Archiv der Kategorie: Management

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SVC – Kapazitätskiller von oben

Arbeitsteilung wird bestimmt von der horizontalen und vertikalen Verteilung von Aufgaben. Der Feind dieser Gliederung ist der Mikromanager, der in die Aufgaben der MitarbeiterInnen hineinregiert. Eine typische Ausprägung ist der Supervisor Call (SVC) – der Kapazitätskiller von oben.

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Ursprünglich hatte der Supervisor Call die Funktion ein laufendes Programm auf einem Großrechner zu beenden. Durch Fehler im Programmcode kamen Programme nicht zu einem Ende. Um nicht den gesamten Rechner neu starten zu müssen, konnte ein SVC dieses Programm unterbrechen. Dabei musste stets entschieden werden, ob die Prozedur in einer unendlichen Schleife hängt oder einfach nur viele Daten verarbeitete. Erstaunlicherweise gibt es Führungskräfte, die nach einem ähnlichen Schema in ihren Organisationen vorgehen. Sie unterbrechen laufende Tätigkeiten ohne Rücksicht auf Verluste. Woran erkennt man sie?

  • Da niemand aus seiner Haut kann, müssen wir alle mit unserer selektiven Wahrnehmung leben. Wir beachten das, was uns im jeweiligen Moment am meisten fesselt. Diesem Bias entkommen auch nicht die Entscheider. Sobald man mit seinen Aktivitäten positives oder negatives Aufsehen erregt, kann es passieren, dass eine übergeordnete Instanz trotz aller Delegation sich zu einer direkten Einflussnahme hinreißen lässt.
  • Ähnlich verhält es sich mit dem blinden Fleck, der einem den Blick auf Besonderheiten verunmöglicht. Für Führungskräfte sind dies meistens die Beschränkungen, die ihnen ein Geld- oder Zeitbudget auferlegen und die sie nicht akzeptieren wollen. In den USA haben die Chefs hierfür „Stretched Goals“ erfunden. Mittlerweile kennen wir jedoch die negativen Effekte, wenn der Bogen überspannt wird.
  • Gute Führung ist gekennzeichnet durch einen Überblick über die vorhandenen und die bereits genutzten Ressourcen. Sobald diese Gesamtschau fehlt, summieren sich die Anforderungen weit über die vorhandenen Möglichkeiten. Fatalerweise bezahlen die Mitarbeiter dieses Defizit doppelt, da ihnen auch noch unterstellt wird, dass sie nicht bereit sind, sich ausreichend anzustrengen. Dies erzeugt eine kontinuierliche Unzufriedenheit, die die normale Leistungsfähigkeit senkt.
  • Ein wichtiges Instrument der Führung ist das Setzen von Zielen mit einer bestimmten Gewichtung. Die langfristige Planung bietet hierfür den übergreifenden Rahmen. Der Schaden, der durch wiederholte Umpriorisierungen angerichtet wird, ist immens. Nichts wird beendet. Angestrebte Veränderungen finden nicht statt. Persönliche Ziele werden nicht erreicht.
  • Ein gängiger Ansatz ist das temporäre Außerkraftsetzen von Prozessen, Hierarchien und Terminplänen. Und das, nachdem mit viel Aufwand die Strukturen entwickelt, abgestimmt und verabschiedet wurden. Aber wozu ist man vorgesetzt, wenn man nicht die Macht hat, diese Ordnung außer Kraft zu setzen, wann immer man will.
  • Beliebt ist die spontane Vergabe von Sonderaufgaben – vorbei an den installierten Dienstwegen. Dieses Umgehen der errichteten Rangordnung mit einer Übersteuerung von oben nach unten multipliziert sich durch die Frustration der übergangenen Ebenen. Am Ende sinkt in Erwartung dieser direkten Einflussnahme das Engagement der Beteiligten, da sie sich sowieso nicht durchsetzen können.
  • Besonders schwierig sind die Führungskräfte, die den Druck auf dem Kanal halten, in dem sie immer neue Ideen ausdenken. Sie unterminieren damit die Anstrengungen der Mitarbeiter die Ideen umzusetzen, die gerade erst auf den Weg gebracht worden waren. Von außen scheint es sich um kreative und aktive Chefs zu handeln, die Neues fördern. Dass sie am Ende nichts zu Ende bringen, merkt man meist erst, wenn sie auf der nächsten Stufe ihrer Unfähigkeit angekommen sind.
  • Vorgesetzte, die ihren Mitarbeitern nicht vertrauen, sind dazu verdammt nur das zu schaffen, was sie selbst leisten können. Dabei würde die entschlossene Übertragung von Aufgaben die Wirksamkeit des eigenen Zuständigkeitsbereichs dramatisch erhöhen.
  • Bemerkenswert sind auch die Menschen, die trotz fehlender Argumente und aus völliger Selbstüberschätzung die eigenen Ideen zum Maß aller Dinge zu machen. Sie leben ihr Weil-ich-es-so-will-Syndrom aus und machen sich noch nicht einmal die Mühe sich mit den Argumenten der Anderen zu beschäftigen. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die Organisation sie durchschaut.

