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Nagile Anhaltspunkte

Die Fitness der Mitwirkenden eines Unternehmens ist die Voraussetzung, um sich leichter an die Anforderungen der Märkte anzupassen und die neuen technischen Möglichkeiten nutzen zu können. In jedem Alter gibt es sone, die gelenkig sind, und solche, die es nicht sind. Das führt dazu, dass sich nicht alle auf die gleiche Weise verbiegen können. Gleichzeitig sollen alle Unternehmer im Unternehmen sein, was Vorbereitung braucht. Dies hängt auf der einen Seite von der Bereitschaft und Fähigkeit der Mitarbeiter und auf der anderen Seite von den Führungsstilen ab. Solange alle über intrinsische Motivation und die Einsicht in die Notwendigkeit verfügen, könnte man sich die erforderliche Fitness erarbeiten. Das geht jedoch nur, wenn die Führungsmannschaft bereit ist loszulassen. Unternehmerschaft braucht ausreichenden Freiraum, damit es sich entwickeln kann. Mit den richtigen Rahmenbedingungen kann man anfangen zu agilisieren. Die Hürden auf dem Weg lassen sich leichter in den beobachtbaren Bereichen eines Unternehmens erkennen, als die verborgen in den Einzelnen steckenden Einstellungen und Fähigkeiten. Aus diesem Grund schauen wir uns nagil (n-icht agil) näher an.

Nagile Unternehmen behindern sich durch eine Kultur, die agile Ansätze nicht zulässt. Die folgenden Hürden lassen sich ausmachen – und beheben, wenn man es ernst meint.

  • Engmaschige Informationsfilter
    Der alte Spruch „Wissen ist Macht“ ist in Zeiten der allseits verfügbaren Zahlen, Daten, Fakten (ZDF) in Form von Statistiken, Berichten und Whitepapern nicht mehr zeitgemäß. Wenn die Führung Transparenz durch das Filtern von ZDF verhindert, wird Agilität durch Machtspielchen verunmöglicht. In einem agilen Umfeld wissen die Mitarbeiter in Summe mehr als ihre Chefs. Wissensverarbeitung ist zeitintensiv, aufwendig und wird leistungsfähiger, wenn es auf mehrere Schultern verteilt ist. Das gilt natürlich nicht für wettbewerbskritische Inhalte – was Steve Jobs am eigenen Leib erlebt hat, als Bill Gates seine Idee der grafischen Benutzeroberfläche aufnahm und schneller in die Öffentlichkeit brachte.
    Voraussetzung für Agilität ist der offene, wechselseitige Diskurs.
  • Überproportionale Hierarchieebenen
    Die Anzahl von Ebenen belastet schon immer das flexible Zusammenspiel – unabhängig von der Größe des Unternehmens. Dabei hat die Dunbar-Zahl gezeigt, dass Gruppen, die den Bereich von 150 bis 250 Mitgliedern übersteigen, zu Bürokratie tendieren und nur noch indirekt steuerbar sind. Gleichzeitig hat sich die Daumenregel entwickelt, dass die ideale Führungsspanne bei vier bis zehn liegt. Für zukünftige, agile Organisationen sollte diese Diskussion erst gar nicht geführt werden, da viele vernetzte, kleine Einheiten (bis zu neun Mitgliedern) selbst-organisiert Mehrwert für den Kunden erbringen.
    Voraussetzung für Agilität ist die Umwandlung der Pyramide in eine podulare Struktur – das Geschäft im Geschäft.
  • Ferngesteuerte Entscheidungen
    In der Linienorganisation finden Entscheidungen an der Spitze und die Umsetzung am Sockel der Pyramide statt. Wenn Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung (AKV) nicht in einer Hand liegen, dann agieren die Mitarbeiter ohne ausreichende Befugnis und Pflichtgefühl, das Führungsteam kann seine Vollmachten nicht zur Wirkung bringen und die Leiter der Teams erleiden das Schicksal haftbar zu sein, ohne handeln zu können oder irgendwelche Befugnisse zu haben. Die Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl kann man sich vorstellen – von der Hybris der Leitenden, über den Fatalismus der Teamleiter bis hin zu den ausgebremsten Machern.
    Voraussetzung für Agilität ist die Bündelung von AKV in einer Hand am Ort des Geschehens.
  • Verzögerte Handlung
    Zusätzlich führt verteilte AKV durch die ferngesteuerten Entscheidungen zu einem zu langen Verzug. Sobald eine Handlung erforderlich ist, müssen die Mitarbeiter sich über mehrere Stufen die Erlaubnis holen, um handeln zu dürfen. Und das, obwohl sie am besten wissen, was benötigt wird, was sie jedoch nicht entscheiden dürfen. Besonders störend ist der demotivierende Effekt von aufgeschobenen Entscheidungen. Nicht genug damit, dass ihnen ihre Machtlosigkeit bewusst gemacht wird, laden die Kunden auch noch ihren Unmut bei ihnen ab.
    Voraussetzung für Agilität ist die umfassende Ermächtigung der Mitarbeiter zum Unternehmer im Unternehmen – inkl. Budget- und Ergebnisverantwortung sowie Entscheidungsfreiheit.
  • Extrinsischer Disstress
    Trotz vieler Schulungen schaffen es die Führungskräfte oft nicht aus ihrem Mikromanagement Verschärft wird die Situation durch fehlende soziale Kompetenz, die an persönlichen Angriffen und mangelnder Wertschätzung sichtbar wird. Dies erzeugt bei den Mitarbeitern negativen Stress, den sogenannten Disstress. Aus eigener Kraft kann diese schädliche Ladung nur schwer verarbeitet werden. Dies führt zu den heutigen Anzeichen von Krankheiten, z.B. Bluthochdruck, Herzrasen und Burn-out. In Japan gibt es für besonders drastische Konsequenzen einen eigenen Begriff: Karoshi (jap.: 過労死, Tod durch Überarbeiten).
    Voraussetzung für Agilität sind mitfühlende, fördernde und unterstützende Mentoren (AKA: Chefs).
  • Vereinzelte Leistungsträger
    Finden sich im Unternehmen einzelne Top-Performer, die als Beispiel vorgeführt werden, um den Rest anzuspornen, zeigt das, dass nicht das Team im Mittelpunkt steht, sondern Wettbewerb unter den Mitarbeitern. Dies führt zu einer Wettkampfsituation und am Ende zu wirtschaftlichen Reibungsverlusten. Die Komplexität der heutigen Aufgaben erfordern jedoch so viele Fähigkeiten, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass man diese in einer Person findet. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Das (agile) Team ist die Einheit, die die Komplexität beherrscht und viable Lösungen erzeugt.
    Voraussetzung für Agilität ist die konsequente Teamorientierung und -förderung.

