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Der Look – die ideale Metapher für die eigene Identität

Nachdem jede Anschauung im Internet publiziert werden kann, müssen wir uns einer unübersichtlichen Flut von Ansichten stellen. In diesem Dschungel der Standpunkte müssen wir die eigene Identität entwickeln. Das ist wie die Entscheidung für einen eigenen Kleidungsstil. Während früher allgemeine Modewellen nur wenige Alternativen boten, schlagen heute viele Stile ihre eigenen Wellen. Entsprechend bildet sich das Selbstbewusstsein, das sich nicht einfach den etablierten Gruppen zuordnen lässt – z.B. links-rechts, fort- oder rückschrittlich, (un)dogmatisch, (un)menschlich.

Sich einer Denkrichtung anzuschließen findet in unterschiedlichsten Kontexten statt. Jedes Mal führt das zur Übernahme eines anderen Denkens – immer wieder. Rollenkonflikte sind dadurch unausweichlich. Ausweg offeriert der überzeugte Entschluss für eine durchgängige Haltung. Die folgenden Schritte bieten einen Weg dorthin.

  • Sie müssen sich mit den Inhalten auseinandersetzen
    Ein Blick auf aktuelle Modetrends ist aufgrund der Flut an Angeboten nicht mehr möglich. Auch wenn die althergebrachten Modekonzerne an den jährlichen Shows festhalten, folgen KäuferInnen verstärkt neuen Labels außerhalb des Mainstreams. Influencer sichten zusätzlich die Angebote und treffen ihre subjektive Kommentare für andere. Auch der Laufsteg der geschäftlichen Identitäten folgt diesem Muster. Einerseits bieten Symposien und Messen Neuigkeiten bzgl. Geschäftsmodellen, IT oder Business Engineering. Es ist jedoch erforderlich, verstärkt neue Themen zu bedenken, wie New Work, Diversität, Industrie 4.0 und immer noch Globalisierung, um die harten Faktoren starrer Aufbau- und Ablauforganisationen sowie der betonierten Systemlandschaft aus einem anderen Licht beurteilen zu können.
  • Sie benötigen Ihr Wertesystem
    Neben dem eigenen Körperbau spielt das Selbstverständnis und das innere Wertesystem bei der Wahl der Kleidung eine Rolle. Diese Überzeugungen wirken vorwiegend unbewusst bei der Auswahl des Looks. Unzählige Medien liefern Ideen für jeden Trend. Dies gilt auch für den beruflichen Alltag. Für jede Aufgabe sind Filterblasen entstanden, die die immer gleichen Lösungen neu verpacken. Beratungsfirmen liefern eine stimmige Begründung für einzelne Themen, die von den Bereichen schließlich übernommen werden. Die Formulierung des eigenen Wertesystems hilft bei der Wahl einer Lösung.
  • Sie entscheiden in jedem Fall
    Am Ende des Tages ist es die verfügbare Garderobe, die definiert, was Sie anziehen. Sie haben zwei mehr oder weniger bewusste Entscheidungspunkte: bei 1) der Ausgestaltung des Kleiderschranks und 2) der spontanen Wahl aus dem Augenblick heraus. Ähnlich verhält es sich bei geschäftlichen Chancen. Im Vorteil sind die Gruppen, die vorbereitet sind, da nur die Möglichkeiten genutzt werden können, die verfügbar sind – je vielfältiger, desto besser vorbereitet sind Sie für die jeweilige Wahl. Aktiv oder passiv – in jedem Fall entscheiden Sie.
  • Sie müssen sich von Liebgewordenem trennen
    Jeder Kleiderschrank ist endlich. Dadurch muss von Zeit zu Zeit ausgemistet werden, um Platz für Neues zu schaffen. Besonders schwer ist es, sich von den lieb gewonnenen, alten Kleidungsstücken zu trennen, obwohl sie häufig nicht im besten Zustand sind. Das Gleiche gilt bei den geschäftlichen Bausteinen. Über die Jahre baut ein Unternehmen technische und organisatorische Altlasten auf, die die Belegschaft und das Budget mehr belasten, als das sie helfen. Leider vergessen die Verantwortlichen bei der Einführung von neuen Lösungen den Abbau der alten. Dies führt zu einer organisatorischen Verstopfung, die die Leistungsfähigkeit erheblich senkt.
  • Sie müssen ihre Entscheidung leben
    Wie immer Sie sich entscheiden, tragen Sie Ihr Outfit mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein. Sie haben die Alternativen kennengelernt, eigene Kriterien für die Auswahl entwickelt und sich bewusst entschieden – besser geht’s nicht. Im Geschäftsleben gibt es Abläufe, die diese Auseinandersetzung mit sich selbst möglich machen: Strategie, Planungen aller Art und formalisierte Entscheidungsprozesse. Wenn die Entscheidungen getroffen sind, sollten Sie immer wieder durch entsprechende Erwähnung und Würdigung untermauert werden, damit alle Beteiligten verstehen, was gilt.

Fazit: Die Identität ist ein wichtiges Element für den Zusammenhalt der Belegschaft. Aus diesem Grund sollte pro-aktiv ein Rahmen geschaffen werden, der die Zusammengehörigkeit fördert. Um sich entscheiden zu können, setzen Sie sich mit den Möglichkeiten auf Basis von eigenen Kriterien auseinander und entscheiden. Damit die gewünschte Wirkung erzielt wird, müssen Sie sich von lieb gewonnenen Gewohnheiten trennen und die neuen Ansätze selbstbewusst und offen fördern. Da der Kleidungsstil ähnliche Aspekte betrifft, ist er die ideale Metapher für die Identität.

