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Die Agilität der Älteren

Denken wir an Agilität, dann denken wir im Alltag an Hundertjährige, die in guter Verfassung ihr Leben leben. Oder den Tai-Chi-Meister, der auch noch in fortgeschrittenem Alter seine Übungen macht. Oder der Unternehmer, der sein Unternehmen weit jenseits der Rentengrenze selbst führt. Oder der Concierge, der einem seit Jahrzehnten jeden Wunsch von den Lippen abliest und sich nicht zu schade ist, Besorgungen selbst vorzunehmen. Meistens werden die älteren Menschen als agil beschrieben, die sich eine gewisse Fitness erhalten haben. Auch Unternehmen wollen jetzt immer öfter agil werden. Können sie etwas von der Agilität der Älteren lernen?

Agilität im Geschäftsleben ist vor allem bestimmt durch das agile Manifest. Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass sich das Manifest auf die Entwicklung von Software bezieht. Außerhalb der IT-Abteilung gelten jedoch andere Bedingungen – weniger Entwicklung, mehr Routine, komplexere Zusammenhänge. Und trotzdem werden viele neue Ansätze mit dem neuen Adjektiv agil versehen – agiles Projektmanagement, agile Organisation, agile Produktentwicklung, agile Personalentwicklung.

Junge Start-ups sind von Natur aus dynamisch. Sie handeln ohne den Ballast der über die Zeit entwickelten Strukturen und Formalismen. Entscheidungen fallen, wo die Energie besteht und Tatsachen geschafft werden. Etablierte Organisationen wollen zurück in diese jungen Jahre, als sich alle unbürokratisch für das Ganze eingesetzt haben – natürlich mit  ihrer langjährigen Erfahrung. Was können diese Unternehmen von den agilen Alten lernen?

  • Die verbliebenen Fähigkeiten
    Das Geschick, um im aktuellen Kontext flink und findig auf die Herausforderungen zu reagieren, macht den Unterschied – Neues auszuprobieren, Bestehendes zu hinterfragen, aus sich heraus Energie zu entwickeln. Die arbeitsteilige Gliederung der Aufgaben erlaubt es nicht mehr, außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs aktiv zu werden. Unternehmen wollen den engagierten Unternehmer im Unternehmen und müssen dafür agil werden.
  • Die rüstige Konstitution
    Nachdem die dafür geschaffenen Bereiche ohne Unterlass neue Regeln, Formulare und Vorgehensweisen erzeugen, ohne je veraltete abzuschaffen, laufen die Unternehmen Gefahr senil zu werden. Die bestehenden Regelungen sind wie eine klobige Ritterrüstung, die keine Bewegungsfreiheit mehr bietet. Entbürokratisierung scheitert an der Bürokratie. Man kann ja auch nicht mit den Fröschen über die Austrocknung ihres Teichs verhandeln. Unternehmen behindern sich damit selbst. Es müssen offenere Formen der Regelungen gefunden werden, z.B. wertebasierte Governance.
  • Der robuste Aufbau
    Die Robustheit zeigt sich daran, wie widerstandsfähig und beständig die Beteiligten sind. Durchtrainiert und drahtig lassen sich die Schwierigkeiten der geschäftlichen Aufgaben sicherer bewältigen. Damit das Richtige richtig gemacht wird, müssen die Strukturen sich an den Ergebnissen und den Abnehmern orientieren – und immer wieder neu justieren.
  • Die grenzenlose Begeisterung
    Agile Teams sind euphorisch bei der Arbeit und stets Feuer und Flamme für ihr Thema. Leidenschaft ist der beste Treibstoff für den eigenen Ansporn. Grenzenlose Unternehmenslust reißt auch die mit, die gerade mal nicht so viel Schwung haben. Diese positive Energie lässt sich nicht verordnen. Dafür müssen passende Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Beteiligten Raum für Entscheidungen lassen – beispielsweise zeitliche Selbstbestimmung und inhaltliche Mitbestimmung.

Der Weg zur Agilität überwindet die Elemente, die einen normalerweise vergreisen lassen – rheumatoide Strukturen, sture Vorgehensweisen, eingeschränkte Wahrnehmung und verloren gegangene Mobilität. Störend wirken sich altersbezogene Unarten aus – fehlende Fehlertoleranz, erwarteter Vorrang von Älterem und stumpfe Regelbefolgung. Im Interesse der nachhaltigen Fitness des Unternehmens müssen die Entscheider die Verkalkungen in ihren Bereichen auflösen, da es ansonsten aufgrund von organisatorischen Thrombosen zu lebensgefährlichen Schlaganfällen kommen kann.

