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Der Plastikbaustein – die ideale Metapher für Modularität

Die Arbeitsteilung hat nicht nur die Arbeitswelt der Mitarbeiter verändert, indem die einzelnen Aufgaben immer kleiner und einfacher geschnitten wurden. Es hat auch die Ansätze der Hersteller verändert. Der klassische Meisterbetrieb, der die gesamte Wertschöpfung beherrschte, ist dem von Angestellten gesteuerten, auf Kernaufgaben reduzierten Unternehmen gewichen. Einzelteile werden irgendwo hergestellt und irgendwo zusammengesetzt. Voraussetzung ist ein modularer Aufbau der Produkte. Der Plastikbaustein bietet dafür die ideale Metapher.

Damit die Module am Ende mühelos zusammenpassen, sind bestimmte Rahmenbedingungen zu schaffen.

  • Hinreichende Beschreibung der Anforderungen
    Es ist unbedingt erforderlich die Anforderungen an die einzelnen Komponenten festzulegen, sodass die Bausteine eines Gerätes oder einer Maschine zusammenpassen und zusammenwirken. Dies umfasst heute nicht nur die Größe, die Lage des Teils und das Material. Die meisten Bausteine müssen zusätzlich Informationen austauschen, damit das Ganze funktioniert. Die Teilstücke, die mal mehr oder weniger groß sein können, werden von einer zentralen Stelle koordiniert. Zumeist ist dies die Aufgabe der Hersteller. Aber selbst diese Aufgabe wird manchmal einem Generalunternehmen übergeben.
    In der Welt der Plastikbausteine werden die Anzahl von Bausteinen, deren Form, deren Farbe und mittlerweile sogar deren Technik betrachtet. Die Sets, in denen die Bausteine angeboten werden, bestehen zusätzlich aus einer Bauanleitung, die sicherstellt, dass der gewünschte Gegenstand mit den vorhandenen Teilen zusammengesetzt werden kann.
  • Passgenaue Schnittstellen
    Die Schnittstellen sind die Punkte, an denen die Einzelteile zusammengesteckt werden. Dabei geht es nicht nur darum, die Komponenten sicher zu befestigen, sondern auch um ausreichend Raum, damit die Teile sich nicht gegenseitig stören. Mit den Möglichkeiten von CAx können die Bestandteile heute virtuell zusammengesetzt und geprüft werden, bevor die einzelnen Teile überhaupt vorliegen. Die Abstimmung der vielen Teile ist trotz der genutzten IT eine aufwendige Pflicht, die Zeit kostet. Veränderungen des Bauraums haben Auswirkungen, die sich durch das gesamte Produkt hindurchziehen. Der Abstimmungsaufwand, um auftretende Änderungen nachträglich zu regeln, kostet Kraft und Ressourcen. Der Umbau wird jedoch durch die festgelegten Verbindungsstellen erleichtert.
    In der Welt der Plastikbausteine bilden die Noppen der Bausteine eine zuverlässige Schnittstelle. Sie sind normiert und halten die Bauteile zuverlässig zusammen. Der spontane Zusammenbau von Plastikbausteinen führt manchmal in eine Sackgasse. Sobald der Platz nicht mehr reicht, müssen auch hier die Steine aufwendig wieder auseinandergenommen und neu zusammengesteckt werden. Durch die immer gleichen Verbindungsstellen gibt es einfache Werkzeuge, um den Zusammenbau wieder zu zerlegen.
  • Zuverlässige Abschottung
    Ein Modul erfordert nicht nur die Anschlussfähigkeit an die restlichen Komponenten. Ein Modul ist für sich genommen ein komplexes Ganzes. Es verfügt intern ebenfalls über Anforderungen, genau wie das Produkt, in das es eingebaut wird. Diese internen Festlegungen sind nur dem Modulhersteller bekannt. Für den Produkthersteller ist das Teil eine Black-Box, die er weder kennt noch kennen muss. Die Parameter für den Einbau beschränken sich auf die Schnittstellen. Sollte etwas nicht wie gewünscht funktionieren, ist es wichtig, dass die Komponente keine Schäden bei anderen bewirkt. Fehlerhafte Teile lassen sich ohne weitere Auswirkungen austauschen.
    In der Welt der Plastikbausteine können Teilkomponenten parallel vorbereitet und anschließend zusammengesteckt werden. Treten Schwierigkeiten auf, so können die einzelnen Teilstücke ersetzt werden.

Die Modularität hat dazu geführt, dass in unterschiedlichen Produkten immer häufiger ähnliche Komponenten eingebaut werden – Akkus, Airbags, Faltdächer von Cabrios. Die Hersteller der Produkte lassen sich ihre Marke bezahlen, obwohl in verschiedenen Marken und Produktlinien gleiche Teile verbaut werden.
In der Welt der Plastikbausteine sind es nicht mehr die einzelnen Bausteine, die im Mittelpunkt stehen, sondern Bausätze oder Komponenten, die themenorientiert angeboten werden – Star Wars, Bauernhof, Krankenhaus oder die vielen technischen Zusatzangebote, wie Elektromotoren. Basis ist die Anschlussfähigkeit durch die Noppen.

