Archiv der Kategorie: Bedeutungsgestaltung

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Dokumentiertes Unwissen

Ein großes Problem der Informationsgesellschaft ist die Tatsache, dass die Einzelnen

  • sich nicht bewusst sind, was sie alles wissen und
  • nicht greifen können, was sie nicht wissen.

Schon in der Antike hat Sokrates, der Wissende seiner Zeit, diesen Zustand mit dem Ausspruch „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ auf den Punkt gebracht. Unsere informationshungrige Gesellschaft wird durch das Dilemma angetrieben, viel zu erfahren und sich unentwegt informieren zu müssen. Dieser Drang nach Wissen führt zu permanenter Reizüberflutung, die nichts weiter schafft als dokumentiertes Unwissen.

DokumentiertesUnwissen

Unser Gehirn ist keine Festplatte, die alle 18 Monate ihren Speicherplatz und die Zugriffsgeschwindigkeit auf die gespeicherten Daten verdoppelt. Im Gegenteil. Eine chinesische Studie hat herausgefunden, dass unser Gehirn in den vergangenen 10.000 Jahren von 1500 cm3 auf 1350 cm3 geschrumpft ist. Und unsere Alltagserfahrung zeigt, dass wir anders funktionieren als ein digitaler Datenspeicher. Wir scheinen nie voll zu sein, darum

  • abonnieren wir mehr Zeitungen, Magazine, Online-Angebote, als wir verarbeiten können. Entweder stapeln sich die Papierberge im Zimmer oder im Müll;
  • kaufen wir Bücher, die immer dicker und immer seltener gelesen werden und über Jahre in den Regalen auf ihren ‚Verbrauch‘ warten;
  • verschicken und empfangen wir Unmengen von E-Mails, die unseren Briefkasten überlaufen lassen. Gleichzeitig wünschen wir uns auf immer mehr Verteiler, damit wir ja nichts verpassen;
  • konsumieren die Deutschen im Schnitt fast 4 Stunden Fernsehen am Tag – und erinnern sich am nächsten Tag bestenfalls an die Sendung, aber nicht an deren Inhalt;
  • verliert man sich beim Surfen im Internet.

Das dokumentierte Nicht-Wissen sind all die Informationen, die wir virtuell oder physisch vorhalten, um ja nichts zu verpassen. Wer nicht über einen zu großen Haufen an dokumentiertem Nicht-Wissen, in Form von ungelesenen Artikeln, Büchern, ungesehenen Filmen verfügt, der werfe den ersten Stein.

Das Defizit, das uns den Zugang zu bereits Bekanntem und zu Unbekanntem versperrt, führt nicht zu einem sparsamen Einsatz der Ressourcen. Wir machen nichts aus dem, was wir bereits wissen und drehen den Informationshahn immer weiter auf, um das, was wir meinen nicht zu wissen, aufzunehmen. Am Ende verspüren wir keinen Fortschritt.

Der Weg aus dieser Sackgasse beginnt mit der Veränderung der Überzeugungen, die uns antreiben.

  • Die eigene Leistungsfähigkeit akzeptieren
    Sobald wir verstehen, dass unsere Verarbeitungskapazität so gut oder so schlecht ist, wie bei allen anderen, können wir die vorhandenen Ressourcen besser nutzen.
  • Von allem wissen wir fast nichts
    Es gibt keine Personen, die weniger Nicht-Wissen haben, als man selbst. Dieses Nicht-Wissen zu akzeptieren, keine Angst zu haben Fragen zu stellen und Neugierde zur eigenen Tugend zu machen, baut den Druck ab.
  • Verhindern, dass Neues schnell verpufft
    Passive Aufnahme von Neuigkeiten führt zu schnellem Vergessen. Schneller, aktiver Einsatz der neuen Kenntnisse in Diskussionen beziehungsweise die schriftliche Zusammenfassung von neuen Erkenntnissen, führt dazu, dass man es sich besser merken kann.
  • Die Sinne für sich nutzen
    Am besten werden Informationen behalten, wenn sie uns einerseits über mehrere Sinneskanäle erreicht und andererseits unser bevorzugter Sinneskanal versorgt wird. Ist allen bewusst, über welchen Sinneskanal sie man am besten lernen – visuell, auditorisch, kinästhetisch?

