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Energieerhaltung in agilen Aktivitäten

Agile Aktivitäten werden von den tätigen Personen bestimmt, die greifbare Ergebnisse erzeugen. Jedes einzelne, das einen Beitrag zum Gesamtergebnis leistet, ist dabei von Bedeutung. Dies sind einerseits die memetischen Resultate – Ideen, Themen, Konzepte, Modelle, Pläne und Praktiken. Andererseits geht es um die physischen Produkte – Prototypen, Teile, Komponenten und Zusammenbauten. Damit die Möglichkeiten der Agilität ausgeschöpft werden, brauchen die Handelnden einen konstanten Energiepegel. Den Führungskräften bleibt dabei nichts weiter übrig, als selbst mit anzupacken oder alles zu tun, damit die Beteiligten sich nicht überarbeiten, ausbrennen, sondern ihre Energie erhalten bleibt.

Das Durchhaltevermögen von Mitarbeitern im Rahmen von agilen Projekten und vor allem die Dauer eines hohen agilen Energiepegels sind anscheinend noch nicht untersucht worden. Faktoren, die die Dauer beeinflussen und langfristig anspornen, sind unter anderem die folgenden Aspekte.

  • Positives Selbstbild
    Eine hohe Einschätzung des Selbstwertes ergibt sich aus den eigenen, erkannten Stärken (z.B. praktische Fähigkeiten, Kreativität) und der beherrschbaren Schwächen (z.B. Ungeduld, Detailversessenheit). Häufig wird das Selbstbild durch den Vergleich mit anderen Personen verstärkt.
    Die Führungskraft sollte alle störenden Impulse, wie z.B. das Gefühl mit den Mitarbeitern im Wettbewerb zu stehen, unterdrücken, um nicht an deren Selbstbild zu kratzen.
  • Ausgerichtetes Handeln
    Sobald die Mitarbeiter ihre Richtung gefunden haben, werden sie von allem gefesselt, was in diese Richtung geht. Das ganze Denken dreht sich um die Planung, Durchführung und Einführung der verschiedenen Teile sowie um ähnliche Ergebnisse, die Andere geschaffen haben.
    Die Führungskraft kann diesen Schwung fördern, in dem entsprechendes Material, Schulungen und Veranstaltungen dem Mitarbeiter verfügbar gemacht werden.
  • Echte Autonomie
    Das Gefühl sein eigenes Schicksal in der Hand zu haben und das eigene Fortkommen durch passende Maßnahmen festsetzen zu können, schaffen das Selbstbewusstsein, dass es erlaubt sich auf schwierigere Aufgaben einzulassen. Dies führt zu einer zuversichtlichen Einstellung, die mehr erreicht als eine negative.
    Die Führungskraft ist entscheidend für die Freiräume, die den Mitarbeitern zur Verfügung stehen. Dies erfolgt einerseits dadurch, dass sie sich nicht in jedes Detail einmischt sowie dass sie andererseits verhindert, dass andere die Eigenständigkeit der Mitarbeiter beschneiden.
  • Offizielle Anerkennung
    Die Ergebnisse, die die Mitarbeiter erzielen, sollten von der internen Öffentlichkeit honoriert werden. Dies kann durch entsprechende Veröffentlichungen in den verfügbaren Medien, Erwähnungen zu gegebenen Anlässen oder durch entsprechende Trophäen (z.B. Urkunden, Pokale und Abzeichen) erfolgen.
    Die Führungskraft ist dafür verantwortlich, die Mitarbeiter zu belobigen bzw. sich darum zu kümmern, dass die Leistungen nach außen sichtbar werden.
  • Gleichmäßige Auslastung
    Abhängig vom Typ arbeiten die Mitarbeiter in ihrem persönlichen Rhythmus. Es gibt Morgen- und Abendschönheiten, Kurzstrecken- und Langstreckenläufer sowie kurz- und langatmige, rhythmische und fließende Charaktere. Für alle gilt eine Unterbrechung ihres Arbeitsrhythmus als kontraproduktiv, da die Wiederaufnahme des Fadens immer viel Zeit in Anspruch nimmt.
    Die Führungskraft sollte die Rhythmen seiner Mitarbeiter kennen und alles dafür tun, dass sie nicht aus dem Rhythmus gebracht oder unterbrochen werden.

Während sich die Führungskräfte früher von oben herab mit Vorgaben, Anordnungen und Befehlen einmischten, hat sich jetzt das Weltbild auf den Kopf gestellt. Mit dem alten Ansatz würden sie die Mechanismen zerstören, die die Mitarbeiter in Bewegung halten. Im agilen Umfeld tragen sie die Bedürfnisse von allen Mitarbeitern auf ihren Schultern.

