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Die Kosten des Unberücksichtigten

Beim Entscheiden verwirbeln sich im Windschatten bekannte und unbekannte Folgen zu Vor- und Nachteilen. Jegliche Maßnahmen, die wenigen Nutznießern einseitig Vorzüge gewähren, lassen selbst ernannte Widerständler aus allen Ecken der Gesellschaft laut aufschreien. Inwieweit die Nachteile der riesigen Rotorblätter eines Windkraftwerks schädlicher sind als der Super-GAU eines Kernkraftwerks, scheint im Auge des Betrachters zu liegen. Oder geht es mehr um die Windräder, die einzelnen Anwohnern die Aussicht verschandeln? Dabei nutzen Menschen Windmühlen seit über viertausend Jahren. Im 16 Jahrhundert gab es in den Niederlanden 10.000 und zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in Preußen über 18.000 verzeichnete Windmühlen. Wo wären wir heute, wenn die damaligen Bürger sich gegen technische Fortschritte gestellt hätten, wie Zeloten unterschiedlichster Glaubensrichtungen heute?

Die jetzigen Formen der Ludditen finden sich in allen Altersgruppen, politischen Parteien und Schichten. Sie sich daran gewöhnt, die Welt aus ihrer polarisierenden Sicht zu bewerten. Üblicherweise werden nur die Pros und Kontras der angestrebten Ergebnisse durchgespielt. Wir müssen den Radius unseres Beobachtungsradars bei der Auswahl wertfrei erweitern – unabhängig von den Interessen der Nutznießer.

  1. Entscheidende an allen Auswirkungen beteiligen
    Entschließungen führen zu vor- und nachteiligen Folgen. Stehen die Entscheidenden nicht für entstehende Nachteile ein, dann rücken Kriterien in den Mittelpunkt, die nichts mit der Sache zu tun haben. Die Grundlagen der Entscheidung ändern sich wesentlich, wenn die Entscheidenden auch die belastenden Effekte mittragen.
  2. Alle Folgen betrachten
    Die größte Verzerrung beim Entscheiden entsteht durch den eingeschränkten Blick auf die eigenen Vorteile. Zusätzlich werden erkannte Nachteile verharmlost. Beim Einschätzen verfälscht besonders das Ausblenden der Kollateralfolgen den Weitblick. Deshalb müssen mehrere Szenarien entwickelt werden, die ALLE Chancen und Risiken gleichberechtigt betrachten: die beiden Seiten des Tuns und des Nichtstuns.
  3. Widerstand vollkostenmäßig verrechnen
    Die Folgekosten von Aktionen sollten auf alle Betroffenen verteilt werden. Dies bedeutet, dass die Befürworter UND die Gegner ihren Beitrag an den Kosten leisten. Der Strompreis könnte abhängig von der Vor-Ort-Dichte an Windrädern bis auf null gesetzt oder bei lokalem Widerstand vervielfacht werden. Es bleibt allen überlassen, ob sie sich impfen lassen. Allerdings müssen Impfgegner mit Nachteilen bei der befürchteten Triage rechnen – entsprechend dem fehlenden gesellschaftlichen Beitrag an das Ende der Warteschlange verbannt zu werden. Mit derartigen Nachteilen erhalten die Widerständler weitere Kriterien, die sie bei ihrem Widerstand ins Kalkül einbeziehen können.
  4. Unabhängig vom Schreihalsprinzip entscheiden
    Unfairerweise gewinnen meistens diejenigen den Streit, die am lautesten schreien – opportunistische Politiker, Demonstranten und Lobbyisten. Fake-News und Propaganda erzeugen eine zusätzliche Infoflut, die den objektiven Überblick trübt. Gemeinnützige Beschlüsse sollten der Gesellschaft dienen, nicht persönlichen Interessen. Ein typisches Beispiel in der Politik ist die Absicht, Arbeitsplätze zu erhalten. Mit diesem Argument erhalten die Beschäftigten heute geringere Entgelte und die früher verbindliche Anstellung wird durch temporäre Verträge abgelöst. Prekäre Arbeitsplätze auszubauen, führt dann zu steigenden Gewinnen von Konzernen und ihren Funktionären – und Politiker bekommen ihre Wiederwahl gesponsort.
  5. Für eine gemeinsame Zukunft mit Gemeinschaftsgeist
    Wenn die Ergebnisse nicht mehr von den persönlichen Motiven kontaminiert sind, wird eine sachlichere und schnellere Beschlussfassung möglich. Alle Beteiligten brauchen hierfür einen Gemeinschaftssinn, der im Interesse des Ganzen die Alternativen abwägt. Die Vor- und Nachteile des Tuns UND des Nicht-Tuns sowie die mittelbaren Auswirkungen in angrenzenden Bereichen müssen erwägt werden.

