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Schmackhafte Köder für den Fisch

Die meiste Zeit sind wir alle Kunden. Trotzdem scheint es beim Geschäft schwerzufallen, die eigene Sicht, die Anbietersicht, zu verlassen und auf den Standpunkt des Kunden umzuschalten. In der Folge werden die Angebote, aus dem eigenen Blickwinkel bearbeitet. Ungeschickterweise interessieren sich die Kunden erst in zweiter Linie für die Anbieter und wie sie beabsichtigen die Abnehmer glücklich zu machen oder welche Kunden sie bereits haben. In erster Linie verwenden die Abnehmer ihre eigenen Blickwinkel, mit denen sie das Angebot begutachten. Diese Gläser filtern nicht nur bestimmte Aspekte heraus, sondern sie wirken auch wie Scheuklappen, die einem den Blick nur auf einen eingeschränkten Ausschnitt erlauben. Die Anbieter sollten diese Sichtweisen stets vor Augen haben, wenn sie das Angebot vorbereiten – am Ende muss der Köder dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

Schauen wir uns wichtige Kundenbrillen an.

  • Worum es geht
    Würden nur die Leistungen angeboten, die es schon immer gab, nur etwas besser, dann würde das Marketing bis heute Faustkeile bewerben. Die Veränderungen, die Gutenberg, Benz, Jobs oder Hopp et al. der Welt bescherten, waren für viele nicht sofort verständlich. Buchdruck, Automobil, PC und Standardsoftware waren disruptive Paradigmen, deren Bedeutung erst mit der Zeit sichtbar wurden. Die Abnehmer beschäftigen sich schon immer bevorzugt mit dem eigenen Kerngeschäft und haben wenig Zeit für sie fachfremde Neuerungen zu erfinden. Auch deshalb wenden sie sich an externe Anbieter. Allerdings brauchen die Kunden als Einstieg angemessene Erläuterungen der Themen, Ziele, Funktionen und der Bedeutung der Lösungen für ihr Geschäft, damit ihr Interesse geweckt wird. Mit dem Argument „Das wissen sie doch“, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, das andere den Zuschlag erhalten.
    Grundsätzliche Aspekte sollten nie vorausgesetzt, sondern passend zur Zielgruppe erläutert werden.
  • Was es heute und in Zukunft attraktiv macht
    Es ist möglich, dass ein Angebot gerade durch seine mystischen Neuerungen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit weckt. Denken wir nur an Andreas Pavel, mit seinem Patent für eine „körpergebundene Kleinanlage für die hochwertige Wiedergabe von Hörereignissen“, dass das stationäre Musikerlebnis befreite. Wer hätte in einem Hi-Fi-Laden nach einem Walkman gefragt? Es sind die sachlichen und emotionalen Begründungen, die Kunden unwiderstehlich anziehen – i.e. die angebotene Funktionalität, die Integrierbarkeit in die vorhandene Landschaft, die Handhabbarkeit und Unterstützung bei der Anwendung sowie Referenzen von bestehenden Kunden und vor allem die Gestaltung des Angebots.
    Auch wenn die sachlichen Argumente im Vordergrund zu stehen scheinen, bestimmt das Bauchgefühl. Der Blick durch die Kundenbrille zeigt die Bestandteile, die den Kunden neugierig machen und im Angebot besonders hervorgehoben sein sollten.
  • Warum es langfristig viabel oder nicht ist
    Die langfristige Lebensfähigkeit der angebotenen Leistung spielt eine große Rolle bei der Bewertung durch die Abnehmer. Die zuverlässige Erbringung der Leistung steht im Mittelpunkt, vor allem unter den speziellen Bedingungen des Kunden. Treten Grenzen der Belastbarkeit auf, sollten passende Erweiterungen die dauerhafte Nutzung sicherstellen. Da die meisten Bausteine nicht auf der grünen Wiese eingerichtet werden, ist die Anschlussfähigkeit an die vorhandenen Bausteine zu gewährleisten. Es bringt nichts, Schnittstellen zu bewerben, die beim jeweiligen Kunden gar nicht benötigt werden. Diese Kriterien gelten nicht nur für den Moment der Einführung, sondern auch in Zukunft für den Betrieb und die abschließende Entsorgung.
    Das Angebot sollte auf die besonderen Gegebenheiten des Kunden zugeschnitten sein. Es garantiert die Vollständigkeit, erhöht das Kundenvertrauen und damit die langfristige Kundenbindung.
  • Was passieren muss, um machbar zu sein
    Da nicht alle Gegebenheiten im Voraus bekannt sind, sollten die Voraussetzungen für den Einsatz klar beschrieben sein. 1) Die Mitarbeiter sollten in der Lage sein, das Neue zu beherrschen. Erinnern wir uns an die Einführung der PCs. Die Probleme begannen damals nicht mit der geschäftlichen Anwendung, sondern bereits bei dem neuen Eingabegerät, dem X-Y-Positions-Anzeiger für ein Bildschirmsystem – später Maus genannt. 2) Die Infrastruktur muss in der Lage sein, das Produkt aufzunehmen – es muss anlieferbar sein und ausreichend Stellplatz haben und über die benötigten Anschlüsse verfügen. 3) Die geografisch kulturellen Besonderheiten müssen berücksichtigt werden – z.B. verschiedene Sprachen und kulturell-bedingte Bedienungselemente.
    Kunden honorieren es, wenn ihre Rahmenbedingungen erkannt und berücksichtigt oder zumindest die Prämissen klar beschrieben sind. Aus diesem Grund sollten die bekannten Leitplanken erwähnt, sowie Erfordernisse klar aufgezeigt werden. Passt das Angebot nicht, dann wird die fehlende Machbarkeit früher oder später sowieso sichtbar.
  • Welcher Aufwand insgesamt erforderlich ist
    Nachdem man das Angebot kennt, lohnt sich der Blick auf den Aufwand. Was kostet es? Was muss man für die Einführung aufwenden? Wie viel kostet der Betrieb? Und was erfordert die Instandhaltung? Dabei geht es um die erforderlichen Finanzen, den Zeitaufwand, der zu Verzögerungen im täglichen Geschäft führen kann, sowie das erforderliche Personal (intern/extern). Die verfügbaren Ressourcen sollten möglichst ermittelt oder zumindest angenommen werden, um ein angemessenes Angebot zu erstellen. Ein niedriger Preis mit einer viel niedrigeren Leistung ist immer schlechter als ein hoher Preis mit einer viel höheren Leistung. Wenn der geplante Aufwand der Abnehmer nicht bekannt ist, sollten zumindest die benötigten Aufwände klar aufgezeigt werden. Die Kunden können dann selbst entscheiden. Anbieter, die ihre Karten nicht offenlegen, werden langfristig den Kürzeren ziehen.
  • Was dafür oder dagegen spricht
    Eine hilfreiche Kundenbrille vermittelt einem die erwarteten Vor- und Nachteile. Auch diese können erfragt oder antizipiert werden, um das Angebot entsprechend anzupassen. Der kundenbezogene Business Case, in dem alle Bestandteile aufgelistet und bewertet sind, liefert die relevanten Aspekte: z.B. Auslöser der Anfrage/ Gründe für das Projekt; Handlungsalternativen; Erwartungen, bezüglich Nutzen, Risiken, Kosten und Zeitrahmen. Verschiedene Szenarien stellen sicher, dass andere wichtige Lösungen nicht übersehen und von vorneherein ausgeschlossen werden.
    Der Kunde sollte in die Lage versetzt werden nicht nur auf Basis von Berechnungen, sondern auch aus einer emotionalen Perspektive die Vor- und Nachteile bewerten zu können. Die Ermittlung der erwarteten Pros und Cons helfen beim Verständnis der Kunden.

