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Der Schritt in die Customer Journey

Sobald Sie die Aufmerksamkeit der Kundschaft geweckt haben, sodass Sie deren Interesse für Ihre Angebote entwickeln können, damit der mögliche Abnehmerkreis einen Drang verspürt, Ihre Leistungen haben zu wollen, um schließlich einen Kauf zu tätigen, dann haben Sie den Quantensprung auf die Customer Journey geschafft. Die Touchpoints auf dem Weg zum Abschluss können die AnbieterInnen so ausgestalten, dass sie zu einem glücklichen Ende gelangen. Die Schwierigkeit besteht darin, einen Einstieg in diese Customer Journey zu finden.

Solange Ihre angestrebten Kunden bezüglich Ihrer einzigartigen Leistung ahnungslos sind, kommt Ihre Kundengewinnung nicht in Fahrt. Die folgenden Punkte helfen bei der Überwindung der ersten Hürde auf den Weg zu einem Abschluss.

Irritierende Botschaften senden

Um Ihr Überleben zu sichern, hat die Evolution uns darauf vorbereitet, dass wir auf unerwartete Reize instinktiv reagieren – bewegt sich etwas in unserem Gesichtsfeld, dann schauen wir in diese Richtung; hören wir unseren Namen in einer großen Ansammlung von Menschen, dann hören wir es trotz des Geräuschpegels; berührt uns jemand an der Schulter, wenden wir uns in die entsprechende Richtung; dringt ein markanter Geruch in unsere Nase, dann suchen wir spontan nach der Quelle. Diese Fähigkeit hat unser Überleben gesichert. Wir werden so vor unvorhergesehenen Gefahren gewarnt – der Säbelzahntiger, die Giftschlange, die Spinne, der Feind im Hinterhalt. Diese evolutionäre Fähigkeit lässt sich in unseren Zeiten nutzen, um Publikum anzulocken. Sinnliche, sprachliche, normative oder unlogische Aufmerksamkeitsfänger lassen sich auch im Handel nutzen.

  • Erzeugen Sie in Ihrem Einflussbereich Signale, die den Passanten auffallen und anregen, sich Ihrem Angebot zuzuwenden. Japanische Schaufenster locken Kunden mit Maneki-Nekos (i.e. Katzenfiguren, die mit dem linken Arm winken). Überall in der Welt finden sich in Schaufenstern blinkende Lichter, die das Interesse wecken. Bäckereien ziehen mit dem Duft von frischem Brot auch unentschlossene Käufer an.
  • Nutzen Sie Werbetexte, die die erlernten Muster der Vorübergehenden verletzen. So schaffen Schreibfehler, veränderte Redewendungen oder unerwartete Ursache-Wirkung-Beziehungen die gewünschte Aufmerksamkeit – z.B. Gldmangel; Probelmlösung; Der übliche Felher; Tschäinsch Mänätschment; In der Macht sind alle Katzen grau; Wer rast, der rostet.
  • Der Verstoß gegen die guten Sitten oder die Political Correctness schafft nicht nur spontane Aufmerksamkeit, sondern auch anhaltende Diskussionen. Beispiele für Schockwerbung lieferte in der Vergangenheit Benetton – ein ungewaschenes Neugeborenes; ein blutverschmiertes Hemd mit einem Einschussloch; der Kuss zwischen einem Pater und einer Nonne.
  • Verblüffende Fragen und Paradoxien wecken die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Was brauchen Sie jetzt nicht? Wollen Sie weiterkommen, wenn Sie stehen bleiben? Wie verlängern Sie Ihre Langeweile? Wir garantieren weniger für mehr; Sei spontan!
  • Zaubern Sie ein Stirnrunzeln auf die Stirn von Flaneuren, indem Sie ausführlich keine Informationen preisgeben. Hierzu schwärmen Sie von gigantischen Vorteilen, ohne diese zu benennen oder zu enthüllen, wodurch sie entstehen. Veröffentlichen Sie Ihre Telefonnummer (555 4711) mit der Schlagzeile Sie können anrufen, aber wir verraten trotzdem nichts. Verstecken Sie Ihr Angebot hinter einem Vorhang oder unter einem Tuch und nutzen Sie einen Countdown: Noch nn Tage!

