Archiv der Kategorie: Changemanagement

Hier finden Sie Themen zum Veränderungsmanagement.

Veränderung ist immer – und anders

Bei der systematischen Untersuchung durch Experten lösen sich Sachverhalte in unglaublich feine Bestandteile auf, wodurch unser Blick auf das Ganze verloren geht. Wir sehen so filigranste Ausschnitte und ihre Veränderlichkeit, aber sind nicht mehr in der Lage, die Konsequenzen zu überblicken und die Aufgabenstellungen zu bewältigen. Bei der Betrachtung der Einzelheiten gehen die Verbindungen und Abhängigkeiten auf allen darüberliegenden Ebenen verloren. Ausweg boten bisher zusätzlich aufgesetzte Maßnahmen unter der Überschrift Changemanagement. Kosten- und Zeitdruck sowie die fehlende Entschlossenheit führen dazu, dass Entscheider solche unterstützenden Aktivitäten meiden. Aus diesen Gründen ist es an der Zeit, Veränderung neu einzuordnen. Sie ist immer – und anders.

Für diejenigen, die das für übertrieben halten, rentiert sich der Blick auf die folgenden Grade von Veränderung.

  • Erkenntnis
    Veränderungen beginnen im Kopf der Beobachtenden. Alles, was Aufmerksamkeit erregt, hat sich verändert. Ein sensorischer Reiz im Kontext, der nicht zu den unbewussten Erwartungen passt, aktiviert das Bewusstsein – eine Unregelmäßigkeit im Blickfeld, ein unerwartetes Geräusch, ein überraschendes Bauchgefühl, ein unpassender Geruch. Achtsame Menschen reagieren frühzeitig auf Stimuli aller Art. Die sich ergebenden Aha-Erlebnisse befeuern die Bereitschaft zur Initiative in Teams, Abteilungen, Bereichen, Unternehmensteilen und Konzernen.
  • Stabilisierung
    Jede noch so kleine Handlung variiert die Gegebenheiten. Wenn der aktuelle Zustand gefährdet ist, reagieren Mitarbeitende durch feines Nachregeln, um Schwierigkeiten zu vermeiden. Zu diesem Zweck haben die Einzelnen eine Grundlinie vor Augen, um die Abweichungen auszugleichen. In gleicher Weise wie der Tempomat eines Fahrzeugs die gewünschte Geschwindigkeit beibehält, wird das Zusammenspiel der Einheiten sichergestellt. Voraussetzung für die Stabilisierung ist die Festlegung der Grenzen, an denen sich die einzelnen Einheiten orientieren. Die Abweichungen treten an jedem beteiligten Arbeitsplatz auf. Die Summe aller Nachjustierungen ergibt ein Grundrauschen, das beständig stattfindet und zu jeder Zeit und an jedem Ort sich überraschend zu einer Veränderung erster Ordnung aufschaukeln kann.
  • Auf- oder Abbau
    Die Veränderungen erster Ordnung sind die kleinen Abweichungen, auf die wir uns im Rahmen der althergebrachten Kontinuierlichen Verbesserung vorbereiten oder reagieren. Hier geht es nicht um Stabilisierung, sondern um anhaltende kleine Änderungen, die sich über lange Zeit zu großen Umwälzungen anhäufen. Sie können im günstigsten Fall zu einem Aufbau und im nachteiligsten Fall zum Abbau der Leistungen führen. Die Gegenmaßnahmen kümmern sich um die Vermeidung oder Behebung von Schwächen, ohne die Rahmenbedingungen und Grundannahmen infrage zu stellen und zu verändern. Dieser ständige Lernprozess, der das bestehende Geschäft immer besser macht, sollte ebenfalls überall und jederzeit stattfinden, um für die Disruptionen die Veränderungen zweiter Ordnung fit zu sein.
  • Ersatz oder Wegfall
    Die Veränderungen zweiter Ordnung traten im Zuge von gesellschaftlichem und technischem Fortschritt auf – beim Eintritt in die Maschinen-, Mobilitäts- und Informationszeitalter. Die aufgetretenen radikalen Umbrüche stellen Handlungen, Leistungen und Organisationen infrage und erzeugen gleichzeitig neue Paradigmen und Geschäftsmodelle. Mittlerweile schaffen die Hard- und Software und die weltweite Vernetzung unter der Flagge der Digitalisierung die bereits vor Jahren vorhergesagten Tätigkeiten. Die Auswirkungen lassen manuelle Tätigkeiten zugunsten von intelligenten Robotern verschwinden. Auch einfache Entscheidungen sind automatisierbar und führen zur Auflösung von Verwaltungs- und Führungsinstanzen. Diese Revolutionen erzwingen zumindest den Ersatz, wenn nicht sogar den Wegfall ganzer Einheiten. Es erfordert ein aktives Changemanagement, wie wir es kennen, um den Widerstand der Mitarbeiter gegen die Initiativen abzuschwächen und damit die Umsetzung der Aufgaben des Unternehmens zu gewährleisten.
  • Keine Veränderung
    Mit panta rei (πάντα ῥεῖ) hat Heraklit vor 2.500 Jahren bereits verstanden, dass alles fließt. Inwieweit es die Angst vor Veränderung oder einfach die Unfähigkeit der Verantwortlichen ist, die sie abhält, sich um Veränderungen zu kümmern, macht keinen Unterschied. Ausschlaggebend ist die Tendenz von Entscheidern, Gefahren auszublenden. Es wird an Anstrengungen für Risiko- und Changemanagement gespart. Dies bedeutet, dass unvermeidlich auftretende Schwierigkeiten nicht durch geeignete Maßnahmen und eine angemessene Vorbereitung der Mitarbeiter verhindert werden. Für die Viabilität der Unternehmung ist es unerlässlich zu verstehen, dass es so etwas, wie Keine Veränderung nicht gibt – kümmern Sie sich darum.

