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Hausgemachtes Versagen

Etablierte Unternehmen können sich Mitarbeitende leisten, die sich um die PR kümmern. Ein Start-up besteht aus einem kleinen Team, das sich um alle Aspekte des Geschäfts kümmern muss. In Ermangelung von ausreichenden Ressourcen können sie nicht alles gleichzeitig machen. Weil Aufträge und Kunden anfänglich fehlen, beschäftigen sie sich besonders mit Marketing (i.e. Webseite, SEO, Zielgruppen oder Werbung) – ohne zu bemerken, dass sie mit der Ausarbeitung ihrer Angebote beginnen müssen, bevor sie dem Markt etwas versprechen – obwohl Henry Ford bereits wusste: Einen Ruf erwirbt man sich nicht mit Dingen, die man erst tun wird.

Was jedoch mittelfristig das Geschäft belastet, sind die hausgemachten Mängel. Sie entstehen, wenn die Angebote noch nicht fertig sind, falsche Versprechen gegeben werden, die Arbeit nicht organisiert wird, der Zusammenarbeit die Führung fehlt und die Mitarbeitenden das Commitment verlieren.

  • Verfehlte Angebote
    Der Drang, neue Leistungen anzubieten, sei es intern oder extern, wird verstärkt durch das persönliche Interesse an Materialien, Techniken, Tätigkeiten oder Fertigkeiten. Ihre Leidenschaft führt manchmal zu Angeboten, die den Urhebenden gefallen, aber sonst niemand. Auch wenn eine umfassende Marktuntersuchung zu aufwendig ist, sollten Gründende sich anstrengen, ihren Markt vorab zu verstehen.
    – Welche Kundengruppen werden angepeilt?
    – Was erwarten diese Gruppen?
    – Welche Probleme der Kunden werden gelöst?
    – Wie viel sind sie bereit, dafür zu bezahlen?
    – Was sind vergleichbare Angebote auf dem Markt?
    Die bewusste Beschäftigung mit diesen Themen und Gespräche mit Leuten im eigenen Umfeld helfen bei der Entwicklung der Leistungen und senken die Gefahr, verfehlte Angebote zu schaffen.
  • Falsche Versprechen
    Klappern gehört zum Handwerk. Die notwendige PR braucht jedoch greifbare Angebote. Leider sind am Anfang der Entwicklung die Eigenschaften noch nicht klar, d.h. noch nicht alles ist durchdacht oder beschrieben. Zum anderen lässt sich der steigende Anteil von Dienstleistungen noch nicht anhand von Anwendungsfällen zeigen. Zusätzlich kontaminieren Wunschdenken und Hybris die Versprechen. Dadurch werden unrealistische Erwartungen geweckt, die unweigerlich die Kundschaft enttäuschen.
    Bewerben Sie nur Leistungen, die umfassend beschrieben oder besser schon einsatzbereit sind. Nutzen Sie die Sprache Ihrer Zielgruppe, ohne etwas zu versprechen, was Sie nicht halten können.
  • Mangelhafte Organisierung
    Die Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette beginnt oft, nachdem die Produkte fertig entwickelt sind. Es fehlen die Rollen, Abläufe, Datenverarbeitung, Templates etc. Das Geschäftsmodell wird beispielsweise durch die Vertriebskanäle beeinflusst: z.B. via Einzel- und Versandhandel, Onlineshop oder Außendienst. Werden diese Wege nicht bereits bei der Organisierung berücksichtigt, kann es im laufenden Geschäft zu Schwierigkeiten führen, z.B. durch unvollständige oder falsche Kundendaten beim Mailing oder die ungeschickte Gestaltung der Verpackung bzgl. Abmessungen, Gewicht, Schutz und Versandkosten. Oder betrachten wir die vorbereiteten Abläufe und Formulare, z.B. für Angebote und Rechnungen.
    Sind die geschäftlichen Bausteine nicht vorbereitet, dann belasten sie die täglichen Abläufe durch störende Zusatztätigkeiten und Doppelarbeiten durch die nachträgliche Korrektur von Mängeln im Geschäft.
  • Führungslose Zusammenarbeit
    Unerwartete Schwierigkeiten ergeben sich, wenn die Entwicklung der Leistungen den Blick auf die Führung und Koordination der Mitarbeitenden verstellt. Je kleiner das Unternehmen, desto spontaner steuern die Gründenden ihre Mitarbeitenden. Selbst hier bilden sich Gruppen, die sich unterschiedlich stark miteinander austauschen, was zu Missverständnissen und widersprüchlichen Aktionen führt. Wenn dann noch die Führenden an Hybris leiden und meinen, alles selbst mikromanagen zu müssen, dann resultiert das mittelbar in einem respektlosen Umgang, der die Bereitschaft zur Mitarbeit unterminiert.
    Es geht weniger um eine bestimmte Organisationsform als um die bewusste Gestaltung der Zusammenarbeit – und zwar nicht erst, wenn die Auswirkungen die Kunden erreichen.
  • Fehlendes Commitment
    Gründende sind aus sich heraus motiviert und gehen davon aus, dass die Belegschaft den gleichen Schwung verspürt. Für eine gewisse Zeit mag das stimmen. Allerdings wird sich ein gewohnheitsmäßiges Verhalten einschleifen, das es auch in großen Unternehmen gibt. Spätestens dann muss entgegengesteuert werden, da das schwindende Commitment sich schnell auf die Performanz auswirkt.
    Die umfassende Einbindung und Beteiligung der Mitarbeitenden an Entscheidungen sind ein wirksamer Motivationsfaktor. Die Beteiligten brauchen eine langfristige Perspektive, die das Engagement sichert.

