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Der blinde Fleck der Absatzförderung

Die Möglichkeiten des Internets machen jeden zu einem möglichen Anbieter von Produkten und Dienstleistungen. Dies führt zu unübersichtlichen Angeboten und fehlender Nachfrage an Ihren Leistungen. Aus diesem Grund kämpfen Sie mit allen Mitteln um Aufmerksamkeit. Um aus der Flut von Wettbewerbern hervorzustechen, bieten Heerscharen von Beratern Unterstützung bezüglich Social Media, SEO, Chat-Bots, Affiliate-, Influencer- und Online-Marketing uvm. Sie versprechen einen wachsenden Salesfunnel und dadurch mehr Umsatz. All diese Maßnahmen sind jedoch unwirksam, solange das Buhlen um die Leads das Verschicken von Angeboten um jeden Preis antreibt sowie die SEO-Gestaltung nichts weiter erzeugen als unendliche Arbeit, Kosten und den Verlust von Selbstvertrauen in die eigene Leistung.

Durch zu viel PR-Anstrengungen entsteht ein blinder Fleck, der auch die besten Werbemaßnahmen nicht auffängt – die mangelhafte Ausgestaltung der eigenen Leistungen.

  • Fokus auf das Falsche – lieber das Sortiment schärfen
    Es ist außer Frage, dass Werbung einen großen Einfluss auf die Umsätze hat. Allerdings wusste Henry Ford bereits: Einen Ruf erwirbt man sich nicht mit Dingen, die man erst tun wird. In unserer schnelllebigen Zeit scheinen die Entrepreneure das Pferd von hinten aufzuzäumen. Sie entwerfen mitreißende Werbung für ein Angebot, das bestenfalls in den Köpfen der Anbieter steckt. Die Ausarbeitung des Slogans verbraucht Zeit und Energie – wohlgemerkt, ohne eine vorzeigbare Leistung zu haben. Dabei bezahlen die Kunden für Ihr Angebot – im Zweifel sind sie nicht bereit, für etwas aufgrund der Aufwände für die Absatzförderung mehr zu zahlen.
    Darum: Bevor Sie sich in Werbemaßnahmen verheddern, machen Sie Ihre Produkte und Dienstleistungen verkaufbar – der Bäcker backt zuerst die Brötchen, bevor er sie anpreist.
  • Ablenkung durch SEO – lieber persönliche Kundengespräche führen
    Der eigentliche Zweck der Werbung ist Umsatzsteigerung – nicht zusätzliche Besucher auf die eigene Webseite zu locken. Die Vorannahme, dass die geschickte Gestaltung der Webseite und vor allem der Suchbegriffe (Keywords) zusätzliches Geschäft erzeugen durch die erhöhte Zahl von Besuchern, ist mehr Wunsch als Wirklichkeit. Eine Autowerkstatt mit begrenzten Stellplätzen und einer festen Anzahl MitarbeiterInnen kann nicht beliebig mehr Fahrzeuge abarbeiten. Deshalb benötigt sie nicht mehr Traffic auf der Webseite, sondern eher mehr Interaktion mit ihren Stammkunden. Im Gegensatz dazu kann sich ein Beratungsunternehmen besser an eine wachsende Anzahl von Aufträgen anpassen. Es kümmert sich darum, durch cleveres Marketing neue Kundengruppen und eine größere Reichweite zu erschließen und letztendlich zu bedienen. Allerdings ist es müßig zu werben, solange die Leistungen nicht stimmig vorbereitet sind. SEO ist eine Einbahnstraße, die Ihnen keine neuen Erkenntnisse liefert. Erst durch den wechselseitigen Austausch mit Ihren Kunden erfahren Sie, wo und wie Sie besser werden können.
    Darum: Sparen Sie SEO-Zeit und -Geld und beteiligen Sie stattdessen die Kunden an der Weiterentwicklung Ihrer Leistungen – sie erfahren Ihre Schwächen und können gleichzeitig zusätzliche und höherwertige Leistungen anbieten.
  • Knallhart in der Darstellung, banal in der Sache
    Die Aufmerksamkeitsspanne der Internetnutzer beträgt laut Microsoft acht Sekunden – dann geht es weiter zur nächsten Seite. Diese Dauer sagt jedoch nichts darüber aus, ob ein Link zufällig angeklickt oder nach genau Ihrem Inhalt gesucht wurde. Sie sollten sich bewusst sein, dass Sie gerade mal diesen Gliederungspunkt bis hierher gelesen haben und nur zu 70-80% verstehen. Potenzielle Käufer überfliegen die Inhalte nach ihren Schlüsselwörtern. Finden sie das Gesuchte nicht oder werden sie durch etwas anderes abgelenkt, gehen sie weiter und sind wieder weg. Wecken Sie jedoch deren Aufmerksamkeit, beginnen sie konzentriert zu lesen. Immerhin wollen sie eine Investition tätigen – je mehr etwas kostet, desto länger sind sie bereit, die verlockenden Erklärungen zu lesen, die Ihr Können verdeutlichen. Der oberflächliche Schein der meisten Webseiten weckt Zweifel bei den Lesern – Außen hui, innen pfui. Mit einer zu flachen Beschreibung der eigenen Leistungen haben Sie die Chance verpasst, einen Kunden für sich zu gewinnen, der bereits bei Ihnen ist. Halten Sie sich an die alte Designregel Form follows Function – Schärfen Sie Ihre Axt, bevor Sie Holz hacken.
    Darum: Niemand beurteilt ein Auto nur nach der Karosserie – stellen Sie sicher, dass alle Komponenten Ihres Angebots zusammenpassen und die erwartete Leistung erbringen.