Grenzen Los Lassen

In Zeiten der klassischen Kommandokette haben sich viele Kettenglieder mehr Offenheit gewünscht. Je stärker die Teilnehmer verkettet waren, desto länger und unflexibler haben sich die Unternehmen bewegt. Mit der Einführung von Computern wurde zwar das Zusammenspiel durch die Virtualität beschleunigt. Allerdings wurde gleichzeitig jeder Bestandteil immer mehr verfeinert und die Anzahl der Verbindungen erhöht. Mit fortschreitender Strukturierung kam der Ruf nach mehr Offenheit – mehr Flexibilität, mehr Kontaktmöglichkeiten und mehr Zusammenarbeit intern und extern. Die digitale Transformation ermöglicht heute die weltweite Vernetzung von Unternehmen, Gruppen und Individuen. Diese Offenheit wiederum macht heute vielen Angst – es fehlen klare Grenzen, Möglichkeiten zur Identifikation und Handlungsrahmen. Starr geht nicht und offen geht nicht. Was tun? Grenzen Los Lassen.

Wie starre Offenheit denkbar werden kann, schauen wir uns mal an an. Arbeiten wir uns entlang der Worte: Grenzen Los Lassen.

  • Grenzen
    Mit diesem Wort wird ein System mit bestimmten Eigenschaften festgelegt, denen sich die Einen verpflichtet fühlen und die Andersartige ausgrenzen. Der Zusammenhalt wird durch gemeinsame Ziele, Regeln und Überzeugungen bestimmt.
    Den Unterschied macht in diesem Fall die Durchlässigkeit der Grenzen – Verschlossenheit durch unüberwindbare Trennungslinien; permeable Offenheit in beiden Richtungen.
  • Los
    Bündelt man locker eine Menge von Einzelteilen, erhält man eine Charge, die in einem Schwung verarbeitet wird. Dies könnte auch eine Menge von Vorfällen sein, die locker auf einen (un)vorteilhaft niederprasseln. Oder der Startschuss für den nächsten Schritt.
    Den Unterschied macht in allen Fällen die Aktion, die entschieden durchgeführt wird – etwas zu tun und sich den Konsequenzen zu stellen.
  • Lassen
    Die Bereitwilligkeit sich auf etwas einzulassen oder zuzulassen hat einen großen Einfluss auf den Eindruck der Ver- oder Aufgeschlossenheit eines Systems. Spannungen entstehen, wenn sich der Zusammenhalt verkrampft und aggressiv seine Grenzen verteidigt. Und auch, wenn er sich durch unbegrenzten Zufluss von Ungewohntem auflöst.
    Den Unterschied macht das Wachstum – die gesunde Balance zwischen inhaltlicher Erstarrung und Auflösung.
  • Grenzenlos
    Die Vermeidung von Grenzen geht einher mit dem Verlust von Identität. Das Gefühl der Zugehörigkeit ergibt sich aus den gemeinsamen Werten und Ritualen. Ohne die Festlegung von Grenzen können sich die Einzelnen nicht einordnen bzw. austauschen.
    Der Unterschied ist die Form der Grenzziehung – dogmatische Grenzen erzeugen Gewalt; bedingungslose Offenheit führt zu unerfülltem Selbstbewusstsein und am Ende auch zu Gewalt.
  • Grenzen lassen
    Einfach Grenzen zu öffnen ist ungeschickt, da die Mitglieder einer Gruppe über das Fehlen von Grenzen nicht unbedingt glücklich sind (s.o.). Ignoriert man die Abgrenzung, werden wir durch unsere Gene angetrieben, unser Territorium zu verteidigen.
    Den Unterschied macht die Toleranz – Mauern müssen nicht gleich eingerissen werden, sondern brauchen nur angemessene Passagen und Regeln, um sich austauschen zu können.
  • Loslassen
    Man sollte sich nicht an dem festhalten, was das Denken und das Handeln beschränkt, oder auf dem Althergebrachten bestehen. Neu gedacht werden kann nur, wenn man das Gewohnte zumindest pausieren lässt. Dadurch entstehen Offenheit und die notwendigen Treffpunkte, um sich durch neue Ideen zu verbessern und zu erweitern.
    Der Unterschied entsteht mit der kontinuierlichen Erweiterung des Systems – Systeme, die sich nicht öffnen kollabieren; Systeme, die Offenheit für die eigene Entwicklung nutzen, wachsen nachhaltiger.

Fazit: Ob man jetzt die Grenzen loslässt oder grenzenlos lässt, bleibt dem Leser überlassen. Das Durchmischen der Worte hat hoffentlich bewusst gemacht, dass es um die Grauzone zwischen Grenzenlosigkeit und dem Eisernem Vorhang geht. Systeme haben keine Chance zu überleben, wenn sie sich abkapseln oder sich grenzenlos fraktalisieren. GrenzenLosLassen – die Auslegung liegt im Auge des Betrachters.

P.S.: Wer die Grenze der heutigen Zeichnung erkennt, hat verstanden.