Fazit: Auch wenn die Angebote im Mittelpunkt stehen, werden die Ergebnisse durch falsche Versprechen, eine unwirksame Organisation, eine führungslose Zusammenarbeit und fehlendes Commitment der Mitarbeitenden belastet. Aus diesem Grund müssen sich alle um die hausgemachten Bedrohungen kümmern, damit der Kunde nicht verschreckt davonläuft.

Der Organismus – die ideale Metapher für natürliche Ordnung

Das ursprüngliche Weltwissen war bestimmt durch die Erfahrungen, die die Menschen in ihrer direkten Umgebung machten. Es waren ganzheitliche Erkenntnisse, die durch keine gedanklichen Vereinfachungen entfremdet wurden. Über Jahrhunderte wurde diese Sichtweise in den Hintergrund gedrängt. Mit den neuesten Eindrücken ist klar geworden, dass die Welt nicht eine Maschine, ein Uhrwerk, sondern eine natürlich gewachsene Einheit ist, die nach eigenen, uns bisher nicht zugänglichen Regeln lebt. Auch die Wirtschaft versteht langsam, dass neue Ansätze benötigt werden. Der Organismus ist die ideale Metapher für eine solche, natürliche Ordnung.

natordnung

Natürliche Ordnung lässt sich nicht aufbauen, sondern wächst von alleine. Man kann nur versuchen fruchtbare Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie sich wunschgemäß entwickelt. Die folgenden Aspekte sind betroffen.

