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Anleitungen sind für Anfänger

Es gibt Gelegenheiten, bei denen sich unser Charakter zeigt. Beispielsweise wenn man sich in eine Parklücke zwängt, obwohl bereits jemand dabei ist vorschriftsmäßig einzuparken. Oder wenn man bei der Arbeit seinem Mangel an Empathie und seinem respektlosen Verhalten freien Lauf lässt. Oder wenn man gering schätzend jegliche Bedienungsanleitungen ignoriert. Wir kennen Personen, die den Zusammenbau eines Möbelstücks bereits mit der Muttermilch aufgesogen haben und mit ihrem gesunden Menschenverstand ein Regal oder einen Stuhl zusammenbauen – und manchmal bleiben Teile übrig oder es fehlt etwas.

Dieser Herangehensweise folgen auch viele bei ihrer täglichen Arbeit, denn sie wissen ja, was zu tun ist;-) dort anfangen, wo das Problem ist, sich bemühen und aufmerksam nachregeln. Dieses Vorgehen liefert kurzfristig bei allen Aufgaben ein befriedigendes Gefühl, dass in unendlicher Sisyphos-Arbeit mündet. Dabei gibt es dafür Lösungen, wie Beispiele und Rezepte, die irreführende Ansätze verhindern. Was braucht so eine Anleitung?

  • Das Ziel
    Die Vorstellung der angestrebten Zukunft, mit den Gegebenheiten sowie Ergebnissen und Anwendungsfällen, schafft Erwartungen im Kopf des Anwenders. Viele Aktivitäten lassen sich aus diesem Bild ableiten.
    In den heutigen Büros fallen komplexe Aufgaben an, die durch eine solche Anleitung erleichtert werden. Zum Beispiel die Gestaltung der Abläufe und der Aufbau von Datenmodellen dienen zur Abstimmung zwischen den beteiligten Bereichen. Auf unterschiedlichen Ebenen werden Zielvorstellungen erarbeitet, die dazu dienen, sich auf eine Richtung einzustellen – Change-Aktivitäten brauchen eine Vision, strategische Ziele und, was immer die Vorstellung der Beteiligten anregt (z.B. Werte, SWOT, gemeinsame Begrifflichkeiten).
  • Die Bauteile
    Die Anleitung liefert vor allem einen Überblick über die benötigten Bauteile. Bei einem Möbelstück gibt es eine Übersicht aller Teile und deren Anzahl. Verschafft man sich damit einen Überblick, erhält man die Gewissheit, dass alles vollständig ist. Zusätzlich bekommt man das Verständnis, welche Bauteile man nutzt.
    Um das komplexe Zusammenspiel zwischen verschiedenen Bereichen und Systemen zu meistern braucht es eine Bestandsübersicht, welche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Entsprechende Modelle liefern diese Strukturen – ein Ablauf hat Start- und Endereignisse, Schritte, durchführende Personen oder Stellen, Eingangs- und Ausgangsdaten, IT-Systeme und bedarfsorientiert weitere Bauteile.
  • Der Ablauf
    Heutzutage sind die Ergebnisse kleinteilig und verschachtelt. Es ist wichtig, zu wissen, in welcher Reihenfolge etwas getan werden muss, damit das Ergebnis möglich wird. Aus diesem Grund liefert eine Anleitung die Schritte und ihre Reihenfolge, damit am Ende alles zusammenpasst und nichts übrig bleibt.
    Veränderungen finden nicht von jetzt auf gleich statt, sondern brauchen Zeit. Vor allem die Größe der beteiligten Bereiche und die Verteilung über die Welt erhöht die Dauer. Auch hier müssen einige Teile zu Komponenten zusammengefügt werden, bevor sie das Ganze ergeben. Ein neues IT-System benötigt klare Anforderungen, damit die Erwartungen der Anwender erfüllt werden können. Jede spätere Änderung unterminiert die bisherigen Zwischenergebnisse. Aus diesem Grund müssen die Bauteile so eingeplant werden, dass sie zur richtigen Zeit und mit wenig Aufwand zusammengefügt werden können – ein IT-System benötigt eine Infrastruktur von Hard- und Netware, Datenbanken, Abläufe, Formeln und Regeln, sowie die richtigen Bezeichnungen und erforderlichen Sprachen.
  • Das Ergebnis
    Der ganzheitliche Blick auf das Ergebnis und seine Anwendung wird in der Anleitung um die Darstellungen und Erklärungen der Teile, der Komponenten und des Endergebnisses erweitert. Am Ende verfügt man über ein gutes Verständnis, wie das Ganze zusammenwirkt.
    Aufgrund der Komplexität der Interessen und Lösungen verzichten viele auf einen durchdachten Ansatz. Das mag sich auch mit dem Wunschdenken erklären, dass zu dem Hype der Agilität geführt hat, das den Verantwortlichen scheinbar die Last der Entscheidungen nimmt. Dieses etablierte Durchwurschteln ist nur möglich durch den Einsatz der Mitarbeiter, die die Aufgaben der Führungskräfte übernehmen – was die Führer obsolet macht. Es gibt für fast alle Ergebnisse eine Blaupause– sei es eine bestehende Lösung, die man von der Stange kaufen kann (z.B. SAP), oder ein Standard (z.B. ISO56002:2019 Innovation Management), die wie eine Anleitung alles beschreiben.