Fazit: Der Blick auf nagile Aspekte des eigenen Unternehmens mithilfe der obigen Aspekte ist ein schneller Weg, um seine Readiness für Agilität zu ermitteln. Nagile Unternehmen schaffen es nicht die aktiven Informationsfilter, die vielen Hierarchieebenen, ferngesteuerten Entscheidungen, verzögerten Handlungen,den  von Führungskräften erzeugten extrinsischem Distress und die einsamen Helden der Arbeit abzuschaffen. Der Weg hin zu mehr Agilität wird erst möglich, wenn man diese nagilen Faktoren auflöst. Die Mitarbeiter gewinnen in diesem Prozess. Die Führungskräfte werden in ihrem Selbstwertgefühl erschüttert und brauchen ein neues Raison d’être. Alles beginnt mit der Suche nach nagilen Anhaltspunkten.

Das Fraktal – die Urform der agilen Teams

Die digitale Transformation ist eigentlich die Stufe einer vernetzten, dezentralen IT, die früher geprägt war durch Client-Server-Architekturen und sich heute auf dem Weg zu einer offenen, global-vollvernetzten IT-Landschaft befindet. Industrie 4.0 wird von der Digitalisierung der nächsten Generation begleitet – mehr Automatisierung der Produktion und der Geschäftsabläufe und vor allem künstliche Entscheidungsfindung in allen Bereichen. Die Anwendung funktioniert aber nur, wenn die Unternehmen sich daran anpassen. Zu Zeiten der Digitalisierung 1.0 hat man von CIM, der fraktalen Fabrik und Lean Management gesprochen. Heute wird vergessen, dass die Antworten mancher heutiger Fragen, damals bereits beschrieben wurden – End-to-End-Prozesse, Kundenorientierung, vitale Strukturen und vor allem die verstärkte Einbindung der Betroffenen. Das Fraktal lieferte bereits die Gesichtspunkte, die noch immer maßgeblich für ein agiles Team sind.

