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Dezentrale Bürokratie muss man sich leisten können

Sobald Sie Herrn Hammer einen Hammer geben, sieht alles wie ein Nagel aus. Dieser Fluch hat mit der Arbeitsteilung begonnen. So entstehen nebeneinander Schrauber, Säger, Schleifer, Maler, Schweißer, Kleber usw. Alle sprühen vor Energie und gestalten das Umfeld abhängig von dem Fachgebiet. Auf ähnliche Weise entstehen verwaltungsmäßige oder besser bürokratische Funktionen in Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung. Alle übernehmen engagiert ihre Aufgaben und erzeugen einen Verwaltungsakt nach dem anderen. Wie lässt sich dieses Schicksal stoppen?

Komplexes Netz

Nehmen wir als Beispiel einen Konzern, der sein Hauptquartier irgendwo in der Welt hat. In verschiedenen Regionen existieren lokale Hauptquartiere, die über eine ähnliche Struktur und Aufgaben verfügen. Das Hauptquartier (HQ) steuert die lokalen Hauptquartiere (LHQ), die die Standorte steuern. Alle verfügen über Stabsstellen, die eifrig Strategien, Sollvorgaben und Richtlinien entwickeln – natürlich jeder für seinen Verantwortungsbereich. Das Ergebnis ist eine Flut von Regelungen, die mehrfach erarbeitet werden, sich überlappen und sich häufig widersprechen. Durch immer mehr hierarchische Ebenen multipliziert sich dieser Effekt.

Die folgenden Maßnahmen könnten die Entwicklung entschärfen.

  1. Klare, überschneidungsfreie Verteilung von Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung.
    Jede Verwaltung erhält ein abgestimmtes Bündel an Aufgaben, klare Befugnisse und Verpflichtungen. Dadurch wird Doppelarbeit vermieden, es entstehen weniger Bestimmungen und eine geringere Vielfalt an Interpretationen. Die dazugehörigen Einheiten verschlanken sich.
  2. Bündelung der Rollen an der höchstmöglichen Stelle.
    Je weiter oben die Regelungen in der Hierarchie positioniert werden, desto einheitlicher und wirtschaftlicher werden die Ergebnisse. Dies gilt vor allem für grundlegende Leitlinien, wie z.B. das Berichtswesen, Leistungsbeurteilungen oder Reiserichtlinien.
  3. Definierte Eskalations- und Entscheidungswege.
    Die meisten Reibungsverluste entstehen durch unklare oder konkurrierende Entscheidungen. Die klaren, für alle verfügbaren Beschreibungen der Ebenen, Prozeduren und dazugehörigen Gremien von Entscheidungen, ermöglichen es allen, den Instanzenweg zu befolgen.
  4. Konkrete Repressalien bei Zuwiderhandlung.
    Regeln, die nicht mit schmerzhaften Strafen verbunden sind, entschärfen die Vorgaben. Ein verständlicher Katalog an Folgen bei Zuwiderhandlung erhöht die Wahrscheinlichkeit der Befolgung.

Fazit: In jeder Organisation, egal wie groß oder verteilt über die Welt, kann die Bürokratisierung durch Neuordnung der Zuständigkeiten reduziert werden. Dazu sind redundanzfreie Rollen, die möglichst hoch angesiedelt, mit klaren Instanzenwegen und allgemeine gültige Sanktionen versehen werden erforderlich.

P.S.: Das Beispiel der Europäischen Union zeigt die gleiche Tendenz. Solange die EU sich den Luxus leisten kann nationales Recht in Konkurrenz zum europäischem Recht zu haben, werden Unmengen an Steuergeldern für unnötige Verwaltung verschwendet – ganz abgesehen von den bürokratischen Hürden zwischen den 28 Mitgliedsstaaten. Die überschneidungsfreie Aufgabenverteilung, die Ansiedelung der regulierenden Behörden an oberster Stelle, klare Instanzenwege für jeden EU-Bürger und ein für alle bindendes, einheitliches Rechtssystem würden bürokratische Abläufe erleichtern. Durch die Bündelung von nationalen Aufgaben in der EU könnten zehn Prozent der nationalen Beamtenapparate eingespart werden.

Stretch Goal

Es war einmal eine Geschäftswelt, die mit beiden Händen greifbar war. Dinge hatten Länge, Höhe, Breite, Gewicht und waren mehr oder weniger schön. Alles ließ sich in Zahlen ausdrücken. Was wurde für die Herstellung eines Artikels benötigt? Wie lange dauerte die Herstellung oder der Transport? Wie viele Leute wurden benötigt? Was kostete das Material? In dieser handgreiflichen Zeit konnten Ziele genau festgelegt werden. Damals war es von Vorteil, die Ziele etwas weiter zu stecken, um die Leistung der Mitarbeiter zu steigern. Das waren die goldenen Zeiten der Stretch Goals.

StretchGoals

‚Stretch Goals‘ ist Englisch und bedeutet direkt übersetzt, ‚gedehnte Ziele‘. Gemeint sind damit Zielvorgaben, die über das normale Maß hinaus gesetzt werden. Dies können einerseits Zielsetzungen sein, die die eigenen Erwartungen übersteigen. Andererseits können es Anforderungen sein, die die Möglichkeiten eines Mitarbeiters übersteigen. Die Idee ist es, einfach die Latte höher zu legen als gedacht. Dadurch strengt sich der Mitarbeiter mehr an. Als Ergebnis überwindet er eine größere Höhe, als wenn die Latte auf einer realistischen Höhe liegen würde. Die Schwierigkeit besteht heute in der Tatsache, dass die Höhe der Latte immer schwerer bestimmbar ist. Wie lange dauert das Schreiben einer einfachen Einladungs-Email? Woran messen wir die Qualität des Textes? Wie fließt der Erfolg der Sitzung in die Bewertung ein?

Wenn wir uns einen Moment Zeit nehmen, finden wir folgende Gründe, die heute dagegen sprechen, Ziele zu überdehnen.

  1. Die Aufgaben werden immer öfter zu kleinen Projekten, weil sie einzigartig sind und während der Abarbeitung oft unvorhersehbare Besonderheiten auftreten.
  2. Die Ziele werden in Ermangelung einer zuverlässigen Schätzung immer mehr auf Einhaltung der Termine und des Budgets reduziert.
  3. Die Leistungsverdichtungen, die Unternehmen in den letzten Jahren zur Senkung der Kosten durchgeführt haben, überfordern die Mitarbeiter bereits im Normalbetrieb. Zusätzliche Leistungen sind nicht mehr möglich.
  4. Vorgesetzter und Mitarbeiter sind nicht mehr in der Lage sich vernünftig abzustimmen. Dies führt zu Frustration auf beiden Seiten.

Fazit: Stretch Goals bringen in der jetzigen Lage nichts mehr. Die ungenauen Aufgaben sind bereits herausfordernd genug. Vermeiden Sie die Demotivierung, die von diesem Ansatz ausgeht, und nehmen Sie sich die Zeit vernünftige Ziele zu vereinbaren.