Archiv der Kategorie: Geschäftsmodellierung

Geschäftsmodellierung umfasst Themen wie Geschäftsidee, Geschäftskonzept.

Unnötiger Reibungsverlust im Prozess

Geschäftliche Abläufe, wie die Entwicklung von neuen Leistungen, die Beschaffung von Material, die Herstellung von Waren oder der Vertrieb von Gütern, werden durch die aktive Steuerung von Prozessen im Business Process Management (BPM) verbessert. Hierfür werden die Abläufe beschrieben und Schwächen sichtbar gemacht, um die Abfolge der Aktivitäten so zu optimieren, dass das Richtige richtig gemacht wird, z.B.

  • die Kunden besser eingebunden sind,
  • die Auslieferung zuverlässiger abläuft,
  • die Durchlaufzeit verkürzt ist,
  • Aufgaben automatisiert sind,
  • Zeit und Kosten reduziert werden,
  • die Qualität steigt
  • und so weiter.

Die gewünschten Effekte lassen sich nicht erreichen, wenn bestehende Vorgehensweisen und Ansprüche dem echten Fortschritt im Weg stehen. Dies führt zu Reibungsverlusten, die nicht durch die Prozessgestaltung verschwinden.

Oft sind diese Hürden hausgemacht. Ein gutes Beispiel für behindernde Einstellungen ist der Umgang mit Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung.

  • Aufgaben ohne Kompetenz und Verantwortung
    Die tatsächliche Arbeit wird in Form einer Aufgabe durchgeführt. Üblicherweise wird etwas erzeugt, bearbeitet, fertiggestellt oder ausgeführt – z.B. Prototyp bauen, Oberfläche polieren, Gerät zusammenbauen, Auto waschen. Um in der Lage zu sein die Aufgabe zu erfüllen benötigen die Ausführenden angemessene Kenntnisse und Fertigkeiten.
    Fehlen jedoch die entsprechenden Kompetenzen sowie die Verantwortung für die Ergebnisse, dann wird die Erfüllung der Aufgabe bescheiden ausfallen.
  • Kompetenz ohne Aufgabe und Verantwortung
    Die Kompetenz beschreibt die Befugnisse, die man hat. Dazu gehören die Rechte etwas durchzuführen oder zu leiten – z.B. eine bestimmte Maschine zur Herstellung zu benutzen oder den Mitarbeitern Weisungen zu erteilen. Die entsprechenden Rechte müssen allen Beteiligten bekannt sein.
    Verfügt jemand über ausreichende Kompetenzen, hat aber keine Aufgabe oder Verantwortung, verpufft die Kompetenz wirkungslos.
  • Verantwortung ohne Aufgabe und Kompetenz
    Die Verantwortung beschreibt die Verpflichtungen, die man eingeht. Dabei kann es sich um Eigen- oder Mitverantwortung handeln – die Eigenverantwortung bezieht sich auf das eigene Tun und die Aktivitäten der direkt zugeordneten Mitarbeiter; die Mitverantwortung entsteht, wenn man mittelbaren Einfluss auf das Geschehen als Teil eines Teams hätte (im Sinne von mitgegangen mitgehangen).
    Einzelne schmücken sich gerne mit dem Schein von Verantwortung – vor allem, wenn sich daraus keine Konsequenzen ergeben, weil keine Aufgaben damit verbunden sind oder besondere Befugnisse beschafft werden müssen.

Einfach gesagt sollten Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung im Interesse von angemessenen Ergebnissen IMMER in einer Hand liegen. Es macht keinen Sinn jemandem eine Aufgabe zuzuordnen ohne die notwendigen Rechte zur Erfüllung und ohne die Verantwortung für das Ergebnis. Ein gutes Beispiel sind die japanischen Bandarbeiter, die Teilaufgaben bei der Herstellung eines Autos erfüllen. Sie haben das Recht und die Pflicht, das Band sofort zu stoppen, wenn sie einen Fehler finden. Dies ermöglicht die frühestmögliche Behebung des Fehlers. Dadurch vermeiden sie die Anhäufung von unnötiger Nacharbeit. Gleichzeitig werden aufwendige Entscheidungswege vermieden, die den Ablauf belasten würden.