Fazit: Es ist verständlich, dass Sie sich um eine anziehende Außendarstellung bemühen – vor allem, wenn Sie nicht ausgelastet sind. Jedoch steckt das Problem selten in einer schwachen Webpräsenz. Überzeugende Webseiten gibt es von der Stange. Ein paar Klicks und die Unternehmensfarben und das Logo sind eingearbeitet. Die gute Nachricht ist, dass die Kunden durch diese Standards sich leicht durch Ihre Angebote bewegen können. Wenn Sie dabei die immer gleichen Überschriften verwenden (z.B. Besser – Schneller – Weiter – Günstiger), dann heben Sie sich nicht von Ihren Wettbewerbern ab. Der Unterschied, der den Unterschied macht, ist eine Beschreibung Ihrer ganz besonderen Fähigkeiten. Wenn dieser Blick auf die Spitze des Eisbergs Ihrer Leistungen dann noch auf entsprechend vorbereiteten Vorgehen beruht, ist der Moment gekommen, sich gekonnt zu bewerben. Dabei gilt dann die Einsicht von Henry Ford: Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist rausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte. Gehen Sie jedoch zuerst in den blinden Fleck Ihrer Absatzförderung – die Produkte und Dienstleistungen. Das ist es, was Ihre Kunde zu bezahlen bereit sind.

SVC – Kapazitätskiller von oben

Arbeitsteilung wird bestimmt von der horizontalen und vertikalen Verteilung von Aufgaben. Der Feind dieser Gliederung ist der Mikromanager, der in die Aufgaben der MitarbeiterInnen hineinregiert. Eine typische Ausprägung ist der Supervisor Call (SVC) – der Kapazitätskiller von oben.

SVC2

Ursprünglich hatte der Supervisor Call die Funktion ein laufendes Programm auf einem Großrechner zu beenden. Durch Fehler im Programmcode kamen Programme nicht zu einem Ende. Um nicht den gesamten Rechner neu starten zu müssen, konnte ein SVC dieses Programm unterbrechen. Dabei musste stets entschieden werden, ob die Prozedur in einer unendlichen Schleife hängt oder einfach nur viele Daten verarbeitete. Erstaunlicherweise gibt es Führungskräfte, die nach einem ähnlichen Schema in ihren Organisationen vorgehen. Sie unterbrechen laufende Tätigkeiten ohne Rücksicht auf Verluste. Woran erkennt man sie?