Fazit: Die Tatsache, dass wir uns unentwegt verändern, scheint unangenehm zu sein, da die Verantwortlichen gerne wegsehen. Dabei stoßen wir mit unseren Tätigkeiten viele Veränderungen selbst an – z.B. Rohstoffe werden zu Produkten, Fähigkeiten werden zu Dienstleistungen, Aufgaben werden zu Abläufen. Zusätzlich sind viele Abweichungen nicht hausgemacht, sondern externe Einflüsse – der Kunden, der Lieferanten, der Wettbewerber, des Marktes, der Politik, der Wirtschaftslage, der Gesellschaft, der Technik, der Natur. Es ist nicht die Frage, ob eine Veränderung groß genug ist, um sich damit zu beschäftigen (siehe oben), sondern nur, wie damit umzugehen ist – egal wie groß sie ist. Dies erfordert eine Führung, die bisher selten gelehrt wurde. Die Mitarbeitenden auf allen Ebenen müssen achtsam, neugierig, fantasievoll und pro-aktiv den Wandel bewältigen. New Work braucht diese Neuorientierung, denn Veränderung ist immer – und anders.

 

Danach ist davor

Entfernung ist ein Begriff, der gefühlt eher dem Abstand zwischen der Erde und Sagittarius A (26.5000 Lichtjahre) als der Distanz zwischen Peking und Duisburg entspricht. Über die Kommunikationsnetze sind wir mit jedem Punkt der Erde in nahezu Echtzeit verbunden. Seit 1970 hat sich das Passagieraufkommen bei Flügen weltweit auf über 4 Millionen pro Jahr mehr als verzehnfacht. Leute pendeln heute eine Stunde zur Arbeit mit Kurzstreckenfliegern oder mit dem ICE oder mit dem Nahverkehrssystem. Anders gesagt wir stehen weitreichend über Grenzen hinweg in Kontakt, die sich früher so unerreichbar angefühlt haben, wie heute der Mond. In so einer Welt wirken die politischen Grenzen anachronistisch. Viren verbreiten sich in kurzer Zeit rund um den Erdball über Staatsgrenzen hinweg. Weder markige Sprüche noch Grenzschließungen verhindern das gemeinsame Schicksal. Und wenn die eine Welle vorbei ist, kommt eine andere. Denn danach ist davor.