Fazit: Die Gestaltung von Prozessen beginnt oft mit dem Einsatz von IT, in der Hoffnung, dass sich dadurch der Ablauf verbessern lässt. Dabei werden jedoch oft alte Regeln und Rollen beibehalten. In der Folge bleiben die  Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung in verschiedenen Händen. Auch wenn es schneller geht, wenn man nur einmal klicken muss, um seiner Verantwortung gerecht zu werden oder den Ausführenden zu erlauben, ihre Aufgaben zu erfüllen. Den größten Effekt erzielt man, indem man Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung den Personen überträgt, die die Aufgabe erfüllen. Sie wissen, was zu tun ist, können entscheiden, wie sie vorgehen, und strengen sich an, damit sie die geforderte Güte des Ergebnisses verantworten können. Auf diese Weise sind die Reibungsverluste in einem Prozess minimiert.

Der eigentliche Grund für BPM

Die Zeit vergeht und die Belegschaft arbeitet Schritt für Schritt, bis sie fertig sind. Fertig sein heißt, dass Kunden, die bereit sind, Geld für das Ergebnis auszugeben, die Leistung erhalten. Die wenigsten, die daran mitarbeiten, haben das Glück, direkt mit dem zahlenden Endkunden in Kontakt zu stehen. Meistens haben sie interne „Kunden“, die der Leistung ihren Teil der Wertkette beisteuern. Der gesamte Ablauf wird bestimmt durch die einzelnen Personen, die sich daran beteiligen. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir gelernt, dass die bewusste Gestaltung dieser Abläufe, der Geschäftsprozesse, viele Vorteile für alle haben: die Mitarbeiter wissen, was zu tun ist und die Verantwortlichen können den Prozess steuern. In manchen Fällen nehmen sich Unternehmen die Abläufe zum ersten Mal vor. In anderen Fällen erfolgt die Gestaltung zum x-ten Male. Warum betreiben sie diesen Aufwand für Business Process Management (BPM)?

Für die Ausarbeitung der Geschäftsprozesse gibt es viele Begründungen.

  • Silos in Tunnel umkippen
    Die Überwindung der Silogrenzen ist ein Hauptgrund für BPM – Doppelarbeit verschwindet, Verzögerungen beim Grenzübertritt entfallen, Siloegoismen werden aufgelöst. Auch der Tunnel hat seine Begrenzungen, die sich jedoch an den Ergebnissen und den Kunden ausrichten. Das ist jedoch nicht der wesentliche Grund für BPM.
  • Daten fließen lassen
    Die Flut an Informationen wird zukünftig weiter steigen, da immer mehr Abläufe digital transformiert werden müssen – Automatisierung der Abläufe; Digitalisierung der Leistungen; netzbasierter Zugriff auf alles, jederzeit und überall. Das ist jedoch nicht der wesentliche Grund für BPM.
  • Neutrale Einstufung zu erhalten
    Es ist schwer einzuschätzen, wie stark sich einzelne Personen anstrengen. Noch schwieriger wird es, wenn es sich um alle Mitarbeiter eines großen Unternehmen dreht. Die Lösung der vergangenen Jahre ist die Zertifizierung durch einen neutralen Dritten. Die Abläufe sind dabei für alle Beteiligten ein günstiges Ziel – sobald die Abläufe beschrieben sind, werden sie ja auch gelebt – oder nicht. Das ist jedoch nicht der wesentliche Grund für BPM.
  • IT-Lösungen zu ermöglichen
    Eine konkrete Manifestation der Abläufe findet sich in den IT-Systemen. Da die Vorgehen in ablauffähigen Programmcode verschlüsselt werden, müssen spätestens hier eindeutige Abläufe Das ist jedoch nicht der wesentliche Grund für BPM.
  • Ressourcen neu zu verteilen
    Die Aufbauorganisation wird weiterhin das wichtigste Werkzeug zur Verteilung von Hilfsmitteln und Rohstoffen bleiben. Die Nähe zur Wertschöpfung spricht jedoch dafür, die Mitarbeiter und Mittel für die Erbringung der Leistungen, eher einem Prozess zuzuordnen, da sie so besser mit den Ergebnissen abgeglichen werden können. Solange beide Ansätze verfolgt werden, müssen sich die Entscheider damit abfinden, dass sie keine konsistenten Zahlen für ihre Entscheidungen erhalten. Das ist jedoch nicht der wesentliche Grund für BPM.
  • Abläufe zu beschreiben
    Ohne die Beschreibung der Prozesse fehlt allen Protagonisten im Geschäft die sachliche Grundlage, um die Abläufe zu besprechen, bewerten oder zu ändern, klare Zuordnungen der Ressourcen und Daten zu ermöglichen, zertifiziert zu werden und die IT zu realisieren. Nur Druckbares ist Wahres. Das ist jedoch nicht der wesentliche Grund für BPM.