  • Da niemand aus seiner Haut kann, müssen wir alle mit unserer selektiven Wahrnehmung leben. Wir beachten das, was uns im jeweiligen Moment am meisten fesselt. Diesem Bias entkommen auch nicht die Entscheider. Sobald man mit seinen Aktivitäten positives oder negatives Aufsehen erregt, kann es passieren, dass eine übergeordnete Instanz trotz aller Delegation sich zu einer direkten Einflussnahme hinreißen lässt.
  • Ähnlich verhält es sich mit dem blinden Fleck, der einem den Blick auf Besonderheiten verunmöglicht. Für Führungskräfte sind dies meistens die Beschränkungen, die ihnen ein Geld- oder Zeitbudget auferlegen und die sie nicht akzeptieren wollen. In den USA haben die Chefs hierfür „Stretched Goals“ erfunden. Mittlerweile kennen wir jedoch die negativen Effekte, wenn der Bogen überspannt wird.
  • Gute Führung ist gekennzeichnet durch einen Überblick über die vorhandenen und die bereits genutzten Ressourcen. Sobald diese Gesamtschau fehlt, summieren sich die Anforderungen weit über die vorhandenen Möglichkeiten. Fatalerweise bezahlen die Mitarbeiter dieses Defizit doppelt, da ihnen auch noch unterstellt wird, dass sie nicht bereit sind, sich ausreichend anzustrengen. Dies erzeugt eine kontinuierliche Unzufriedenheit, die die normale Leistungsfähigkeit senkt.
  • Ein wichtiges Instrument der Führung ist das Setzen von Zielen mit einer bestimmten Gewichtung. Die langfristige Planung bietet hierfür den übergreifenden Rahmen. Der Schaden, der durch wiederholte Umpriorisierungen angerichtet wird, ist immens. Nichts wird beendet. Angestrebte Veränderungen finden nicht statt. Persönliche Ziele werden nicht erreicht.
  • Ein gängiger Ansatz ist das temporäre Außerkraftsetzen von Prozessen, Hierarchien und Terminplänen. Und das, nachdem mit viel Aufwand die Strukturen entwickelt, abgestimmt und verabschiedet wurden. Aber wozu ist man vorgesetzt, wenn man nicht die Macht hat, diese Ordnung außer Kraft zu setzen, wann immer man will.
  • Beliebt ist die spontane Vergabe von Sonderaufgaben – vorbei an den installierten Dienstwegen. Dieses Umgehen der errichteten Rangordnung mit einer Übersteuerung von oben nach unten multipliziert sich durch die Frustration der übergangenen Ebenen. Am Ende sinkt in Erwartung dieser direkten Einflussnahme das Engagement der Beteiligten, da sie sich sowieso nicht durchsetzen können.
  • Besonders schwierig sind die Führungskräfte, die den Druck auf dem Kanal halten, in dem sie immer neue Ideen ausdenken. Sie unterminieren damit die Anstrengungen der Mitarbeiter die Ideen umzusetzen, die gerade erst auf den Weg gebracht worden waren. Von außen scheint es sich um kreative und aktive Chefs zu handeln, die Neues fördern. Dass sie am Ende nichts zu Ende bringen, merkt man meist erst, wenn sie auf der nächsten Stufe ihrer Unfähigkeit angekommen sind.
  • Vorgesetzte, die ihren Mitarbeitern nicht vertrauen, sind dazu verdammt nur das zu schaffen, was sie selbst leisten können. Dabei würde die entschlossene Übertragung von Aufgaben die Wirksamkeit des eigenen Zuständigkeitsbereichs dramatisch erhöhen.
  • Bemerkenswert sind auch die Menschen, die trotz fehlender Argumente und aus völliger Selbstüberschätzung die eigenen Ideen zum Maß aller Dinge zu machen. Sie leben ihr Weil-ich-es-so-will-Syndrom aus und machen sich noch nicht einmal die Mühe sich mit den Argumenten der Anderen zu beschäftigen. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die Organisation sie durchschaut.

Diese beispielhaften Symptome von Kapazitätskillern können Unternehmen überwinden, indem sie sich um ihre Unternehmenskultur kümmern. Das wichtigste Werkzeug ist dabei die regelmäßige Reflexion der Art und Weise, wie sich Führungskräfte verhalten und wie sie zu Entscheidungen kommen. Dies geschieht durch einen offenen Austausch von Meinungen innerhalb des Top-Teams und durch Befragung der Belegschaft. Auf dieser Basis sollten dann Wege gefunden werden, um diese ungeschickten Verhaltensweisen, wie dem SVC, zu vermeiden.

Fazit: Führung braucht klare Ziele, Rollen und eine konsequente Umsetzung. Die Vorgesetzten sind dabei Vorbilder, die durch alle Ebenen weitergegeben werden. Im positiven Fall geschieht das zum Vorteil der gesamten Belegschaft. Schädliches Verhalten hingegen kann lebensbedrohliche Auswirkungen für das Unternehmen haben. Ein guter Anfang ist die hartnäckige Vermeidung von SVCs – dem Kapazitätskiller von oben.