Fazit: Die proaktiven Akteure stehen im Mittelpunkt einer selbstorganisierten Welt. Ihr positives Selbstbild, ihr ausgerichtetes Handeln, ihr Bedürfnis nach echter Autonomie, ihre offizielle Anerkennung und ihre gleichmäßige Auslastung bilden neben anderen Aspekten die Voraussetzung für agile Vorgehensweisen. Die Führungskräfte haben die Aufgabe die Mitarbeiter in allen Bereichen zu unterstützen. Dadurch bleibt die Energie in agilen Aktivitäten länger erhalten.

Wer bin ich?

Das stimmige Selbstbild ist die Summe der Möglichkeiten, die einem insgesamt zur Verfügung stehen. Dies gilt vor allem für Einzelpersonen. Nichtsdestotrotz existieren auch Selbstbilder von Gruppen jeder Größe. So haben Kulturkreise, Nationen, Unternehmen und Spezialisten zusätzlich ein Verständnis ihrer Gruppe. Mitarbeiter müssen heute immer mehr in temporären Arbeitsformen zusammenarbeiten, in Teams, Joint Ventures und Ähnlichem. Dies erfordert, dass man immer häufiger sich neu integrieren und die Gemeinsamkeiten herausfinden muss. Alles beginnt mit der Frage: Wer bin ich?

Selbstbild02

Das Modell der Gestaltungsebenen von Robert Dilts ist ein praktischer Ansatz, um das Selbstbild zu beschreiben. Die folgenden Fragen sind daraus abgeleitet und sollten von Einzelpersonen, aber auch Gruppen beantwortet werden.

  • Welche Rollen lebe ich?
    Das Selbstbild wird bestimmt durch die Rollen, die man im Alltag abdeckt – beruflich und privat. Der Vorgesetzte ist gleichzeitig Chef, Kollege, Vater, Vereinsvorsitzender usw. Die Aspekte des Selbstbilds sind je nach Rolle unterschiedlich ausgeprägt – manchmal sogar gegensätzlich. Wir kommen im Alltag nicht umhin, verschiedene Rollen in Einklang zu bringen. Ein konsistentes Gesamtbild aller Rollen reduziert Spannungen.
  • Wo befinde ich mich?
    Entscheidend ist der Kontext, in dem man agiert. Er wird durch die Interessensgruppen, die geografische Reichweite und den Zeitrahmen festgelegt. Auch wenn die technischen Netzwerke diese Reichweite erhöhen, bleibt der Kontext der Wichtigste, in dem man persönlich präsent ist.
  • Was mache ich?
    Die Handlungen werden sichtbar an den eigentlichen Aktivitäten, den erkennbaren Verhaltensmustern und den geplanten Maßnahmen. Sie zeigen, was man tut (im Gegensatz zu dem, was man denkt zu tun). Spannungen ergeben sich dann, wenn man versäumt diese Unterschiede aufzulösen.
  • Was kann ich?
    Die fachlichen, methodischen, sozialen und systemischen Fähigkeiten setzen die Grenzen für die persönlichen Möglichkeiten. Auf Basis einer Übersicht der vorhandenen und den benötigten Fähigkeiten lässt sich der Lernbedarf ableiten.
  • Wovon bin ich überzeugt?
    Die Überzeugungen haben eine starke Auswirkung auf die Wahrnehmung, das Denken, die Verständigung und die Handlungen. Sie bestehen aus unseren Werten, Absichten und Beurteilungen. Da diese Inhalte schwer greifbar sind, ist es vorteilhaft, die Eckpunkte der persönlichen Überzeugungen explizit zu verdeutlichen und immer wieder anderen zu vermitteln.
  • Wo fühle ich mich zugehörig?
    Nicht nur der Kulturkreis prägt einen, sondern auch die individuellen Fachgebiete. Es ergeben sich dadurch persönliche, kollektive und öffentliche Ordnungs- und Orientierungsrahmen. Sie beeinflussen alle Ausprägungen von Rollen (s.o.). Schwerwiegende Widersprüche zwischen den verschiedenen Bereichen erzeugen Konflikte, die durch eine durchgängige Anpassung aufgelöst werden können. So verbieten beispielsweise religiöse Regeln, die Ausübung von bestimmten Rollen. Auch steht ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein im Widerspruch zu Berufen, die dafür bekannt sind, die Umwelt besonders zu schädigen.

Je harmonischer die Aspekte des Selbstbilds sind, desto leichter fällt die Ausübung einer Rolle und desto authentischer wird man von Anderen wahrgenommen.

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