Trojanische Pferde nutzen

Das hölzerne Pferd, das den trojanischen Krieg besiegelte, ist in den letzten Jahrzehnten in der IT zu neuen Ehren gelangt. Zwischenzeitlich hat das Marketing dieses Vorgehen für sich entdeckt. So lassen sich das Renommee und die Öffentlichkeit eines anderen Angebots mitnutzen, um eigene Angebote publik zu machen.

  • Mit Sponsoring werden Sie in Veranstaltungen sichtbar: Logopräsentation auf Veranstaltungsplakaten, -Verpackungen, -Werbeartikeln, -Bannern und sonstiger PR sowie durch das Hinzufügen von eigenem Infomaterial im Umfeld der Sponsoren.
  • Product-Placement zeigt die eigenen Produkte in einem ungewöhnlichen Umfeld – Film, Computerspiel, Buch, Magazin. Diese unerwarteten Auftritte erreichen Leute, die als Zielgruppe üblicherweise nicht berücksichtigt sind.
  • Im Rahmen von Affiliate-Marketing erscheinen Sie im Einflussbereich eines etablierten Angebots. Zusätzlich werden Sie zum Teil eines Affiliate-Netzwerks und profitieren dadurch von den anderen Partner.
  • Sie nutzen soziale Netze, indem Sie Beiträge oder Kommentare posten – mit einem entsprechenden Verweis. Je nach der Größe und Reputation des ausgewählten Zirkels erarbeiten Sie sich ein entsprechendes Ansehen.

Erlaubte Kaltakquise durchführen

Die Kaltakquise, d.h. die gewerbliche Kontaktaufnahme mit bisher unbekannten Personen, ist trotz rechtlicher Einschränkungen weiter der goldene Weg zur Gewinnung neuer Kunden.

  • Früher standen die Anbieter auf einem Markt und sprachen die Passanten an oder schrien ihre Angebote in die Menge. Dies kann heute noch funktionieren, wenn man einen Marktplatz mit Interessenten findet. Denkbar sind Messen und öffentliche Veranstaltungen von Verbänden und Vereinen.
  • Auch die klassischen Hausbesuche sind denkbar. Wenn es sich jedoch um Betriebe handelt, ist es entscheidend, bis zu den potenziellen Interessenten vorgelassen zu werden. Auf den Seiten der Unternehmen und in sozialen Netzen wie XING oder LinkedIn können Sie sich im Voraus über die Unternehmen und mögliche Kontakte informieren – und mit etwas Glück einen Termin vereinbaren.
  • Um Fremde mit Anschreiben zu kontaktieren, müssen sie persönlich angesprochen werden. Hierzu erweitern Sie die Anschrift um den vollen Namen des Empfängers. Der eigentliche Brief sollte auch persönlich formuliert sein. Software unterstützt bei der zeitaufwendigen Erstellung der Anschreiben.
  • Zu einer eigenen Wissenschaft hat sich die SEO Im Gegensatz zur großflächigen Medien- und Außenwerbung bietet dieser Ansatz neue Möglichkeiten. Hiermit können auch kleinste Zielgruppen erreicht werden. Darüber hinaus lassen sich die Folgemaßnahmen abhängig von der Reaktion der angestrebten Kunden programmieren (z.B. ClickFunnels).