Fazit: Das Gemeinwesen profitiert von Ergebnissen, die Vorteile für die Gemeinschaft erzeugen, anstelle für wenige. Möglich wird das, indem alle Perspektiven berücksichtigt werden. Das Ergebnis möglichst klein zu rechnen, führt zu verzögerten Nachteilen. Ergänzend müssen die Effekte des Nichts-Tuns und das Pro und Con der betroffenen Bereichen betrachtet werden. Welches Plus erzeugen die zusätzlichen Energiequellen eines neuen Windparks? Welches Minus? Was sind die Vorteile ohne Windpark? Was sind die Nachteile? Welche Bereiche sind darüber hinaus positiv und negativ betroffen? Egal wie Sie entscheiden, die Betroffenen sollten beteiligt sein – direkt oder mittelbar. Alle Folgen zu berücksichtigen, senkt die Folgeaufwände. Die einzelnen Parteien bezahlen ihren Anteil an den Vollkosten ihrer Absichten so wie sie ihren Vorteil daraus ziehen. Nach dem Schreihalsprinzip zu entscheiden, blendet wesentliche Einflüsse aus und mindert den angestrebten Nutzen. Nur mit Gemeinschaftsgeist stehen der Gesellschaft wünschenswerte Aussichten für alle offen. Ludditen, die diese Zukunft bedrohen, müssen für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden. Wutbürger, Opportunisten, Lobbyisten, wirtschaftliche Entscheider, Verschwörer und sonstige randständige Extremisten müssen die entstehenden Kosten des Unberücksichtigten tragen.

Der Blick in die Zukunft

Unsere Äußerungen sind von Natur aus auf das beschränkt, was wir mit Worten, Bildern und anderen Hilfsmitteln ausdrücken können. Die anfallenden Zeichen erschließen sich jedem unterschiedlich. Und obwohl wir wissen, dass es Menschen gibt, denen einzelne Sinneskanäle fehlen, wenn sie beispielsweise blind oder taub sind, können wir uns nur schwer vorstellen, dass uns weitere Kanäle fehlen. So spricht Rudolf Steiner von der Fähigkeit in der geistigen Welt wahrnehmen zu können – was nicht allen vergönnt ist, wir es uns nicht erlauben oder weil wir es einfach nicht bemerken. So wie es eine spirituelle Blindheit gibt, fehlt manchen die Fähigkeit in die Zukunft blicken zu können. Und wenn jemand über diese Gabe verfügt, dann wird ihm empfohlen: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Dabei ist der Blick in die Zukunft eine elementare Voraussetzung, um die Gegenwart zu gestalten, sodass man in der angestrebten Zukunft ankommt.

Für alle, denen die Übung fehlt, die Zukunft zu antizipieren, betrachten wir mal unterschiedliche Formen der Vorausschau.