Der Blick auf mögliche Risiken soll nicht in das Horn der Dystopien stoßen und verunsichern, sondern uns vor Augen führen, dass wir mit solchen Effekten in Zukunft anders umgehen müssen, da wir uns weitere Shutdowns nicht mehr leisten können.

  • Natürliche Risiken
    Weltweite Risiken werden in der Natur eher selten erwartet und gelten als lokal bewältigbar – eigentlich. Die aktuelle Viruskrise zeigt uns, dass diese kritischen Situationen sich an keine Grenzen halten oder nur auf bestimmte Kulturen beschränkt sind. Die derzeitigen Antworten der Experten und Politiker konzentrieren sich auf kurzfristige Ziele. Bei den Entscheidungen werden weder mögliche Kollateralschäden in die Waagschale geworfen noch deren langfristigen Auswirkungen berücksichtigt – vor allem nicht die Menschenleben, die zusätzlich durch die Maßnahmen zu Schaden kommen.
    Und was passiert, wenn als Nächstes einer der Megavulkane ausbricht und das Weltklima in kürzester Zeit kippt? Oder wenn ein Tsunami eines der weltweiten Wirtschaftszentren flutet und die Wirtschaft in der Zeit danach langfristig kollabiert? Und wer glaubt, dass wir uns gegen alle Eventualitäten absichern können, der sollte sich zuerst einmal die dafür erforderlichen Aufwände vor Augen führen.
  • Politische Risiken
    Eine der Auswirkungen von natürlichen Desastern werden politische Gefahren sein. Die gesellschaftlichen Systeme werden durch die Unzufriedenheit der Bevölkerung instabil. Wenn schon beim Toilettenpapier die Panik ausbricht, stellt sich die Frage, was wir machen, wenn es richtig ernst wird, wenn es nichts mehr zu essen und trinken gibt, weil die eingefahrenen Logistikwege nicht mehr funktionieren und die lokalen Versorger im Wettbewerb mit anderen Ländern untergegangen sind. In einer Mangelwirtschaft entsteht zu allererst der Schwarzmarkt, in dem sich nur noch Wohlhabende die Preise leisten können. In dem Bestreben die Kontrolle zu behalten wird der Staat die heutigen technischen Möglichkeiten, die wir aus China bereits kennen, auch nutzen. Und die politischen Kräfte, die den Umsturz wollen, werden sich durch den Schwenk zum Überwachungsstaat gestärkt fühlen, was zu immer mehr Terroranschlägen von links und rechts führen wird. Allerdings gilt wie immer: Aufpassen, was man sich wünscht. Die Grundlagen für das, was da kommt, hat die Politik und das Wahlvolk in den vergangenen zehn Jahren vorbereitet.
  • Technologische Risiken
    Ein sehr scharfes Damoklesschwert ist unsere Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Noch hat keiner den einen Schalter gefunden, um das weltweite Netz zu stoppen. Allerdings gibt es immer mehr Schadsoftware, die alle Ebenen der IT angreift. Außerdem könnten natürliche Desaster entsprechendes Leisten – z.B. ein Sonnensturm oder Meteoriteneinschlag. Die Folgen eines Zusammenbruches sind unvorstellbar. Notstromaggregate helfen in diesen Fällen nicht. Es gibt heute nichts, was nicht von dem Internet abhängt: Wasserwerke, Stromnetze, Krankenhäuser, Mobilität, Logistik jeglicher Art, Produktion von Gütern und Lebensmitteln, Kommunikation, oder die öffentlichen Behörden. Ein Zusammenbruch des Internets wird uns ins Mittelalter zurückwerfen. Ohne dieses Nervensystem stehen innerhalb kürzester Zeit alle Wagen, Züge, Pumpen, Aufzüge und so weiter still. Es gibt keine Möglichkeit mehr sich zu verständigen – bis auf die Meldeläufer, die von einem Ort zum anderen laufen.
  • Wirtschaftliche Risiken
    Im Gegensatz zu den obigen Risiken, sind die wirtschaftlichen leichter zu bewältigen – außer für die, die von einer florierenden Wirtschaft profitieren – Banker, Wirtschaftsfunktionäre, Investoren. In den Regionen, die von den aktuellen Gewinnen sowieso nichts haben, in Afrika, Süd-Amerika und weiten Teilen Asiens, ändert sich nicht viel an dem prekären Dasein. Ihre Versorgung ist sogar sicherer als in den Ballungsräumen der Welt, die nicht mehr versorgt werden können. In den restlichen Regionen werden die Preiserhöhungen zu einem veränderten Konsumverhalten führen. Währungsschwankungen können durch nationalen oder regionalen Konsum kompensiert werden. Die Sparmaßnahmen werden das Fahrverhalten und den Energieverbrauch regeln. Für den Umgang mit Einkaufsschlangen und leeren Regalen gibt es viele Vorbilder aus der Vergangenheit. Arbeit, Arbeitszeit, Führungsstile und jeder, der sich heute von dem bürokratischen Ballast befreien möchte, wird ganz natürlich agil. Am Ende ist die Wirtschaft Teil des Problems und nicht seine systemrelevante Lösung – Sparmaßnahmen in allen Lebensbereichen, Outsourcing an die Orte, mit den billigsten Arbeitskräften und in Ermangelung kurzfristiger Profite die Entwirtschaftung von ganzen Regionen.