Fazit: Steckt man bis zum Hals im Wasser, dann fehlt einem der Überblick. Mit einer entsprechenden Anleitung könnte man diesen erhalten und eine Lösung wahrscheinlicher machen. Leider steht den meisten das Wasser bereits bis zur Unterkante der Oberlippe. An den Äußerungen enttarnen sich die Adhokraten: Wir wissen schon, was zu tun ist; Da brauchen wir keinen Plan; Anleitungen sind für Anfänger; Das ist alles viel zu abstrakt. Dabei sind Anleitungen das genaue Gegenteil von abstrakten Philosophien, vor denen sie sich fürchten. Diese Anleitungen bestehen aus einem klaren Ziel, einer Übersicht der Bauteile, einem Vorgehen und einer Darstellung des Ergebnisses. Und zwar ohne langatmige Herleitung und Begründung. Der verbleibende Vorwurf wäre nur noch, dass nicht alles erklärt ist – was ja auch niemand lesen wollen würde. Es ist jetzt ein guter Moment seinen Mindset neu zu justieren und zu verstehen, dass Könner nie ohne ein derartiges Rezept arbeiten, denn: Anleitungen sind nicht nur für Anfänger.

Der Leuchtturm – die ideale Metapher für einen Referenzpunkt

Der am längsten aktive Leuchtturm war der Pharos von Alexandria, das siebte von sieben Weltwundern, der von 300 v.Chr. bis 1300 n. Chr. in Betrieb war. Seine geschätzte Höhe lag zwischen 115 und 160 Metern. Damit soll er über 50 km hinweg den Schiffen den Weg gezeigt haben. In dem flachen Gelände konnten damit Schiffe schon von Weitem den sicheren Hafen finden. An deutschen Küsten finden sich ca. 220 Leuchtturmbauwerke. Zwar navigieren Schiffe weltweit mit Satellitennavigation, aber die Leuchtfeuer brennen noch. So wie diese Landmarken den Kapitänen und Steuerleuten den Weg zeigen, so braucht ein Unternehmen Referenzpunkte, an denen sich die Mitarbeiter bei der täglichen Arbeit ausrichten.

Ohne die Signale laufen Schiffe Gefahr den Hafen zu verfehlen oder, noch schlimmer, auf Grund zu laufen. Genauso nutzt der Unternehmenstanker seine „Landmarken“ – Vision, Strategie und Governance.

