch aufwendige Abläufe für deren Freigabe. Auf dem Mond entspräche das einem langen, starren Kabel, das die Reichweite und die Wendigkeit einschränkt. In allen Fällen werden die Aufgaben dadurch erheblich erschwert.
  • Transparenz
    Um einen Überblick über das Gesamtsystem zu erhalten, braucht es ein umfassendes Monitoring. Das Apollo Mission Control umfasste 20-30 Experten in Houston sowie Hunderte im Backoffice. Bevor leistungsfähige Computer diese Rollen übernehmen konnten, mussten Mitarbeiter die einzelnen Abweichungen der Sensoren beobachten und melden. In der Vergangenheit übernahmen im Geschäftsleben Aufpasser die Aufgabe, Messwerte zu sammeln und in Berichten zusammenzufassen. Heute ziehen vernetzte IT-Systeme die Daten aus den Datenbanken und versorgen Übersichten und Warnsysteme. Ein wesentliches Grundbedürfnis ist in jedem Fall die Verfügbarkeit von Daten zu jeder Zeit und an JEDEM Ort.
  • Kommunikationskanäle
    Damit das Zusammenspiel aller Beteiligten möglich wird, müssen Daten bezüglich Status, Problemen, Ideen, Lösungen und sonstigen Eindrücken ausgetauscht werden. Schon beim Apollo-Programm wurden Sprach- und Bilddaten sowie ein Datenstrom automatisch ermittelter digitaler Daten ausgetauscht. Das heute schnelllebige Geschäft braucht bei vielen Aufgaben kurzfristige Entscheidungen, die mit den althergebrachten Berichts- und Entscheidungswegen nicht mehr geleistet werden können. Dafür brauchen die Mitarbeiter, die vor Ort die Entscheidungen treffen, eine zeitnahe Versorgung mit Daten.
  • Befugnisse
    Die beste Datenversorgung nützt jedoch nichts, wenn Vor-Ort die Entscheidungen nicht getroffen werden DÜRFEN. In hierarchischen Unternehmen ist dies der Standardmodus. Überraschenderweise gilt dies auch für Unternehmen, die sich als kunden- und mitarbeiterorientiert verstehen. Entscheidungsspielräume mit kurzen Reaktionszeiten liegen vor, wenn übertriebene Berichts- und Entscheidungswege vermieden werden, die Führungsmannschaft kein Mikromanagement praktiziert und die agierenden Mitarbeitenden über die benötigten Autorisierungen verfügen. Wenn Neil Armstrong nicht in der Lage gewesen wäre, die manuelle Steuerung des Mondmoduls zu übernehmen, wäre der Adler höchstwahrscheinlich auf dem Mond zerschellt.

Fazit: Die Grundbedürfnisse einer Unternehmung sind unverzichtbar für die Fortdauer des Geschäfts. So wie der A7L das Überleben der Astronauten auf dem Mond sicherstellt, müssen im Unternehmen ähnliche Bausteine bereitgestellt werden. Es braucht die wesentlichen Ressourcen ohne Beschränkung der Bewegungsfreiheit mit der entsprechenden Sichtbarkeit, einem störungsfreien Austausch von Daten und vor allem ausreichenden Befugnissen der Handelnden. Bürokratische Berichts- und Entscheidungswege, ein althergebrachter Führungsstil und kaputtgesparte Ressourcen belasten zusätzlich die unbefriedigenden Grundbedürfnisse. Wäre das A7l in einem vergleichbaren Zustand, würden die Astronauten keine Außeneinsätze auf dem Mond oder im Weltall durchführen. Im Geschäftsleben stellen wenige engagierte Mitarbeiter sicher, dass das Überleben des Unternehmens nicht gefährdet ist. Das A7L mit seinen lebenserhaltenden Funktionen ist die ideale Metapher für die Grundbedürfnisse.

 

Fünf weitere Ohrenspitzer

Ohrenspitzer sind Floskeln, die Aufmerksamkeit erfordern. Botschaften bestehen aus Beschreibungen, die Sachverhalte vermitteln sollen. Sprecher senden dabei zusätzlich versteckte Botschaften über sich selbst. Der Schlüssel zu diesen Preisgaben steckt oft in den ersten Worten. Entschlüsseln lassen sich die Hintergründe durch entsprechende Rückfragen.

