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Jenseits der Informationsblase

Hätte Sokrates den Begriff bereits gekannt, wäre einer seiner berühmten Sprüche vielleicht so ausgefallen – „Ich weiß, dass ich nichts außerhalb meiner Informationsblase weiß.“ Die Tatsache, dass wir all das, was wir nicht wissen, nicht wissen können, ist eine unangenehme Situation. Seit Gutenberg haben die Massenmedien die Verfügbarkeit von Information ins Unermessliche wachsen lassen. Heute sind wir im Internet angekommen, wo alle alle erreichen können, sofern sie gefunden werden. In dieser komplexen Welt ist es natürlich, dass die Webseiten sich mit Gleichgesinnten vernetzt sind – Kreationisten vernetzen sich mit Kreationisten; Anhänger der Evolutionstheorie verlinken mit Anhängern der Evolutionstheorie. Was machen diese Sphären aus? Wie kommt man jenseits der Informationsblase?

Die Informationsblase ist beispielsweise durch die folgenden Aspekte bestimmt.

  • Konsistenz
    Der Zusammenhalt in einer Informationsblase entsteht durch einen stimmigen Zusammenhang. Die einzelnen Bestandteile wiederholen und ergänzen sich oder bauen sogar aufeinander auf. In jedem Fall widersprechen sie sich nie. Die dafür erforderliche Logik muss dazu so einfach und eingängig wie möglich sein.
  • Sprache
    Durch die gemeinsame Sprache wird die Konsistenz sichergestellt. Die Beiträge wiederholen immer ein ähnliches Muster. Dies führt im Laufe der Zeit zu einer High Context Kultur, die von außen nur schwer verstehbar ist bzw. falsch interpretiert wird. Informationsblasen leben von ihrem technischen Jargon.
  • Dogmatik
    Informationsblasen haben die Tendenz sich gegen Eingriffe in ihre Konsistenz und ihren Jargon zu wehren. Andersartige Weltsichten werden mit allen Mitteln und so früh wie möglich im Keim erstickt und aktiv ignoriert. Wiederholungen der Inhalte durch Wiederverwendung werden belohnt. Fehlverhalten wird sofort diffamiert, meistens als Unwissenheit oder als Lüge oder als Falschmeldung.
  • Interne Verlinkung
    Eine wichtige Funktion ist der Einsatz von Querverweisen innerhalb der eigenen Informationsblase. Im Interesse der Konsistenz verbieten sich Links auf gegensätzliche oder andere Meinungen. Dadurch entsteht ein geschlossenes Denkgebäude, dem die Offenheit und der Diskurs mit anderen Themen fehlt.
  • Filter
    Das Internet suggeriert völlige Erreichbarkeit. Dabei haben die Anbieter der Netze und die sozialen Plattformen jederzeit die Möglichkeit und zwischenzeitlich sogar die Pflicht Filter einzubauen. Diese Filter verhindern die Sichtbarkeit bestimmter Webseiten. Besonders Staaten und Unternehmen, die meinen, Kontrolle ausüben zu müssen, können mit einfachen Mitteln und ohne bemerkt zu werden unliebsame Inhalte ausblenden.

Aus der Blase gibt es eigentlich kein Entrinnen, außer man verfügt über einen Blick über die Tellerränder. Dazu braucht es:

  • Neutrale Suchmaschinen
    Solange es übergreifende Suchmaschinen gibt, die in alle Informationsblasen hineinschauen können, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass man über die eigene Informationsblase hinausblicken kann. Das Problem besteht darin, dass man keinerlei neutrale Möglichkeiten hat, gefilterte Inhalte zu erkennen, außer man erhält Hinweise aus anderen Medien oder durch Mundpropaganda. Man weiß nie, was man nicht weiß.
  • Allgemeine Regeln für Filter
    Im Interesse einer maximalen Offenheit sollten Regeln für ein offenes Internet definiert sein. Diese sollten technisches Blockieren, die Entfernung von Suchergebnissen, die Abschaltung von Webseiten und Selbstzensur regeln. Grundsätzlich gibt es Fälle, in denen Filter berechtigt sind – Pädophilie, Terrorismus oder Ähnliches. Leider gibt es noch keine allgemeingültige Auslegung, welche Webseiten zu filtern sind und welche nicht.
  • Gegenseitige Toleranz
    Das Gelten- und Gewährenlassen von anderen Meinungen ist ein Ansatz, der allen zur Verfügung steht, aber aus verständlichen Gründen nicht genutzt wird. Die Auseinandersetzung mit entgegengesetzten Standpunkten würde sicherstellen, dass der eigene Ansatz stabiler wird. Mit der entsprechenden Toleranz werden Diskurse erst möglich.

