Schlagwort-Archive: Kundennähe

Eine Wertdisziplin auf Kosten der anderen

Es ist keine Frage der Machbarkeit, wenn man sich für seine Leistungen wünscht, dass man über die absolute Kundennähe, das beste Produkt UND die geschicktesten Abläufe verfügt. Schon der Wunsch als solcher ist bei näherem Hinsehen unrealistisch. Wer wünscht sich hier denn was? Normalerweise sind es die Kunden, die sich für eine der drei Seiten entschieden haben. Es sind die Entscheider der Unternehmen, die damit den Mitarbeitern vermitteln wollen, was ihnen wichtig ist. Allerdings geht der Schuss nach hinten los, wenn man in allen Dimensionen auf Maximum geht. Mit einer solchen Vorgabe verfehlen sie ihre Pflicht als Führungskraft zu entscheiden. Der übliche Spruch lautet: Das Eine tun und das Andere nicht lassen. Eine bevorzugte Wertdisziplin muss jedoch ausgewählt werden, weil sie nur auf Kosten der anderen umgesetzt werden kann.

Natürlich kann man sich das Unmögliche wünschen. Nichtsdestotrotz hilft das niemand. Im Gegenteil. Alle Wertdisziplinen gleichberechtigt zu maximieren, kann die Unternehmung das Leben kosten, weil sie damit in jedem Fall scheitert. Wer jetzt in sich Widerspruch aufkeimen spürt, sollte unbedingt weiterlesen. Schauen wir uns mal die drei Dimensionen an.

  • Kundennähe
    Schmidt, Müller, Walter – natürlich kennt man seine Kunden – zumindest ihre Namen, die Anschrift und, mit einem geschickten Berichtswesen, auch ihre Umsätze. Kundennähe entsteht jedoch erst, wenn man auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden eingeht, was zu unterschiedlichen, auf den Einzelkunden zugeschnittenen Produkten und Dienstleistungen führt.
    Dies geht jedoch nur auf Kosten der besten Angebote, die den neuesten Stand der Technik und der Gestaltung liefern würden sowie durch schlanke Abläufe, die durch Vereinheitlichung und Beschränkung auf das Wesentliche geprägt wären.
    Der maßgeschneiderte Anzug entsteht im engen Zusammenspiel zwischen Schneider und Kunde.
  • Produktführerschaft
    Eine weltbekannte Marke setzt die Maßstäbe für andere Anbieter in dem jeweiligen Geschäftsfeld. Dafür ist es erforderlich stets die neuesten technischen und gestalterischen Möglichkeiten einzubauen – und zwar bevor die Mitbewerber es tun. Dies ermöglicht in der Folge höhere Preise und, durch ein entsprechendes Marketing, den dafür erforderlichen Hype.
    Dies geht jedoch auf Kosten der Wünsche von einzelnen Kunden, deren Bedürfnisse vor allem ihre vergangenen Erfahrungen prägen sowie auf Kosten verbesserter Abläufe, die den Anforderungen der Neuerungen immer hinterherhinken würden.
    Apple lieferte mit dem Macintosh einen Computer, der durch die Ideen der Appleprogrammierer und der Designer von Frogdesign aus dem Schwarzwald erschaffen wurde.
  • Prozessführerschaft
    Die Abläufe bestimmen die Güte der Durchführung der praktischen Aufgaben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Zusammenspiel der beteiligten Bereiche, der Vermeidung von unnötigen Tätigkeiten sowie der zuverlässigen Wiederholbarkeit der Arbeitsschritte, um mit möglichst geringem Einsatz von Mitteln schnell und pünktlich ein großes Volumen erzeugen zu können.
    Dies geht jedoch auf Kosten der Wünsche der Einzelkunden, die damit den gesamten Ablauf verzögern könnten sowie auf Kosten des neuesten Stands der Produkte und Dienstleistungen.
    Die Lebensmittel-Discounter, wie z.B. Aldi und Lidl, sind in der Lage durch den nüchternen Verkauf direkt von der Palette, die besten Preise zu bieten.

Fazit: Es ist natürlich klar, dass die Entscheidung für eine Wertdisziplin nicht bedeutet, dass die anderen völlig außer Acht gelassen werden können. Kundennähe findet nicht statt, wenn der Artikel nicht eine bestimmte Reife mit sich bringt und die Kunden sich nicht darauf verlassen können, dass die Abläufe zu einer zuverlässigen Lieferung führen. Produktführerschaft ohne ein ausreichendes Verständnis der Kunden und ausfallsichere Abläufe, schadet dem Ruf der Erzeugnisse und Services. Prozessführerschaft braucht die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kundschaft sowie Leistungen, für die die Kunden bereit sind zu bezahlen. Was nicht geht, ist ein Spitzenplatz in allen drei Dimensionen, da

  • Kundennähe die für viele ansprechenden Produkte und standardisierte Abläufe ausschließt,
  • Produktführerschaft keine Rücksicht auf die einzelnen Kundenwünsche und Abläufe nimmt und
  • Prozessführerschaft es nicht schafft, auf jeden Kundenwunsch einzugehen und das originellste Produkt nicht bietet.

Dies gilt, auch wenn heute das Internet die direkte Interaktion mit dem Kunden verbessert, neue Leistungen schneller unter die Leute gebracht werden können und die Workflows in Echtzeit immer flexibler werden. Die festgelegte Wertdisziplin, die auf Kosten der anderen den Erfolg ausmacht, ist der Unterschied, der den Unterschied macht.