Schauen wir uns ein paar neue Ohrenspitzer an.

  • Ich würde …
    Die gute Nachricht, die mit diesem Anfang signalisiert wird, ist, dass sich jemand Gedanken macht, was zu tun ist. Startet der Satz darüber hinaus mit „Ich“ steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Person selbst um die Lösung bemüht. Wenn aber das Wort würde folgt, ist es unklar, ob diese Person wirklich bereit ist, sich persönlich einzubringen. Beispiel: Ich würde mal eine andere Lösung ausprobieren.
    Um den Sprecher aktiv zu halten, kann man sofort reagieren:
    Gute Idee! Mach mal!
  • Sachlich betrachtet …
    Aussagen lassen sich unterschiedlich auslegen. Um dem Inhalt mehr Gewicht zu geben, befreit man ihn von dem Dünkel der persönlichen Befangenheit, indem man die Sachlichkeit ausdrücklich hervorhebt. Dabei gibt es diese Neutralität nicht, da alle Behauptungen immer subjektiv eingefärbt sind. Aussagen hängen stets von dem Standort und den Erfahrungen des Beobachters ab. Das wird erkennbar, wenn mehrere Personen den gleichen Sachverhalt unterschiedlich beschreiben. Beispiel: Sachlich betrachtet bleiben nur diese Auswahlmöglichkeiten.
    Um sicherzustellen, dass man dem tatsächlichen Sachverhalt möglichst nahekommt, kann man weitere Belege erfragen:
    Gibt es weitere sachliche Beiträge?
  • Ich meine das wirklich ernst!
    Aussagen können Aktivitäten ankündigen sowie Meinungen und Gefühle vermitteln. Sie betreffen den Sprecher oder repräsentieren seine Einschätzungen. Die wirklichen Absichten, die eine Person hat, lassen sich an den genutzten Worten nicht erkennen. Aus diesem Grund unterstreichen die Sprecher deren Bedeutung, indem sie die Ernsthaftigkeit durch diesen Ohrenspitzer deutlich machen. Beispiel: Wir müssen uns mehr anstrengen, um unser Ziel zu erreichen, da wir ansonsten Probleme bekommen. Ich meine das wirklich ernst.
    Um das Momentum der Entschiedenheit des Sprechers zu nutzen, sollte man seine Ernsthaftigkeit herausfordern:
    Dann setzen wir uns doch sofort zusammen und legen die weiteren Schritte fest.
  • Das ist einfach so.
    Manche Gespräche enden mit der Aussage, dass es nichts mehr zu sagen gibt, da es einfach so ist. Diese klassische Killerphrase ist der Versuch jegliche Stellungnahmen und Widersprüche im Keim zu ersticken. Beispiel: Wir können das nicht. Das ist einfach so.
    In diesem Fall kann man dem Sprecher aus seinem Widerstand heraushelfen:
    Was bräuchten wir denn, damit es auch anders geht?
  • Aus meiner langjährigen Erfahrung …
    Eine besonders unbescheidene Aussage ist der Hinweis auf die eigenen Kompetenzen. Da ein Sprecher mit seinen Worten immer auch über sich spricht, sollte man seine Aufmerksamkeit auf mögliche Schwächen oder Bedenken der Person richten. Beispiel: Aus meiner langjährigen Erfahrung kenne ich diese Schwachstelle.
    Dies ist eine gute Gelegenheit den Erfahrungsschatz wiederzuverwenden, indem man die Aussage hinterfragt:
    Wie haben Sie das denn bisher gelöst?

Fazit: In Aussagen stecken oft zusätzliche Signale, die einem helfen, die Absichten des Sprechers besser zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Theoretiker, Realisten, Ernsthafte, Vereinfachende und Erfahrene liefern dabei zusätzlich zu den Inhalten Botschaften, die deren eigentliche Absichten anhand der genutzten Floskeln erkennbar machen. Es lohnt sich auf diese Ohrenspitzer zu achten und sie als Verstärker für sich zu nutzen.