So sinnig, wie alle diese Begründungen sind, so sind sie doch immer nur Mittel zum Zweck. Am Ende geht es nicht um die Beschreibung des Ablaufs, sondern um das tatsächliche Geschäft. Der wesentliche Grund für BPM ist:

Kunden
zuverlässig angemessene Leistungen
auf Basis angewandter Best-Practice
zu liefern.

Dies geht nur, wenn die Kundenwünsche entlang der Wertschöpfung allen bekannt sind und die jeweils besten Abläufe durchgängig angewendet werden, um den Kunden die Leistung zu liefern, die sie bereit sind zu bezahlen. Die folgenden Aspekte unterstützen den wesentlichen Grund für BPM.

  • Nur das machen, was gefordert ist – nicht weniger
    Jeder Prozess hat Kunden: intern die Nachbarabteilung, die von fehlerfreien Inputs profitiert, obwohl sie nichts dafür bezahlt; externe Institutionen, die Anspruch auf Berichterstattung haben; und vor allem die Kunden, die das Ganze mit ihrer Bezahlung finanzieren.
  • Mit minimalem Aufwand, die Anforderungen erfüllen
    In allen Fällen gilt es nur das zu tun, was die Abnehmer einer Leistung tatsächlich benötigen: alle Mitarbeiter müssen ihren Beitrag zur Vermeidung von Fehlern leisten, damit nicht andauernd nachgearbeitet werden muss; das Finanzamt und die Aktionäre haben einen Anspruch auf korrekte Berichterstattung; die Kunden bestimmen die erforderliche Qualität durch ihre Bezahlung und anhaltende Loyalität.
  • Carpe diem
    Abläufe sind vor allem geprägt durch ihre Geschwindigkeit. Es geht nicht um maximale Beschleunigung, da dies zu schwer beherrschbaren Situationen führen würde. Auch die sich auflösende Strömung ist nicht wünschenswert, da dadurch die zeitgerechten Ergebnisse unmöglich werden. Ziel ist es das Gefälle so einzustellen, damit schnell und pünktlich möglichst viele Ergebnisse geliefert werden.
  • Das Sehenswerte erkennen zu können
    So früh wie möglich auf einen hinderlichen Vorfall reagieren zu können, erfordert Sichtbarkeit der aktuellen Situation. Selbst der solistische Handwerksmeister hat gleichzeitig mehrere Werkstücke in Arbeit. In Unternehmen ist es eine unbeschreiblich große Anzahl von Vorgängen, die gleichzeitig ablaufen. Die einzige Chance für einen Überblick bietet der gestaltete Ablauf – gepaart mit einer zeitgemäßen Herangehensweise an die sich ergebende Flut von Daten.
  • Wieder und wieder und wieder
    Nicht die Anzahl der Abläufe ist entscheidend, sondern die Tatsache, dass diese Prozesse wiederholt ablaufen – möglichst immer gleich. Auf der einen Seite rechnet sich dadurch der Aufwand der Gestaltung der Abläufe. Auf der anderen Seite erzeugt die Wiederholung des immer gleichen Ablaufs bei den Mitarbeitern Routine und Sicherheit, was der Güte der Ergebnisse zugutekommt.

Fazit: Während in der Vergangenheit die Wertkette überwiegend innerhalb des Werkzauns stattgefunden hat, so haben wir heute eine hochgradige, weltweite Vernetzung von Unternehmen aller Größen. Das verbindende Element ist der Geschäftsprozess, der beim Kunden beginnt und endet. Der Ablauf wird nicht durch die druckbare Beschreibung wichtig, sondern durch die gelebte Umsetzung, die sich Mensch und Maschine teilen. Der Mensch ist dabei der entscheidende Faktor, da selbst die Maschinen den menschlichen Bediener brauchen. Ohne die Mitarbeiter einzubinden, werden nur die Büros mit A0-Plots tapeziert und die Gestaltung der Prozesse findet fernab des Geschäfts im Elfenbeinturm statt. Sie sollten nicht den wesentlichen Grund für BPM mit dem falschen Schwerpunkt unterminieren: Kunden zuverlässig angemessene Leistungen auf Basis gelebter Best-Practice zu liefern.