Fazit: Die unterschiedlichen Kundenbrillen liefern dem Anbieter die Eckpunkte, an denen das Angebot ausgerichtet wird. Der einzelne Kunde braucht nicht alle diese Sichten. Kennt man die Bedürfnisse, kann man sich auf seine Sichtweise einstellen. Welche Perspektive für den Kunden kaufentscheidend ist, erkennt man erst im Nachhinein. Zusammenfassend sollten die Kunden den Sinn und Zweck des Angebots verstehen, es sollte für ihn reizvoll, langfristig nutzbar, mit den vorhandenen Gegebenheiten machbar sein und mehr Vor- als Nachteile liefern. Sie verkaufen nicht den Service, den sie als Anbieter bevorzugen, sondern den, den der Kunde mag. Der Köder muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch.

Verhandlung ist gegenseitige Bereicherung

Eine Verhandlung ist das interessengesteuerte Tauziehen, um eine Vereinbarung zu erlangen. Dabei kann es sich um den Kauf von Hardware, die Vereinbarung einer Dienstleistung oder sonstige abgestimmte Interessen handeln. Die angenommene Beziehung zwischen den Verhandelnden hat einen großen Einfluss auf die Verhandlung. Befindet sich ein Bewerber im Einstellungsgespräch, entscheidet die Frage, wer wem etwas anbietet, über die jeweilige Verhandlungsposition. Bei Billigjobs steht der Bewerber auf verlorenem Posten, da der nächste bereits auf diese Chance wartet. Rare Spezialisten werden eher umworben und sind damit in der besseren Position. Diese Schwarz-Weiß-Situationen sind eher einfach zu bewältigen. Schwierig wird es, wenn die Gesprächspartner sich der Illusion hingeben, alle Trümpfe in der Hand zu halten und ohne Maß pokern. Damit Verhandlungen auf Augenhöhe und zu beiderseitiger Zufriedenheit ablaufen, sind ein paar Voraussetzungen zu schaffen. Dann ist gegenseitige Bereicherung erreichbar.