Fazit: Sobald ein gewisses Alter erreicht ist, müssen sich auch Unternehmen um ihre Fitness kümmern. Agilität schafft Möglichkeiten. Es ist wichtig, die überlebensnotwendigen Fähigkeiten zu erhalten oder sogar zu reaktivieren, nicht zeitgemäße Regelungen zu entschlacken, die Strukturen belastbar zu machen und eine positive Stimmung bei allen Beteiligten zu fördern. Dadurch wird Agilität zu einem Weg raus aus der organisatorischen Stagnation. Genau das können Unternehmen von der Agilität der Älteren lernen.

Wer bin ich?

Das stimmige Selbstbild ist die Summe der Möglichkeiten, die einem insgesamt zur Verfügung stehen. Dies gilt vor allem für Einzelpersonen. Nichtsdestotrotz existieren auch Selbstbilder von Gruppen jeder Größe. So haben Kulturkreise, Nationen, Unternehmen und Spezialisten zusätzlich ein Verständnis ihrer Gruppe. Mitarbeiter müssen heute immer mehr in temporären Arbeitsformen zusammenarbeiten, in Teams, Joint Ventures und Ähnlichem. Dies erfordert, dass man immer häufiger sich neu integrieren und die Gemeinsamkeiten herausfinden muss. Alles beginnt mit der Frage: Wer bin ich?

Selbstbild02

Das Modell der Gestaltungsebenen von Robert Dilts ist ein praktischer Ansatz, um das Selbstbild zu beschreiben. Die folgenden Fragen sind daraus abgeleitet und sollten von Einzelpersonen, aber auch Gruppen beantwortet werden.

  • Welche Rollen lebe ich?
    Das Selbstbild wird bestimmt durch die Rollen, die man im Alltag abdeckt – beruflich und privat. Der Vorgesetzte ist gleichzeitig Chef, Kollege, Vater, Vereinsvorsitzender usw. Die Aspekte des Selbstbilds sind je nach Rolle unterschiedlich ausgeprägt – manchmal sogar gegensätzlich. Wir kommen im Alltag nicht umhin, verschiedene Rollen in Einklang zu bringen. Ein konsistentes Gesamtbild aller Rollen reduziert Spannungen.
  • Wo befinde ich mich?
    Entscheidend ist der Kontext, in dem man agiert. Er wird durch die Interessensgruppen, die geografische Reichweite und den Zeitrahmen festgelegt. Auch wenn die technischen Netzwerke diese Reichweite erhöhen, bleibt der Kontext der Wichtigste, in dem man persönlich präsent ist.
  • Was mache ich?
    Die Handlungen werden sichtbar an den eigentlichen Aktivitäten, den erkennbaren Verhaltensmustern und den geplanten Maßnahmen. Sie zeigen, was man tut (im Gegensatz zu dem, was man denkt zu tun). Spannungen ergeben sich dann, wenn man versäumt diese Unterschiede aufzulösen.
  • Was kann ich?
    Die fachlichen, methodischen, sozialen und systemischen Fähigkeiten setzen die Grenzen für die persönlichen Möglichkeiten. Auf Basis einer Übersicht der vorhandenen und den benötigten Fähigkeiten lässt sich der Lernbedarf ableiten.
  • Wovon bin ich überzeugt?
    Die Überzeugungen haben eine starke Auswirkung auf die Wahrnehmung, das Denken, die Verständigung und die Handlungen. Sie bestehen aus unseren Werten, Absichten und Beurteilungen. Da diese Inhalte schwer greifbar sind, ist es vorteilhaft, die Eckpunkte der persönlichen Überzeugungen explizit zu verdeutlichen und immer wieder anderen zu vermitteln.
  • Wo fühle ich mich zugehörig?
    Nicht nur der Kulturkreis prägt einen, sondern auch die individuellen Fachgebiete. Es ergeben sich dadurch persönliche, kollektive und öffentliche Ordnungs- und Orientierungsrahmen. Sie beeinflussen alle Ausprägungen von Rollen (s.o.). Schwerwiegende Widersprüche zwischen den verschiedenen Bereichen erzeugen Konflikte, die durch eine durchgängige Anpassung aufgelöst werden können. So verbieten beispielsweise religiöse Regeln, die Ausübung von bestimmten Rollen. Auch steht ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein im Widerspruch zu Berufen, die dafür bekannt sind, die Umwelt besonders zu schädigen.

Je harmonischer die Aspekte des Selbstbilds sind, desto leichter fällt die Ausübung einer Rolle und desto authentischer wird man von Anderen wahrgenommen.

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