  • Struktur
    Ein Organismus besteht aus vielen, nicht klar trennbaren und stark miteinander im Austausch stehenden Bestandteilen. Dies können Zellen, Organe oder andere Körperteile sein. Auch wenn sie sich in der Größe unterscheiden, stehen sie auf einer Stufe. Biologen oder Ärzte erkennen das Zusammenspiel und finden Ansatzpunkte, um Einfluss zu nehmen. Im Geschäftsleben entstehen ähnliche Ansätze unter den Stichworten Agile Organisation, Lean Management, Subsidiarität. Allen gemeinsam ist die Abkehr von dem aktuellen Taylorismus und seinem Aufteilen von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung. Kleine bewegliche Einheiten, die die volle Kontrolle haben, sollen sich flexibel an die Erfordernisse des Marktes anpassen. Am Ende so, wie sich Organismen an geänderte Umweltbedingungen anpassen.
  • Format
    Ein Organismus wächst heran und bildet über Generationen besondere Fähigkeiten, die es ihm erlauben zu überleben. Er nutzt dafür keine künstlichen Strukturen, sondern verkehrt spontan mit seiner Umwelt. Auf diese Weise sollen jetzt auch die geschäftlichen Bereiche arbeiten. Der Schwerpunkt geht weg von schematischen Abläufen, hin zu offenem, wandelbarem Vorgehen. Jede Einheit kann seinen eigenen Ansatz finden und umsetzen. Der Zusammenhalt des Unternehmens wird dadurch gekennzeichnet, dass alle Einheiten eine gemeinsamen Vorstellung der Zukunft anstreben. Der Austausch von Informationen wird durch das Bemühen aller Einheiten möglich das Verständnis und die Verständlichkeit zu schaffen, die sich aus dem ehrlichen Bedürfnis ergeben, sich mitzuteilen und Interesse zu zeigen. Unternehmen nutzen Wörter und Zahlen als Information. Organismen nutzen ihre biochemischen Botenstoffe.
  • Führung
    In einem Vogelschwarm ist es nicht möglich zu entscheiden, wo der Wechsel der Richtung seinen Anfang nimmt oder wer ihn auslöst. Es scheinen einfache, kontextabhängige Regeln zu sein. Rückblickend lässt sich bestenfalls erahnen, was die Auslöser gewesen sein könnten. Unternehmen, die sich auf solche Ansätze einlassen, haben es schwer, denn sie können die Verantwortung für Veränderungen nicht zuordnen. In diesem Kontext liefert nicht einer, sondern alle die Auslöser und definieren gemeinsam das Ziel. Viele Anstrengungen verpuffen dabei scheinbar sinnlos. Heutigen Chefs erscheint das wie Verschwendung. Dass jedoch alle Beteiligten dabei viel lernen und in der Zukunft wirksamer zusammenarbeiten, vergessen sie. Der Natur schadet eine direkte Führung mehr, als sie nützt. Im Geschäftsleben läuft sie manchmal einzelnen Interessen zuwider.
  • Kennzahlen
    Der Organismus zeigt nur wenige objektiv messbare Kennzahlen – Fieber, erhöhter Puls, schnelle Atmung, geänderter Stoffwechsel. Die verbleibenden Indikatoren sind qualitativ – Fitness, Anpassungsfähigkeit, Agilität, Flexibilität. Im Geschäftsleben finden sich eher weniger sachliche Messgrößen – Fluktuation, Burn-out von Mitarbeitern, Geschäftigkeit und Grad der Auslastung. Hier zeigt sich das Gelingen an den monetären Ergebnissen, nachdem alles vorbei ist. Nachsteuern ist dann schwierig. Das frühzeitige Bauchgefühl ist das Einzige, was einem vorher zur Verfügung steht. Die neuen wirtschaftlichen Kenngrößen werden denen des Organismus immer ähnlicher.
  • Zusammenarbeit
    Das Zusammenspiel eines Organismus lässt sich nur eingeschränkt darstellen, da die beste Beschreibung nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden kann. Der wesentliche Teil bleibt im Verborgenen. Und doch ist jedem klar, dass eine gesunde Zusammenarbeit einen Körper überlebensfähig macht. Unternehmen, die es schaffen eine wirklich offene Arbeitskultur zu leben, erhalten Ergebnisse an unerwarteten Stellen. Die intrinsische Motivation eines jeden Einzelnen dynamisiert Sitzungen. Kurze Arbeitsrunden, in denen die Beteiligten nicht der Form halber anwesend die Zeit aller vergeuden, erzeugen Mehrwert. Die Beteiligten entscheiden sich nur für die Termine, die ihnen etwas bringen, und erzeugen damit einen gewaltigen Schwung für alle. Genau, wie der Organismus seine Kräfte einzuteilen weiß, kann das eine natürliche Ordnung auch.
  • Wissen
    Weiß der Bienenschwarm, dass er ein Organismus aus vielen Individuen ist? Die Bienen haben ihren Weg gefunden, ihr Wissen zu teilen. Der Schwarm weiß in kürzester Zeit, wo die besten Blumen zu finden sind. Der Wissensaustausch findet quasi automatisch statt. Unternehmen mit natürlicher Ordnung haben informelle Kanäle, die das Wissen ohne Verzögerung an die Orte bringen, an denen es gebraucht wird. Die wesentlichen Folgen sind, das nicht mehr alle alles wissen und nur noch die wirklich benötigte Information verfügbar ist. Eigentlich ideal, um die Informationsflut einzudämmen. Der dynamische Aufbau des Organismus verarbeitet die Reize sogar so, dass sich mit der Zeit sein Aufbau an die neuen Gegebenheiten anpasst.

Fazit: Der Organismus ist die ideale Metapher für die natürliche Ordnung, wie sie seit Kurzem im Geschäftsleben Einzug hält. Die Voraussetzungen für diese offene Form sind die Anpassungsfähigkeit von wachsenden Einheiten, die Toleranz gegenüber verschiedenen Lösungen, das Loslassen von direktem Einfluss durch die Führungskräfte, weiche Kenngrößen, die Möglichkeit spontan zusammenarbeiten zu können und das gemeinsame Wissen ohne Hintergedanken zu teilen.