  • Das weithin sichtbare Zeichen
    Das Einzige, was die Dunkelheit durchdringt, sind die Lichter, die am Ufer flirren. Das Leuchtfeuer erkennt man an seiner Taktung, d.h. an dem Rhythmus des Lichtsignals. Auf dieser Grundlage und im Zusammenspiel mit anderen Leuchtfeuern errechnen die Navigatoren die Route in den Hafen.
    Unternehmen befinden sich auch auf einer Fahrt zu bestimmten Zielen. Damit alle sich in die gleiche Richtung bewegen, veröffentlicht das Top-Management seine Mission und Vision. Dabei handelt es sich nicht um einen konkreten Endpunkt, sondern die Richtung aller Anstrengungen – Neues zu schaffen; die Welt vorwärts zu bringen; Etwas Wunderbares machen und es herauszubringen; der Welt zu helfen, besser zu werden.
  • Das Ziel
    Befindet man sich noch im offenen Meer, führt das Leuchtfeuer in den Bestimmungshafen. Der Leuchtturm ist dabei nur Mittel zum Zweck, um dem Schiff die Richtung zu weisen. Der Weg führt in einer ausreichenden Fahrtrinne um gefährliche Klippen herum in die schmale Öffnung des Hafens. Der Ankerplatz ist das Ziel.
    Im Unternehmen werden die übergreifenden Ziele von der Führung vorgegeben. Sie schaffen damit einen Rahmen, an denen sich die weiteren Verfeinerungen ausrichten, bis sie, in Form von smartifizierten Vorgaben, die Aufgaben jedes einzelnen Mitarbeiters beschrieben haben. Hier finden sich die greifbaren Endpunkte, deren Erreichung gemessen werden kann – Zeitersparnis von 10%; Stückzahlerhöhung um 5%; zehn neue Kunden pro Monat.
  • Die Wendigkeit
    Um den sicheren Hafen zu erreichen werden an Bord des Schiffes die Peilungen der Leuchtfeuer umgerechnet in die gewünschte Route. Die Navigatoren brauchen dafür bestimmte Formeln und Werte, die den Kurs festlegen, sowie die Fähigkeit, das Schiff entsprechend auszurichten.
    Auch die Mitarbeiter profitieren von definierten Fixpunkten, an denen sie ihr Vorgehen ausrichten. Das beinhaltet, neben dem Weg zum gewünschten Ergebnis, ein bestimmtes Verhalten im Umgang mit den Kunden und bei der Zusammenarbeit mit Kollegen sowie vor allem einen angemessenen Führungsstil. Alle Ebenen, Führungskräfte und Mitarbeiter, brauchen dafür die erforderlichen Fertigkeiten zur Anpassung an die Gegebenheiten.
  • Die Erfahrung
    Die Seeleute kennen ihre Orientierungspunkte. Jeder Turm hat sein eigenes Signal, das sich aus der Umdrehungszeit und der Art des Lichts ergibt. Das erforderliche Wissen findet sich in einem speziellen Verzeichnis und im Kopf der Seeleute. Tagsüber erkennt man die Türme an ihrer Form, der Bemalung und den Eigentümlichkeiten des Standorts – den Hügeln, Bäumen und Stränden.
    Im Unternehmen sind derartige Orientierungspunkte auch hilfreich, da die Mitarbeiter mit der Zeit lernen, sich daran auszurichten. Auf der Brücke des Unternehmens, in der Geschäftsführung, werden die Signale entwickelt und für alle erreichbar veröffentlicht. Die Belegschaft muss sich das Wissen selbstständig beschaffen können. Genau wie in der Schifffahrt gibt es heute moderne Navigationshilfen, vor allem das Intranet und seine Suchmaschine. Durch ausreichende Übung lernen die Mitarbeiter, die Signale zu unterscheiden und entsprechend zu reagieren.

Fazit: Weithin sichtbare Zeichen bieten einen Referenzpunkt, der ein Unternehmen, genau wie ein Schiff, auf Kurs hält. Der Zweck eines Unternehmens bietet damit eine klare Richtung, die den Rahmen für alle Aktivitäten schafft. In diesem Rahmen werden die Ziele verfeinert, bis sie jedem Mitarbeiter klar vermitteln, was er zu erreichen hat. Mit den erforderlichen Fähigkeiten, um sich anzupassen, entwickelt die Belegschaft die Wendigkeit, um anzukommen. Desto länger die Mitarbeiter damit arbeiten, desto erfahrener werden sie im Umgang. Der Leuchtturm repräsentiert den erforderlichen Fixpunkt besonders gut und ist damit eine ideale Metapher für einen Referenzpunkt im Geschäftsleben.