Diese beispielhaften Symptome von Kapazitätskillern können Unternehmen überwinden, indem sie sich um ihre Unternehmenskultur kümmern. Das wichtigste Werkzeug ist dabei die regelmäßige Reflexion der Art und Weise, wie sich Führungskräfte verhalten und wie sie zu Entscheidungen kommen. Dies geschieht durch einen offenen Austausch von Meinungen innerhalb des Top-Teams und durch Befragung der Belegschaft. Auf dieser Basis sollten dann Wege gefunden werden, um diese ungeschickten Verhaltensweisen, wie dem SVC, zu vermeiden.

Fazit: Führung braucht klare Ziele, Rollen und eine konsequente Umsetzung. Die Vorgesetzten sind dabei Vorbilder, die durch alle Ebenen weitergegeben werden. Im positiven Fall geschieht das zum Vorteil der gesamten Belegschaft. Schädliches Verhalten hingegen kann lebensbedrohliche Auswirkungen für das Unternehmen haben. Ein guter Anfang ist die hartnäckige Vermeidung von SVCs – dem Kapazitätskiller von oben.

Schwung entwickelt sich immer von innen

Die Bereitschaft sich für eine Sache einzusetzen kann man nicht vorschreiben. Bestenfalls kann man versuchen, die Erfüllung einer Leistung durch Sanktionen zu erpressen. Dies gelingt jedoch nur bei einfachen, eher unkreativen Ergebnissen. Sollen Einzelne Engagement entwickeln, so bleibt einem nichts übrig, als einen aktivierenden Rahmen bereitzustellen, der in den Leuten den Wunsch weckt sich einzubringen. Schwung entwickelt sich immer von innen.

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Trotz dieser Tatsache wünschen sich Führungskräfte Möglichkeiten, diesen Schwung in den Mitarbeitern zu wecken. Drei allgemeine Aufsetzpunkte stehen zur Verfügung: formale, inhaltliche und persönliche Schwungräder.