  • Vision
    Die Vision ist der visualisierte Eindruck eines Zukunftsbildes. Es bietet einen Schnappschuss der vorgestellten künftigen Gegebenheiten – im nächsten Jahr, in zehn Jahren oder noch weiterer Ferne. Vermittelt werden Zustände, die jemand erwartet oder befürchtet, die da sind Utopien oder Dystopien. Die Menschen sollen dadurch begeistert oder verängstigt werden. Die fehlenden Beschreibungen dieser emotionalen Zukünfte werden von der Zielgruppe mit eigenen Details vervollständigt. Dadurch entsteht bei ihnen eine tief gehende Wirkung, die sie am Ende gefühlsmäßig mitreißt – nach unten in einem ablehnenden Teufelskreis oder sich selbst verstärkend in einer zustimmenden Aufwärtsspirale.
    Damit diese Wirkung entsteht, braucht es einen bedeutungsvollen Satz, der die Betroffenen benennt, was zu tun ist, für wen und wann.
  • Szenario
    Die verschiedenen Entwürfe sind erarbeitete Visionen mit mehr Inhalten. Dazu werden die politischen, ökonomischen, sozialen, technologischen, ökologischen oder rechtlichen Einflüsse ermittelt und mit unterschiedlichen Ausprägungen zu verschiedenen Entwürfen zusammengefasst. Als Ergebnis sollen sich deutlich unterscheidbare Extreme ergeben – bestmögliche und schlechtestmögliche. Für die einzelnen Entwürfe werden in der Folge entsprechende Förder- bzw. Gegenmaßnahmen erarbeitet.
    Wirkungsvolle Szenarien kennen keine Beschränkungen, wie stark sich die einzelnen Variablen der Einflüsse entwickeln können.
  • Strategie
    Die Ausarbeitung für die Zukunft wird unter Berücksichtigung einer bevorzugten Zukunftsvorstellung entwickelt. Hier finden sich weitere Einzelheiten der Vision, Mission, des gemeinsamen Grundverständnisses, der strategischen Ausrichtung, Ziele sowie Kerns. Sie verbindet mithilfe einer Roadmap die Gegenwart mit der vorgestellten Zukunft. Die laufenden Aktivitäten werden auf Kurs gehalten, indem sich die jährlichen Planungen daran orientieren.
    Die Güte der Marschroute ins Übermorgen zeigt sich an ihrem Fortschritt, d.h. der kontinuierlichen Annäherung an den angestrebten Wunschzustand.
  • Story
    Das Storytelling ist so beliebt, weil es ein zielgruppenorientiertes Narrativ liefert. In der Geschichte mischen sich die Gefühle der Vision mit dem detaillierten Bild der Szenarien und der Zeitleiste der Strategie. Ziel ist es, das Publikum zu begeistern und zur Beteiligung anzuregen.
    Die Story zieht ihre Kraft aus dem roten Faden, der nachhaltig im Gedächtnis bleibt und durch Mund-zu-Mund-Propaganda, ohne zusätzliche Marketingmaßnahmen, von Einem zum Anderen getragen wird. Bei dieser Weitergabe bleibt die ursprüngliche Botschaft erhalten, auch wenn sie sich durch immer neue Feinheiten weiterentwickelt. Gleichzeitig lässt sie sich einfach mit der eigenen Wirklichkeit verknüpfen, wodurch sie häufiger wiederverwendet wird.

Fazit: Die Zukunft zu kennen ist unmöglich, da die kommenden Einflussfaktoren im Vorhinein unbekannt sind. Ein gutes Beispiel ist das Internet, dass eine solch überraschende Verschiebung der Wirklichkeit für die gesamte Menschheit gebracht hat. Was wir jedoch beherrschen, ist es die Zukunft zu erahnen und im Anschluss mit Maßnahmen aktiv anzustreben. Die meisten Dinge entstehen im Verborgenen, wie man an Ludwig Kapeller sehen kann, der bereits 1926 den Begriff der Immersion beschrieben hat, just in dem Moment, als die ersten elektronischen Massenmedien aufkamen. Keine hundert Jahre später tauchen viele regelmäßig in der virtuellen Realität ihres Computers ab.
Es bleibt jedem selbst überlassen, ob und wie sie nach vorne schauen: mit einer Vision, mit Szenarios, der definierten Strategie oder einer gut erzählten Story. Entscheidend ist es, sich diesen Blick in die Zukunft zu erlauben. Nur so hat man die Möglichkeit, sie zur Wirklichkeit zu MACHEN.