Fazit: Für alle Firmen ist die Kundengewinnung ein kritisches Thema. Selbst Unternehmen, die auf Basis früherer Beziehungen bereits über Kunden verfügen, fragen sich, wie erschließe ich mir die 99% der Kunden, die ich nicht kenne, und vor allem: die mich noch nicht kennen. Berater unterstützen die Verwaltung des Marketing-Funnels (i.e. die Customer Journey in Richtung eines Abschlusses). Die Customer Journey startet nicht, bis der magische Quantensprung von der Ahnungslosigkeit zur Aufmerksamkeit stattfindet. Hierbei unterstützen irritierende Botschaften, Trojanische Pferde und die erlaubte Kaltakquise. Voraussetzung ist jedoch ein stimmiges Geschäftsmodell mit konkreten Angeboten. Auf der Grundlage der eigenen Möglichkeiten lassen sich dann die obigen Maßnahmen abwickeln, die im besten Fall den Schritt in den Funnel ermöglichen. Anstelle von teuren Beratern reicht ein nachvollziehbares Vorgehen mit entsprechenden Vorlagen (z.B. Fletchermethod). Ist der Weg in die Customer Journey damit garantiert? Leider nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit steigt, bemerkt zu werden.

Auf diese oder eine andere Weise führen

Nicht alle Vorgesetzten wollen Verantwortung tragen, sondern vor allem mehr verdienen. In Ermangelung von fachlichen Entwicklungspfaden bleibt ihnen nichts übrig, als eine Position zu übernehmen, die ihre Fach- durch Führungsanforderungen ersetzt: vor allem sich selbst und andere führen und fördern; Beziehungen aufbauen und pflegen; Zukunftsbilder entwickeln und Entscheidungen treffen; Probleme lösen; Ergebnisse abnehmen. Da Führungskräfte Multiplikatoren sind, verbreiten sich deren Überzeugungen in ihrem Einflusskreis z.B.

  • Ihr Menschenbild: der Mensch ist unwillig (Theorie X) oder der Mensch ist motiviert (Theorie Y)
  • Ihr Weltbild: die Welt ist eine Maschine oder ein Organismus
  • Ihr Führungsverständnis: Top-Down versus Bottom-Up versus Inside-Out
  • Ihr Beitrag: Richtung bestimmen versus Momentum erzeugen versus laufen lassen

Leadership wird gerne reduziert auf das CHARISMATISCHE UNIVERSALGENIE, dessen Fähigkeiten angeboren sind. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich ein Blick in das Buch Führen, Leisten, Leben von Fredmund Malik. Er verschiebt den Blick auf die Wirksamkeit der LeiterInnen durch Regeln und Grundsätze sowie auf ein Set von Aufgaben, Werkzeugen und Kommunikation.

In diesem Blockbeitrag entdecken Sie vier Rollen, die Sie als aufmerksame BeobachterInnen in Unternehmen finden.