Der Blick auf das Fraktal lebt davon, frühere Vorstellungen von Aufgabengebieten (siehe: Revolution der Unternehmenskultur: Das Fraktale Unternehmen) zu vergessen. Die neuen Einheiten, die PODs, Holone und Plattformen, verhalten sich wie ein Unternehmen im Unternehmen und folgen auf jeder Ebene den gleichen Kriterien.

  • Selbstähnlichkeit
    Der Blick auf eine Einheit erfolgt mit einer bestimmten Skalierung. Die Selbstähnlichkeit drückt die Tatsache aus, dass das Grundmuster auf den unterschiedlichen Ebenen gleich bleibt. So verarbeiten beispielsweise Einheiten, egal ob Bereiche, Abteilungen oder Teams, Inputs zu Outputs auf Basis von beschriebenen Abläufen.
  • Selbstorganisation
    Das jeweilige Fraktal kümmert sich selbst um seinen Aufbau und die Verteilung der Aufgaben. Die Abläufe ergeben sich aus dem Arbeitsstil der Mitarbeiter und kann sich von einer Einheit zur anderen unterscheiden. Entscheidungswege folgen den natürlichen Gegebenheiten und nicht allgemeinen Vorgaben. Einfluss von außen ist verpönt, wenn nicht sogar verboten.
  • Viabilität
    Jedes Fraktal muss für sich genommen lebensfähig sein, d.h. es kann das gewünschte Ergebnis herstellen, egal ob es ein Erzeugnis oder eine Dienstleistung ist. Die Minimal Viablen Produkte (MVP) werden durch die vollständige Abdeckung von zusammenhängenden Eigenschaften ermöglicht. Der Zweck des Fraktals ist nicht Wachstum, sondern Überlebensfähigkeit – Viabilität. Dies führt dazu, dass sich der Zweck eines Fraktals durch neue Anforderungen mit der Zeit ändert.
  • Selbstoptimierung
    Das Zusammenspiel mit der Umwelt, Lieferanten und Kunden, erfordert die fortwährende Verbesserung des Fraktals. Diese Weiterentwicklung ist dabei eine wichtige Aufgabe des agilen Teams. Da das Fraktal nicht langfristig auf einen Zweck beschränkt wird, werden durch die Überarbeitung bestehender Abläufe die Freiräume geschaffen, um neue Aktivitäten zu finden und zu etablieren.
  • Zielkonsistenz
    Entscheidend für die fraktale Organisation ist die Konsistenz der individuellen Ziele über die verschiedenen Ebenen hinweg. Das oberste Ziel ist das fitte Gesamtfraktal. Inkonsistente Ziele würden die Gesamtoptimierung belasten. Dies bedeutet, dass ein Fraktal sich nicht einfach aus dem Gesamtzusammenhang lösen kann, sondern neben dem eigenen Überleben auch das Überleben des Ganzen berücksichtigt. Sollte es trotzdem zu einer Absplittung kommen, so handelt es sich um das Entstehen eines neuen Ganzen – denken wir an 3M, die ein davor nicht vorhandenes Angebot und einen neuen Geschäftsbereich geschaffen haben – Post-it.

Man sollte sich nicht von der eckigen Struktur der Fraktale irritieren lassen, auch wenn die agilen Teams von heute eher rund dargestellt werden. Dies ändert nichts an den vorgenannten Eigenschaften. Es geht um das Verständnis der Einheiten, die in sich verschachtelt sind.

Fazit: Während in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts die Nutzung der neuen t Möglichkeiten im Mittelpunkt stand, ergibt sich der Handlungsbedarf heute aus der unvorstellbaren Beschleunigung des Geschäfts sowie die Auflösung von geografischen Entfernungen durch das Internet. Standardabläufe wickeln Computer mit Lichtgeschwindigkeit ab. Alles andere müssen Menschen so zeitnah wie möglich durchführen. Dies erfordert agile Teams, die sich ähnlich sind, sich selbst organisieren, viabel sind, sich kontinuierlich verbessern und gemeinsame Zielen folgen. Daneben werden Querschnittsfraktale benötigt, die Standardservices liefern, wie IT, Buchhaltung, Personal usw. Dadurch können sich die wertschöpfenden Fraktale auf ihr Geschäft konzentrieren. Es erleichtert die Arbeit sich an die Erkenntnisse der Vergangenheit zu erinnern und sie wiederzuverwenden, wie beispielsweise der Idee des Fraktals – der Urform der agilen Teams.