  • Formale Schwungräder
    Mit formalen Maßnahmen, die auf das Unternehmen zugeschnitten sind, können Mitarbeiter aktiviert werden. Indem Leitlinien der Zusammenarbeit, klare Rollen, Führungs- und Förderungswerkzeuge bereitgestellt werden, kann sich Akzeptanz entwickeln. Die Leitlinien der Zusammenarbeit, die im Zusammenhang der Governance vorliegen sollten, umfassen klare Berichtswege, das Zusammenspiel der Mitarbeiter, Teilhabe der Mitarbeiter und Ähnliches. Die Rollenklarheit wird erreicht durch eine Auflistung der wesentlichen Rollen mit ihren Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen. Die Führungswerkzeuge sind charakterisiert durch gerechte Beurteilungssysteme, einen klaren Führungsstil, angemessene Zielvereinbarungen, wiederkehrende Feedback-Gespräche und ähnliche Werkzeuge. Die Förderungswerkzeuge dienen nicht nur der Verstärkung des Commitment, sondern auch der Zunahme der Zukunftsfähigkeit. Dazu gehören Trainings- und Skillmanagement, Karriereprogramme sowie eine leistungsorientierte Vergütung. In den täglichen Aktivitäten fällt es der Zielgruppe, durch entsprechende formale Verstärker, leichter sich zu committen.
  • Inhaltliche Schwungräder
    Die themenspezifischen Ansätze ergeben sich aus den Inhalten der Aufgaben. Sie umfassen vielfältige, spannende Aufgaben, die Konzentration auf einträgliche Elemente und sichtbare Ergebnisse sowie Aufträge, die Selbstständigkeit versprechen, einfallsreich sind und die Chance zu bemerkbarer Veränderung versprechen. Interessante Aufgaben sprechen die Interessen eines Mitarbeiters an. Die Angebotsvielfalt ergibt sich aus verschiedenen Vorhaben, die eine Erweiterung des Wissens ermöglichen. Verdienstvolle Elemente, wie interne Zertifizierungen oder Mitarbeitsdiplome, können in die Maßnahmen eingebaut werden. Sichtbare Ergebnisse werden durch einen offenen Umgang mit den Inhalten realisiert. Herausforderungen entstehen durch neue Themen, weitreichende Verantwortung und vor allem durch Eigenverantwortung. Die aufgesetzten Vorhaben sollten aus der Sicht der Arbeitsgruppen betrachtet werden und durch originelle Besonderheiten begehrenswert gemacht werden.
  • Persönliche Schwungräder
    Am heikelsten sind die persönlichen Ansätze zur Verstärkung, da sie auf die persönlichen Interessen der Einzelnen zugeschnitten sind. Sie werden durch internale Kontrollüberzeugungen ausgelöst. Dabei werden Gefühle von Selbstwirksamkeit, Gerechtigkeit, Zufriedenheit und Neugier ausgelöst. Interne Kontrollüberzeugung wird durch verschiedene Wahlmöglichkeiten, große Gestaltungsspielräume und Entscheidungs­freiräume vermittelt. Selbst wahrgenommene Kompetenz (Selbstwirksamkeit) ergibt sich aus Berücksichtigung der vorhandenen Fähigkeiten und persönlichen Angeboten. Gerechtigkeit wird vermittelt durch Offenheit, Fairness und Rechtssicherheit, die klar macht, dass alle gleichbehandelt werden. Zufriedenheit ergibt sich aus der angestrebten Einbeziehung der Zielgruppe ins Unternehmens­­geschehen und die Schaffung einer anstrebenswerten Identität. Neugier lässt sich durch entsprechenden Austausch von Informationen befriedigen. Die persönlichen Triebfedern müssen hierzu verstanden werden. Gleichzeitig sollte in den Initiativen ausreichend Gestaltungsraum bestehen, damit sich die einzelnen Personen einbringen können.

Fazit: Auch wenn man keinen direkten Einfluss auf die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter hat, stehen ausreichend Ansatzpunkte zur Gestaltung eines aktivierenden Rahmens zur Verfügung. Die formalen Schwungräder sollten dabei bereits selbstverständlich im Alltag eingesetzt sein. Die inhaltlichen Schwungräder ergeben sich aus dem Tatendrang des Auftraggebers, sofern dieser über das entsprechende Feuer verfügt. Die persönlichen Schwungräder sind am aufwendigsten, da man sich für die Menschen und ihre Bedürfnisse aktiv interessieren muss. Schwung entwickelt sich immer von innen – vor allem durch entsprechende Impulse von außen.