  • AuftraggeberInnen
    Die Zeiten von Ludwig XIV. sind vorbei. Nichtsdestotrotz gibt es weiterhin autoritäre Führungsstile, die von oben nach unten durchregieren. Vorgaben werden diktiert. Politisch korrekt treten sie nicht mehr als autoritäre Despoten auf, sondern als Auftraggeber. Sie erwarten Pflichterfüllung ohne Widerspruch oder -stand. Die absolutistischen Herrscher der Vergangenheit verfügten über wenige Daten bei der Entscheidungsfindung. Jetzt stehen allen Beteiligten eine Flut von Erkenntnissen zur Verfügung. In der Folge laufen die heutigen PotentatInnen Gefahr, sich als Mikromanager zu entpuppen, die sich in die Feinheiten der Durchführung einmischen. Im Mittelpunkt steht der Auftrag. Mit klaren Vorgaben der Inhalte, des Zeitrahmens und des verfügbaren Budgets ist diese Rolle wirkmächtig. Die es schaffen, dabei autokratisches Verhalten zu unterdrücken, können viel erreichen.
  • VerwalterInnen
    Die Zeiten der sorgfältig aufgestellten Konzerne neigen sich dem Ende zu. Auch wenn weiterhin Größe angestrebt wird, lernen die EntscheiderInnen gerade, dass sie neue Ansätze für die Delegation brauchen. Das Gesetz der erforderlichen Varietät von Ashby hat uns beigebracht, dass die Vielfalt der Antworten größer sein muss als die der gestellten Fragen. Die normalerweise starre Aufbau- und Ablauforganisation wird durch dynamische Einheiten von ca. 150 Beteiligten ersetzt, die im Interesse des Ganzen weitgehend autonom handeln. Die übliche Verwaltung behindert diese Beweglichkeit, da sie mit ihren Regelungen keine Chance hat, allen möglichen Fällen gerecht zu werden.
    Im Zentrum steht die Beschreibung der Rollen, die AKVs (Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung). Das Geschick bei der Festlegung der Rollen sichert die Ausgewogenheit zwischen Gemeinsamkeit und Freiheit. Eine einprägsame Governance schafft das übergreifende Mindset. Entscheidend sind der angemessene Grad der Vorgaben und die großzügige Bewertung der Erfüllung.
  • VerkäuferInnen
    Die Zeiten der Allroundgenies, die alle Aspekte ihres Geschäft meistern, sind vorüber. In Ermangelung von Sachverstand nutzen beeindruckende Firmen ihre gestalterischen Quellen – z.B. wenn 3M dem Gestaltungswillen aller 10% ihrer Arbeitszeit bereitstellt, oder Google durch übergreifende Zusammenarbeit, einem anregenden Führungsstil und Ergebnisorientierung den MitarbeiterInnen die Freiräume verschafft, um immer neuer Angebote zu erzeugen.
    Hier geht es vor allem um Lösungen, die die Chance brauchen, sich am Markt zu bewähren. Damit das passiert, müssen vor allem ausgedehnte Freiräume geschaffen werden, die reichhaltig Mittel bereitstellen, um Ideen in Ergebnisse umzusetzen. In diesem Umfeld ist einerseits Toleranz und Offenheit und andererseits geschicktes Marketing notwendig, um die vorhandenen Möglichkeiten in Vorteile umzumünzen.
  • DienerInnen
    Die Zeiten der Top-Down Kommandokette sind mit der allgemeinen Verfügbarkeit von Daten verstrichen. Wissen ist Macht hat seine Bedeutung verloren, da Gruppen IMMER mehr wissen als Einzelne. Entsprechend wurde die Hierarchie auf den Kopf gestellt. Die Führungsebenen dienen jetzt ihren zugeordneten Einheiten (i.e. Servant Leadership). Damit am Ort des Geschehens das Richtige richtig getan wird, brauchen die Personen weitreichende Befugnisse und, wenn Schwierigkeiten auftreten, Unterstützung durch ihre Führungskräfte.
    Der Schwerpunkt liegt auf der Wirkung der Angebote – z.B. der bemerkbaren Güte, der Freundlichkeit am Point of Sales und der Zufriedenheit der Kunden. Hierfür müssen die MitarbeiterInnen in der Lage sein zu agieren – d.h. über ausreichende Mittel, Fachwissen und Unterstützung verfügen. Für diese Rolle sollten die Leader Einfühlungsvermögen, Verständnis und Präsenz haben.

Fazit: Althergebrachte Führungsansätze, d.h. autokratische Top-Down-Herrschaft, überbordende Bürokratie oder technokratische Siloorganisationen passen nicht mehr zu der rasanten VUKA-Welt. Wie die Rollen der Zukunft aussehen werden, liegt an Ihrem Erfindungsgeist. Die beschriebenen Funktionen verteilen sich auf den Achsen der Entscheidungsrichtung (Top-Down vs. Bottom-Up) und des Kommunikationsstils (einseitig vs. wechselseitig). Sie sollen die Leader von heute zum Nachdenken über ihre Rolle anregen und ihnen Impulse geben, den eigenen Arbeitsstil zu überdenken. Am Ende entscheidet jeder, ob er auf diese oder eine andere Weise führen will.