Fazit: Das Fatale ist das fehlende Bewusstsein des bestehenden Wissens und die Unsichtbarkeit der Unkenntnis. Durch Anstrengungen kann dieses Manko nicht überwunden werden, sondern indem man sich von dokumentiertem Wissen löst und Bestehendes häufiger aktiv einsetzt, Dies funktioniert, wenn wir unsere Einstellungen wie oben beschrieben ändern, damit das Bedürfnis nach immer mehr dokumentiertem Unwissen sich auflöst.

Das Messer – zwischen Werkzeug und Waffe

Die ersten Faustkeile, die vor zweieinhalb Millionen Jahren von unseren Vorfahren geschaffen wurden, waren die Schweizer Messer der Steinzeit. Die extrem scharfen Kanten zum Schneiden oder Schaben und die stumpfe Seite zum Hämmern erweiterten die menschlichen Fähigkeiten im Alltag. Auch ohne entsprechende Belege kann man davon ausgehen, dass bereits damals das Messer auf der einen Seite als nützliches Werkzeug und auf der anderen Seite als tödliche Waffe genutzt wurde. Millionen von Menschen wurden im Laufe der Geschichte durch Messer getötet. Damit ist die Einstufung eines Messers hin und her gerissen zwischen Werkzeug und Waffe.

Messer

Fast alle Erfindungen verfügen über Schattenseiten. Es besteht einerseits praktischer Nutzen. Andererseits werden sie aber zu unerwünschten Vorhaben mit schrecklichen Folgen eingesetzt.

Dabei ist das Werkzeug ein Hilfsmittel, dass die menschlichen körperlichen und geistigen Fähigkeiten erweitert. Üblicherweise haben wir in unserem Haushalt ein größeres Set an Werkzeugen – von den Küchenutensilien, über den Werkzeugkasten mit Hammer und Schraubenzieher, bis hin zu unseren Computern und Fernsehgeräten. Wir setzen diese Instrumente ein, ohne uns bewusst zu machen, was wäre, wenn sie nicht da wären – beim Brotscheiden, bei einer Reparatur oder beim Lernen.

Waffen sind Objekte, mit denen Lebewesen und Dingen Schaden zugeführt werden soll, bis hin zum Tod bzw. der totalen Zerstörung. Der Einsatz ist eigentlich beschränkt auf bestimmte Spezialisten – Jäger, Polizisten, Soldaten. Damit haben die Wenigsten Zugriff auf Waffen, wären da nicht Werkzeuge, die eben auch zu diesen zerstörerischen Aufgaben genutzt werden können.

Aufgrund der nicht akzeptablen Nebenwirkungen, die manche Werkzeuge erzeugen, müssen sich Erfinder immer wieder fragen, ob sie sich mit der Entwicklung des Werkzeugs eine Schuld aufladen. Welche Fragestellungen könnten ihnen helfen?

  • Überwiegen die Vor- oder Nachteile?
  • Wird mehr Nutzen als Schaden angerichtet?
  • Zählen eher die Möglichkeiten, die sich auftun, oder die Gefahren, die entstehen?

Wahrscheinlich werden bei den meisten Werkzeugen die positiven Eigenschaften überwiegen. Das Messer hat bei Weitem mehr Vorteile im Haushalt als Nachteile als Tötungsinstrument. Der Nutzen des Schneidens ist größer als der Schaden des Umbringens. Die Möglichkeiten, die sich beim Schneiden von Stoffen oder chirurgischen Eingriffen ergeben, sind sicherlich bedeutender als der Schaden, der durch kriminelle oder staatliche Tötung entsteht.

Fazit: Ein Werkzeug ist immer auch eine latente Waffe. Nicht ohne Grund spricht man von Kriegs- oder TötungsWERKZEUGEN. Gibt es Werkzeuge, die die negativen Effekte einer Waffe, nicht beinhalten? Vermutlich nicht. An einem verbreiteten Artefakt wie einem Messer mit all seinen Ausprägungen wird dieses Dilemma deutlich.