Fazit: Die Informationsblase ist ein natürliches Phänomen. Die gemeinsame Sprache, der Notwendigkeit von konsistenten Inhalten, die innewohnenden Überzeugungen, konsequente Querverweise und Filter schaffen einen geschlossenen Denkansatz. Mit neutralen Suchmaschinen, allgemeine Regeln für die Filter und gemeinsame Toleranz kommt man jenseits der Informationsblasen.

Beyond the informational bubble

If Socrates would have already known the term, one of his famous sayings would have been going like this – “I know that I know nothing outside of my informational bubble.” The fact that we cannot know what we do not know, is an uncomfortable situation. Since Gutenberg the availability of information has grown immeasurably by the mass media. Today we arrived in the Internet, where everybody can reach everybody, as long as they are found. In this complex world it is natural that the web pages are linked with like-minded ones – creationists link to creationists; supporters of the theory of evolution link to supporters of the theory of evolution. What constitutes these spheres? How can you get beyond the informational bubble?

The informational bubble is for example defined by the following aspects.

  • Consistency
    The cohesion in an informational bubble results from a consistent correlation. The individual components repeat and complement each other or even built on each other. In any case they never contradict themselves. For this purpose the necessary logic must be as simple and understandable as possible.
  • Language
    The consistency is guaranteed by a common language. The contributions always repeat a similar pattern. This leads over time to a High Context culture, which is only understandable from the outside and/or is interpreted in the wrong way. Informational bubbles subsist on their technical jargon.
  • Dogmatism
    Informational bubbles have to resist the tendency of influencing their consistency and their jargon. Different world views are as early as possible nipped by all means in the bud and are actively ignored. Repeating the contents through re-use is rewarded. Failure is defamed immediately, mostly as lack of knowledge or as lie or as fake news.
  • Internal linking
    An important function is the use of cross references within the own informational bubble. In the interest of consistency the link to opposite or other opinions is forbidden. Thus, a closed explanation system evolves that lacks openness and a discourse with other topics.
  • Filter
    The Internet insinuates complete accessibility. Therefore the net providers and the social platforms have the possibility to insert and in the meantime even the obligation to filter at any time. These filters prevent the visibility of certain web pages. Particularly countries and enterprises, which believe that they have to exercise control, can fade out undesired contents with simple measures and without being recognized immediately.

There is actually no way out of the bubble, except you have a look beyond your own nose. Additionally it needs:

  • Neutral search engines
    As long as there are overarching search engines, which can look into all informational bubbles, there is a large probability that you can look out of your own informational bubble. The problem is that one does not have any objective way of recognizing filtered contents except you get hints from other media or by word of mouth. You never know, what you don’t know.
  • General rules for filters
    In the best interest of maximum openness, rules for an open Internet should be defined. They should regulate technical blocking, the elimination of search results, the deactivation of web pages and self-censorship. In principle there are cases, in which filters are justified – pedophilia, terrorism, or the like. Unfortunately there is still no generally accepted interpretation, which web pages are to be filtered and which not.
  • Mutual tolerance
    The acceptance and connivance of other opinions is an approach, which is available for everybody, but for understandable reasons is not applied. The discussion of contrary positions would guarantee that the own approach gets more stable. Only with the appropriate tolerance, discourses become possible.

Bottom line: The informational bubble is a natural phenomenon. The common language, the necessity of consistent contents, the inherent convictions, consistent cross references and filters create an integrated approach. With neutral search engines, general rules for filters and common tolerance you can get beyond the informational bubble.