Fazit: Es grassiert zurzeit ein Virus, der vor allem die Alten bedroht. Im Interesse von deren Leben wird die Wirtschaft von Politikern gestoppt. Alle blicken auf die Aktienindices und freuen sich mittlerweile wieder über steigende Kurse, als käme dies den Beschäftigten und Solo-Selbstständigen zu Gute. Die Schäden, auch an Menschenleben, die durch die Shutdowns entstehen, vermeldet niemand. Der funktionierende Teil des Gesundheitssystems ist nicht das Resultat von vorausschauender Politik, sondern nur möglich durch den persönlichen Einsatz und so manchen schwierigen Entscheidungen von vielen, wirklich systemrelevanten Dienstleistern in den Krankenhäusern und in der alltäglichen Versorgung. Das Nachbeben, das durch diesen Steuerungswahnsinn vorbereitet wird, ist unvorstellbar. Und was überhaupt noch nicht thematisiert wird, ist die Frage, was kommt als Nächstes. Was lernen wir aus der aktuellen Krisenbewältigung?

  • Lösung eines einzigen Problems, ohne die Betrachtung von unerwünschten Nebeneffekten, bedroht alle. Eine ganzheitliche Bewertung der Situation ist unbedingt erforderlich.
  • Föderalistische Gesellschaften haben ungeschickt reagiert. Die Grenzen innerhalb Deutschlands oder in Europa zu schließen übersieht die Tatsache, dass bestimmte Krisen sich dadurch nicht stoppen lassen. Ganz zu schweigen von dem europäischen Zusammenhalt, der hoffentlich durch diesen Nationalismus nicht zerstört wird.
  • Politiker verweisen auf Experten, um zu entscheiden. Sollte nicht eine Taskforce aus Experten temporär die übergreifende Steuerung erhalten?
  • Die Bevölkerung braucht offensichtlich eine starke Hand, die mit Verboten und Schließungen regiert, da die Einzelnen ansonsten unbelehrbar weitermachen wie zuvor. Es bleibt abzuwarten, wie diese erweiterten Machtbefugnisse, wieder in die Normalität zurückgebracht werden.
  • Eine Krise führt auf jeden Fall zu schlimmen Konsequenzen und braucht eine Bewertung und Priorisierung aller Schäden. Medien und Politiker sollten ihr Geschäftsmodell vorerst zurückstellen und nicht noch mehr Unsicherheit in der Bevölkerung erzeugen.

Nicht jedes Land kann sich den Luxus leisten, den Laden zu schließen. Und auch wir werden es uns nicht so schnell wieder leisten können. Deshalb gilt: Danach ist davor.