Fazit: Modularität findet sich heute überall – z.B. im Auto, in der Weißware, in den Medien und beim Lernen. Damit dies funktioniert, müssen die Anforderungen klar beschrieben sein, Schnittstellen Bestandteile verbinden und die Komponenten selbstständig funktionieren. Die Modularität hat die Komplexität erhöht und gleichzeitig durch Normen und Standards die Anschlussfähigkeit sichergestellt. Anhand von Plastikbausteinen lassen sich diese Aspekte verdeutlichen. Deshalb sind sie die ideale Metapher für Modularität.

Aktive und passive Leistungsbestandteile

Die Produkte und Dienstleistungen, die das eine Unternehmen liefert und das andere Unternehmen beschafft, bestehen immer aus einer eigentlichen Leistung mit den aktiven Bestandteilen sowie zusätzlichen Leistungen, den passiven Bestandteilen, die quasi automatisch mitgeliefert werden. Erst die vollständige Berücksichtigung aller Aspekte schafft sachliche Vergleichbarkeit. Auf der Seite der Lieferanten ergeben sich hieraus die Argumente für die Preisgestaltung. Auf der Seite der Kunden leiten sich daraus die Kriterien zur Auswahl und Entscheidung ab. Die Zeit, um die aktiven und passiven Leistungsbestandteile umfassend zu beschreiben und in einen Preisvergleich zu berücksichtigen, ist auf beiden Seiten gut angelegt.

PassivAktiv

Um alle Aspekte einer Leistung verstehen beziehungsweise vergleichen zu können, sollten die aktiven und passiven Bestandteile eines Angebots im Einzelnen aufgeführt werden.

  • Aktive Bestandteile
    Die aktiven Bestandteile einer Leistung sind die Funktionen, für die ein Kunde sich vorrangig interessiert. Produkte werden benutzt (z.B. das Auto, das Smartphone, der Kochtopf) oder verbraucht (z.B. Benzin, Nahrungsmittel, Strom). Dienstleistungen werden personenbezogen (z.B. eine Beratung oder eine Pflege) oder sachbezogen (z.B. die Wartung, die Instandhaltung) durchgeführt und können weder gelagert noch übertragen werden. Auch wenn diese Bestandteile offensichtlich sind, sollten ALLE beschrieben sein.
  • Passive Bestandteile
    Die passiven Bestandteile einer Leistung sind die Aspekte, die zusätzlich zu den augenfälligen Aktiven mitgeliefert werden. Im wesentlichen sind das die Qualitäten der Leistung (z.B. die Zuverlässigkeit, die Sicherheit, die Wirtschaftlichkeit, die Marke, die Erfahrung) und Informationen (z.B. die Konzepte, das Branchen-Know-how, die Beziehungen), die sich im Zuge der Erbringung der Leistung ergeben. Sie sind selten sichtbar und lassen sich nur schwer belegen. Aus diesem Grund fällt das Fehlen dieser Aspekte, wenn überhaupt, erst spät auf, z.B. nach einer Panne oder einem Qualitätstest. Um diese bei der Auswahl zu berücksichtigen, sollten die passiven Bestandteile geschätzt werden, z.B. indem das Risiko betrachtet oder der Mehrwert beurteilt wird.

Der Verfall der Preise durch die billige Herstellung der aktiven Bestandteile in Ländern mit günstigen Produktionsbedingungen (z.B. geringe Lohnkosten, fehlende Umweltstandards), führt dazu, das die passiven Bestandteile an Bedeutung gewinnen. Der Wert einer Marke, die Sicherheit oder die Zuverlässigkeit einer Leistung werden immer häufiger zu einem Bestandteil des Mehrwerts für den Kunden. Es lassen sich dadurch höhere Preise verargumentieren, die nichts mehr mit dem eigentlichen Warenwert zu tun haben. So spielt der Ruf von Unterhaltungselektronik eine wichtigere Rolle als deren faktische Nachhaltigkeit (z.B. wenn der Akku nicht austauschbar ist, wie bei manchen Produkten der Firma Apple). Die Sicherheit zur Vermeidung von Gefahren oder die Reduzierung der Unfallfolgen sind auch wichtige Kriterien beim Kauf eines Autos. Das Gleiche gilt für Services. Die höheren Tagessätze einer renommierten Unternehmensberatung werden hingenommen, obwohl die eingesetzten Mitarbeiter, über eine vergleichbare Ausbildung verfügen, wie die Arbeitnehmer einer kleinen Firma, die weniger kosten.

Fazit: Der Wert von Produkten und Services wird immer mehr von schwer greifbaren Aspekten bestimmt. Deshalb müssen die Spezifikation der Anforderungen und die Auswahl von Leistungen vorab näher bestimmt werden, um die Angebote sachlich vergleichbar zu machen.