In echten Verhandlungen haben beide Parteien etwas zu bieten und der Ausgang ist offen. Erst wenn dieser Startpunkt für beide gilt, lohnt es sich Zeit in die Verhandlung zu stecken.

  • Ausreichend Information
    Auch wenn es trivial erscheint, so bildet die Verfügbarkeit der relevanten Informationen die entscheidende Voraussetzung. Damit ist nicht nur gemeint, dass man die gewünschten Informationen erhält, sondern auch die Verpflichtung relevante Informationen bereitzustellen. Diese Informationen bestehen dabei nicht nur aus Länge, Breite, Gewicht, Qualität oder Preis, sondern beinhalten auch die Erwartungen der Vertragspartner, die sich hinter dem Verhandlungsgegenstand verstecken. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man von Anfang an alle Karten offen auf den Tisch legt. Es ist wichtiger auf Fragen der Gegenpartei jederzeit eine erschöpfende Antwort zu geben. Der Unterschied zwischen Taktik und Unwissenheit ergibt sich aus der eigenen Vorbereitung, die vorab erfolgen muss. Sie ist ein wichtiger Ausdruck der gegenseitigen Wertschätzung. Die Parteien erhalten so sukzessive einen besseren Einblick. Dies erlaubt beiden Seiten, sich anzunähern.
  • Machbarkeit sicherstellen
    Die Verhandlungsgegenstände sind häufig nicht so konkret, dass man die eine Alternative mit der anderen vergleichen kann. Der Aufwand, den ein Projekt verursacht, wird bestimmt durch dessen Schwierigkeitsgrad, die Bestandteile, die Qualität und hängt oft von der Mitwirkung des Kunden ab. Die Beschreibung dieser Rahmenbedingungen ist nie so genau, dass sich daraus exakte Schätzungen ableiten lassen. Der erste und wichtigste Schritt ist, dass der Verhandlungsgegenstand, was der Kunde will, machbar ist. Der Klient wird meistens durch mehrere Personen repräsentiert, die sehr unterschiedliche Vorstellungen haben können. Im Interesse eines machbaren Ergebnisses ist ausreichend Information bezüglich aller Anforderungen und des Angebotes unabdinglich. Die Machbarkeit ist um so besser festzustellen, desto eindeutiger der Auftrag für beide Parteien ist. Auf dieser Grundlage kommt eine Vereinbarung zustande, oder eben nicht.
  • Leben und leben lassen
    Der eigentliche Vertragsgegenstand ist der Preis. Eigentlich ist es nicht notwendig darauf hinzuweisen, dass der Käufer so viel wie möglich für so wenig wie möglich erzielen will, sowie der Verkäufer so wenig wie möglich für so viel, wie möglich herausschlagen möchte. Trotzdem gibt es immer wieder Verhandlungspartner, die meinen, dieser Sachverhalt wäre der anderen Seite unbekannt. Es ist geschickter einen verständnisvolleren Ansatz zu wählen. Einen guten Preis und ein passendes Angebot anzustreben, ist legitim. Die eigene Einstellung bestimmt bei der Verhandlung die Annehmbarkeit für den Anderen. Es ist kein Vorteil, den Vertragspartner über den Tisch zu ziehen. Im schlimmsten Fall schadet ihm das so stark, dass er nicht mehr zur Verfügung steht – was zum eigenen Nachteil wird. Deshalb gilt immer: Leben und leben lassen.
  • Abschluss
    Verhandlungen haben ein eindeutiges Ziel – einen Abschluss herbeizuführen. Bedenkt man den Aufwand, den beide Parteien in die bedarfsorientierte Vorbereitung stecken, so ist es für beide unangenehm, wenn der Abschluss nicht zustande kommt. Um jedoch einen Abschluss zu ermöglichen, ist der Schlüssel das magische Wort „Kompromiss“. Alle müssen sich an die jeweilige Situation und die Erwartungen des Anderen annähern. Dies führt zur Anpassung mancher Anforderungen – z.B. einer Preisgrenze, eines angestrebten Leistungsumfangs, eines überzogenen Anspruchs an die Güte der Ergebnisse oder einer frechen Maßlosigkeit. Um spätere Unzufriedenheit im Keim zu ersticken, ist es unbedingt erforderlich die Sachverhalte in eine Form zu bringen, die die Anforderungen und Leistungen ausreichend beschreiben. Der abgeschlossene Vertrag ist der Rahmen, in dem man sich bei der Erbringung der Leistung bewegt. Potenzielle Änderungen sollten nachträglich festgehalten werden, damit unnötige Frustrationen vermieden werden.

Fazit: Über die Voraussetzungen für Verhandlungen haben sich bereits viele ausgelassen. Es ist in jedem Fall entscheidend ausreichend Information bereitzustellen, sich auf machbare Umfänge zu konzentrieren, das eigene Leben und das Leben der Anderen sicherzustellen und vor allem am Ende zu einem druckbaren Abschluss zu gelangen. Es steht einer gegenseitigen Bereicherung jetzt nichts mehr im Weg.